Salierjahr 2011 - Der letzte Salier

Im Jahr 1111, vor genau 900 Jahren, wurde Heinrich V. zum Kaiser des heiligen Römischen Reichs gekrönt. Damit stand er auf dem Gipfel der Macht. Nur sechs Jahre zuvor hatte er seinen Vater Heinrich IV. gefangen genommen und von ihm die Königswürde erpresst. Nun zwang er sogar den Papst dazu, ihn zum Kaiser zu weihen. Doch seine Skrupellosigkeit sollte sich nicht auszahlen – mit seinem Tod 1125 endeten 101 Jahre salischer Herrschaft und dem Reich drohten Bürgerkrieg und Chaos.
Aus: epoc, Ausgabe 3/2011
Er war er gar nicht als Thronfolger vorgesehen, doch als sein älterer Bruder Konrad gegen den Vater Heinrich IV. intrigierte und verstoßen wurde, rückte Heinrich V. überraschend an dessen Stelle. Doch auch er wandte sich vom Vater ab und zog gegen den alten Kaiser in die Schlacht. Seine genauen Beweggründe sind bis heute ungeklärt: Herrschsucht, sagen die einen, der Sache Gottes dienen, die anderen.
Die meisten Historiker vermuten, dass rebellische Adlige aus Süddeutschland den jungen Salier davon überzeugten, dass nur der Sturz des Vaters ihm langfristig den Thron sichern könne, berichtet das Geschichtsmagazin "epoc" (Heft 3/2011). Im Verlauf der Geschichte sollten jedoch aus den Freunden Feinde werden.
Als Heinrich V. den Krieg gegen seinen Vater begann und 1105 schließlich die Reichsinsignien von ihm erpresste, waren die meisten Fürsten im Reich unzufrieden mit dem alten Kaiser Heinrich IV. Viel zu lange dauerte dessen Zwist mit dem Papst und der Kirche nun schon an. Im sogenannten Investiturschreit ging es nur vordergründig um die rechtmäßige Einsetzung von Bischöfen in ihre Ämter. Tatsächlich stritten Kaiser und Papst um die Vorrangstellung im Reich nördlich und südlich der Alpen.
Auch Heinrich V. war zunächst nicht sonderlich an einer Lösung des epochalen Konflikts gelegen. Erst sein Ziel, sich vom Papst zum Kaiser weihen zu lassen, brachte den Salier an einen Tisch mit dem Oberhaupt der Kirche. Bei den Verhandlungen zeichnete sich zunächst ein Kompromiss ab: Papst Paschalis II. scheint Heinrich V. angeboten zu haben, dass die Bischöfe dem Herrscher seine Besitztümer zurückgeben würden, wenn Heinrich V. im Gegenzug auf die Investitur mit Ring und Stab verzichtete. Der König stimmte diesem geheimen Abkommen zu.
Doch als der Beschluss am Morgen der Kaiserkrönung im Petersdom verlesen wurde, protestierten die anwesenden geistlichen Fürsten erbost. Sie fürchteten ihre Entmachtung und Verarmung. Angesichts des Widerstands seiner Bischöfe widerrief der Papst sein eigenes Dekret, woraufhin Heinrich V. ihn und einige Kardinäle gefangen nahm. Am 11. April 1111 lenkte Paschalis II. schließlich ein: Im so genannten "Pravileg", der "üblen Urkunde", gestattete er Heinrich V. die Investitur der rechtmäßig gewählten Bischöfe mit Ring und Stab und krönte den Salier zwei Tage später zum römisch-deutschen Kaiser.
Auf dem Höhepunkt seiner Macht angekommen, war Heinrich V. mit der Gefangennahme des Stellvertreters Christi auf Erden zu weit gegangen. Nicht nur die Bischöfe entzogen dem Kaiser nun ihr Vertrauen, auch die weltlichen Fürsten wandten sich von ihm ab. Das Reich schlitterte in eine schwere Krise, die er zeitlebens nicht mehr bewältigen konnte. Als Heinrich V. am 23. Mai 1125 kinderlos starb, herrschten im Reich bürgerkriegsähnliche Zustände.

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