Rezi: ALLES worum es geht

Rezi: ALLES worum es gehtAutorIn: Janne Teller
Titel: ALLES worum es geht
Band: Einzelband
Verlag: Hanser
Genre: Kurzgeschichten
ISBN: 978-3-44624317-0
Erscheinungsjahr: Sept. 2013
Seitenanzahl: 143
Altersempfehlung: 14
Kaufpreis: 12,90 €
Krümelanzahl:4
Erster Satz:
Warum ich was gemacht habe?“
 Inhalt:

In diesem kleinen Buch stellt Janne Teller eine Hand voll Kurzgeschichten zur Schau, die unterschiedlicher kaum sein könnten. Ob im Stil des Dialogs, märchenhaft anmutend, autobiografisch oder einfach nur grotesk komisch. Ihr gemeinsames, nicht immer durchsichtiges Thema ist Toleranz.
 Meine Meinung:

Immer wieder lasse ich mich von gewissen Autoren begeistern. Ich kann nicht genug von deren Schreibe bekommen, sehe mich in ihren Werken, fühle mich bestätigt. Und dann kommen dieselben Schriftsteller aus heiterem Himmel mit einer Sammlung an Kurzgeschichten daher, mit denen ich so gar nichts anfangen kann. Da bekomme ich das Gefühl, als wollten die sich jetzt exklusiv poetisch in das Rampenlicht stellen. Je kürzer die Geschichte, desto mehr Platz für Interpretationen bietet es. Umso schneller werden sie unantastbar, denn jeder kann sich ja schließlich seinen eigenen Teil (dazu) denken. Es fällt mir also sehr schwer unvoreingenommen an Kurzgeschichten heran zugehen. Unabhängig von der Textart hat mir ALLES jedoch gut gefallen. Überzeugen, das Buch zu kaufen, konnte mich nämlich nicht nur der Autorenname, sondern auch das Erscheinungsbild. Die knalligen Farben poppen einem sofort entgegen. Das ist, als ob man in die grelle Sonne schauen würde. Danach sieht man weiterhin den roten Punkt vor sich .. ist er irgendwann verblasst oder man ihn aus Gewohnheit ignorieren kann. Aber bei dieser Neuerscheinung gelang mir das nicht besonders gut und ich musste es mir anschaffen. Wieso dieses Titelblatt eine so große Anziehungskraft auf mich ausgeübt hat, kann ich euch gerne sagen. Es erinnerte mich immer mehr an „NICHTS – was im Leben wichtig ist“, was ich begeistert verschlungen hatte.


 Rezi: ALLES worum es geht


Damit ihr beide Cover noch einmal eingehend betrachten könnt, habe ich sie euch hier eingeblendet. Erst im direkten Vergleich fiel mit die perfekte Ergänzung der beiden Bücher auf. Gegensätze ziehen sich an, so heißt es doch. Daher bekamen wir mit „Nichts“ eine in sich abgeschlossene, ganze Geschichte mit erhobenem Zeigefinger dargeboten. Das schlichte Titelblatt mit der erhabenen, lackartigen Aufschrift. Titel und Autorenname sind in den Farbtönen gehalten, die nun das Cover von „Alles“ zieren. Auch hier wieder der haptisch sehr ansprechende Schriftzug in schwarzer Lackierung.
Jetzt habe ich viel vom Layout erzählt, dabei merke ich ja selber, dass ich so rumdruckse.
Die Geschichte, acht Stück bekommen wir geboten, sind recht unterschiedlich und daher keineswegs einheitlich zu bewerten. Kein Text zählt mehr als 20 Seiten, so kommt ja auch die gesamte Seitenanzahl zustande. Daher möchte ich nicht zu jedem hier etwas erzählen. Natürlich gibt es aber auch ein Gefüge, dass diese alle zusammen hält. Der rote Faden besteht aus den wiederkehrenden oder zumindest einander ähnelnden Themen. Rückzug, Akzeptanz, Ausgrenzung, Hilfsbereitschaft, Toleranz sind nur wenige Assoziationen zu diesem Titel. Und entgegen meiner Meinung über Kurzgeschichten konnten mich Frau Teller dafür erwärmen. Über allem wird weiterhin ihr großes schriftstellerisches Talent liegen, die Dinge unverblümt darzustellen und mit dem nötigen Schliff, den Geschichten auch eine grausame Schönheit zu verleihen.
Es ist immer noch schön, dass mein Vater neben mir steht und seine Hand auf meinem Kopf liegt, aber mitten in dem Schönen bekomme ich plötzlich, ohne es zu wissen, wo das auf einmal herkommt, immer mehr Lust, mein Kleid zu zerreißen und irgendwo gegenzutreten.“(S. 44)
Meine liebste Geschichte in diesem Bändchen trägt einen ganz kuriosen Namen, sie heißt „Sich so in den Hüften wiegend und die Augen zu Boden gerichtet“. Knapp und doch sehr treffend wird von einer kleinen Dorfgemeinde erzählt. Unter ihnen befindet sich der Beobachter. Ihm ist aufgefallen, dass sich die Menschen unterhalb des Bahnhofs so merkwürdig bewegen. Eben sich so in den Hüften wiegend und die Augen zu Boden gerichtet. Gar nicht wie ein vernünftiger, aufrecht gehender Mensch. So ganz anders. Unangenehm anders. Was aus dieser kleinen Auffälligkeit ist erschreckend, beängstigend und wahrhaftig zugleich. Sie mögen bitte nicht so daher gehen. Eine Bitte klingt noch ganz nett. Doch immer mehr Menschen scheinen sich auf einmal so fortzubewegen. Und die Zahl wächst weiter. Wie bei einer schrecklichen Krankheit, gegen die es kein Heilmittel gibt. Genau. Ein Heilmittel muss also her. Von einer Grenze ist die Rede, von Verboten... Ich erinnere mich an die Erzählungen von Eltern und Großeltern, die der Geschichtslehrer. Mir wird klar, dass das hier keine fiktive Geschichte ist. Sie hat einen ebenso drastischen Ausgang wie die Realität. Und hoffentlich denken die Menschen, die das lesen, wie einmal darüber nach. Darüber, was bei Ausgrenzung, Teilnahmslosigkeit und Ignoranz passiert.Das hat Teller trotz allem nämlich wieder meisterhaft geschafft: mich zum Nachdenken angeregt.

Mein Fazit:

Da ich kein Fan von Kurgeschichten bin, Frau Teller aber dennoch ihr Talent nicht verkennen möchte, vergebe ich ~ 4 Krümel ~

  Jimmy


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