Rezension: Fachkunde für Schuhmacher

„Für den Schuhmacher wird es sich zukünftig vielfach darum handeln, für fußkranke Volksgenossen geeignetes Schuhwerk herzustellen. Daneben sind natürlich auch Wiederherstellungsarbeiten an Schuhen zu leisten. Für alle diese Arbeiten aber sind Willen und Können in hohem Maße erforderlich.“ – Na, klingelts? Wem diese Zeilen vage vertraut vorkommen, der ist vermutlich selbst Schuhmacher oder hat sich bereits intensiv damit beschäftigt, einer zu werden. Und dann ist es nahezu unvermeidlich, mit diesem Standardwerk in Berührung zu kommen.

Fachkunde für Schuhmacher Max Sahm

Geschrieben hat das Buch „Fachkunde für Schuhmacher“ Max Sahm, der in Schuhmacherkreisen ein überaus großes Renommee genießt. Nach ihm ist auch die Meisterschule für Orthopädie-Schuhtechnik in Frankfurt benannt.

Heute wird man vermutlich vor allem dann nach diesem Buch Ausschau halten, wenn man selbst das Schuhhandwerk erlernen will. Wie alle anderen Bücher ist auch dieses nicht genug, um ohne jede weitere praktische Anleitung ein Paar Schuhe zu fertigen. Aber es ist schon mal ein verdammt guter Anfang, wenn man sich die Grundlagen (und einiges mehr), die in diesem Band vermittelt werden, sehr genau zu Gemüte führt.

Klar strukturiert und sehr anschaulich präsentiert (321 Abbildungen in der Erstausgabe) bekommt man eine wirklich solide Darstellung der wichtigsten Schritte bei der Herstellung von Schuhen.

Im ersten Teil des Buches werden die Schritte zur Herstellung behandelt, die zum harten Kerngeschäft des Schuhmachers gehören. Ob es die Auswahl und Zurichtung des Bodenleders ist, das Aufzwicken der Schäfte bis zur Bodenbefestigung bekommt der Experte alle Details, die er für seine Arbeit braucht und der interessierte Laie bekommt sehr anschaulich gezeigt, wie verdammt viel Aufwand in so einem Paar Schuhe eigentlich stecken können. Und ganz nebenbei wird auch eindrucksvoll vermittelt, wie sich Qualität am Schuh darstellt und welche Möglichkeiten man hat, eben diese Qualität sicherzustellen. Eine der Lektionen ist aber auch, dass man dem fertigen Schuh leider nicht auf einen Blick ansieht, wie hochwertig er ist oder eben nicht ist.

Teil zwei des Buches behandelt Themen, die in der heutigen Zeit nur noch sehr wenige Schuhmacher zu ihren Alltagsaufgaben zählen. Dazu gehören das Maßnehmen, der Leistenbau und auch das Schäftemachen. Zusätzlich findet sich in diesem Teil des Buches auch ein Kapitel über die Fußanatomie.

Sahm schafft es auf den 164 Seiten der Erstausgabe (das Buch wurde später noch erweitert), ein wahrlich umfassendes Kompendium über die Kunst der Schuhherstellung zu verfassen. Dabei überzeugt auch sein Stil, der auch heutigen Maßstäben und Lesegewohnheiten noch locker genügt.

Das einzige, das die Lektüre dieses Buchs geringfügig erschwert ist die Frakturschrift, in der es gesetzt ist. Für alle anderen, die sich für dieses spannende Handwerk und die darin verarbeiteten Materialien interessieren, ist die Anschaffung fast schon Ehrensache. Leider ist der Band heute nur noch sehr schwer und zumeist über Antiquariate erhältich.


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