Revolutionäre Heimat – Teil 1

Revolutionäre Heimat - Teil 1

Es ist August. Und wie jedes Jahr um diese Zeit hetzen wir von Großmarkt zu Großmarkt, um der Familie im Ausland eine möglichst große Palette deutscher Qualitätsschokolade zu präsentieren, denn Nussschokolade allein reicht dem verwöhnten Gaumen meiner Oma schon lange nicht mehr – sie kennt mittlerweile sogar schon den Unterschied zwischen Toblerone limited mit der weißen Spitze oben und der normalen Vollmich-Toblerone. Außerdem wird jedes Jahr der vergebliche Versuch unternommen, Übergepäck zu vermeiden und intelligent auf die ohnehin schon zu große Anzahl an Koffern zu verteilen. Exakt zehn Minuten vor geplantem Aufbruch zum Flughafen bekommt mein Vater einen Tobsuchtsanfall, weil sich einer der unzähligen Koffer nicht schließen lässt. Ich muss mich also auf den Koffer setzen und bedenklicherweise klappt es dann sofort. Jedenfalls sitzen wir dank meines Gewichts ohne größere Verspätung im Auto eines Bekannten und ich nehme Abschied von den sauberen Straßen, den funktionierenden Ampeln und dem geringen Feinstaub.

Doch dieses Jahr wird alles anders sein, okay abgesehen von dem ganzen stressigen Davor. Ich werde aus dem Flugzeug steigen, die trockene, ganz spezielle duftende Luft Ägyptens einatmen und sie wird mir sauber, befreit und mutig in die Lungen strömen – befreit von einem Diktator, der Ägypten in dreißig Jahren in den Ruin geführt hat. Ich werde aus dem Flugzeug steigen und die Männer in ihren blauen Uniformen mit einem lauten „Assalamo Aleykum“ begrüßen und insgeheim rätseln, ob sie vielleicht auch tagelang auf dem Tahrir Platz ausharrten, um für Freiheit und Demokratie zu kämpfen.

Ich werde aus dem Flugzeug steigen und nirgendwo das selbstgefällige Gesicht Mobarak‘s sehen müssen, und mir wird ein großer Stein vom Herzen fallen – denn es ist wirklich passiert, es ist real!

Ich werde aus dem Flugzeug steigen und meine Familie umarmen, meine Familie die ich tagelang nicht erreichen konnte, da der hartnäckige Pharao das Internet und Telefon kappen ließ.

Ich werde aus dem Flugzeug steigen und wissen, dass der Kampf um Freiheit und Demokratie erst begonnen hat – aber ich werde auch wissen, dass nichts mehr so sein wird, wie es einmal war, und das macht mich glücklich.


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