Kommentar:
Punkt 1:
Warum soll die „Kommunistische Plattform“ ein Problem für die Demokratie oder gar ein Grund zur Überwachung der Linken durch den Verfassungsschutz sein? Hier werden immer und immer wieder zwei verschiedene Dinge miteinanander verglichen: der Kommunismus ist ein WIRTSCHAFTSsystem (als Gegenstück zum Kapitalismus) während die Demokratie ein POLITISCHES System ist. Eine Kommunistische DIKTATUR würde einer DEMOKRATIE zuwiderlaufen, wohlwahr! Aber eine kommunistische – oder nennen wir sie sozialistische – Wirtschaftsform ist gemäß Grundgesetz überhaupt kein Problem, weil das Grundgesetz gar kein explizites Wirtschaftssystem vorsieht! Nach Auffassung des Bundesverfassungsgerichts ist das Grundgesetz wirtschaftpolitisch neutral und wird nur durch die Verfassungsprinzipien des Rechts- und Sozialstaats, der Grundrechte und der Demokratie gebunden. Andere Ansichten, dass das Grundgesetz etwa die Wirtschaftsverfassung der Sozialen Marktwirtschaft vorsehe, haben sich nicht durchsetzen können, mithin könnte es kommunistischen Sozialismus ebenso geben, wie es den Heuschreckenkapitalismus heute gibt!
Das einzige Problem ist, dass eben die kapitalistische Wirtschaftsform bereits mehrfach nachweislich gezeigt hat, dass sie nicht nur räuberisch mit den Lebensgrundlagen und Ressourcen dieser Welt umgeht sondern auch reichlich unsozial herumwütet. Und genau das widerspricht der demokratischen Grundordnung. Zum einen ist die Bundesrepublik ein demokratischer und SOZIALER Bundesstaat (Art 20.1 GG), zum anderen muss der Staat auch in Verantwortung für die künftigen Generationen die natürlichen Lebensgrundlagen und die Tiere im Rahmen der verfassungsmäßigen Ordnung durch die Gesetzgebung und nach Maßgabe von Gesetz und Recht durch die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung schützen (Art. 20a GG). Rein technisch ist dies mit der ausbeuterisch-kapitalistischen Ordnung aber unvereinbar, die eben immer mehr produzieren muss, um immer mehr Gewinn zu machen. Und das geht einerseits nur über (immer schlechter werdende) Arbeitsbedingungen (in der südlichen Hemisphäre und mittlerweile auch hier) und über sinkende Löhne bzw. Minijobs und „Lebenszeitvolontäre“ (wie die Statistiken zeigen). Dies spricht ebenso wenig für den Grundgedanken einer sozialen Demokratie wie CO²-Verklappung, Abwrackprämie, Gas-Fracking oder die Produktion von Atommüll für eine Demokratie, die Verantwortung für künftige Generationen und die Lebensgrundlagen anpreist. Jutta Dittfurth hat das mal wunderbar in ein Zitat kolportiert: „Es gibt eine lange Tradition von Linken, auch wenn sie nicht die Mehrheitslinie bildeten und bilden, die begriffen haben, dass die soziale nicht von der ökologischen Frage zu trennen ist, weil die Wurzel der Ausbeutung des Menschen und der Natur dieselbe ist: die kapitalistische Produktionsweise mit ihrer Profitlogik und ihrem Verwertungszwang.“
Punkt 2:
Erstens schürt man mit dieser offenbarten und großflächigen Überwachung der Partei nicht nur steten Verfolgungswahn sondern zwingt die Überwachten gleichsam dazu, in der Öffentlichkeit eben nicht so zu argumentieren, wie man es unbeobachtet tun würde. Ich denke da an da Volkszählungsurteil des Bundesverfassungsgerichtes aus dem Jahre 1983: „Wer nicht mit hinreichender Sicherheit überschauen kann, welche ihn betreffenden Informationen in bestimmten Bereichen seiner sozialen Umwelt bekannt sind, und wer das Wissen möglicher Kommunikationspartner nicht einigermaßen abzuschätzen vermag, kann in seiner Freiheit wesentlich gehemmt werden, aus eigener Selbstbestimmung zu planen oder zu entscheiden. Mit dem Recht auf informationelle Selbstbestimmung wäre eine Gesellschaftsordnung und eine diese ermöglichende Rechtsordnung nicht vereinbar, in der Bürger nicht mehr wissen können, wer was wann und bei welcher Gelegenheit über sie weiß. Wer unsicher ist, ob abweichende Verhaltensweisen jederzeit notiert und als Information dauerhaft gespeichert, verwendet oder weitergegeben werden, wird versuchen, nicht durch solche Verhaltensweisen aufzufallen.“ Netter Nebeneffekt: Vielleicht lassen sich dadurch einige der Betroffenen wirklich in die Klandestinität treiben und man hat wieder einen triftigen Grund, weiter zu observieren…
… was zweitens einer Politik der Einschüchterung Vorschub leistet. Verständlich und ganz im Stil der Systemlogik, denn argumentativ hatte die Linke seit jeher einen Joker in der Hand: Politik zum Gemeinwohl und nicht zum Vorteil von wenigen; wie sie die Parteien von rot über gelb, schwarz und grün mit ihrer Klientelpolitik seit Jahren praktizieren. Und genau das passt diesen Parteien und ihren Mäzenen eben nicht ins kapitalistische Konzept oder ihren New Green Deal.
Der dritte und wichtigste Aspekt dieser Überwachung nebst ihrer medialen Bekanntmachung ist aber der Effekt der erneuten Denunzierung, der „Bad Press“. Die steten Suggestivmeldungen sorgen immer wieder dafür, dass es bei dieser Partei nie um deren Inhalte, sondern nur um das Drumherumgeplänkel geht (wer beglückwünscht Fidel Castro, betrauert den Mauerfall oder palästinensische Opfer, Postenstänkereien und Grabenkämpfe). Ein Großteil der zwölf Millionen Bildzeitungsleser nimmt all diese Informationen zu Kenntnis und glaubt fest daran, dass DIE LINKE unwählbar ist, weil sie linke Terroristen oder zumindest „Demokratieschächter“ in ihren Reihen duldet. Hier ist die Frage gestattet: cui bono?
Es gibt da aber noch eine weitere, viel wichtigere Frage: wie konnte sich in dieser sogenannten SozialDEMOKRATIE die momentan vorherrschende KapitalDIKTATUR etablieren und wer hat da schon wieder beim Verfassungsschutz gepennt…