Review: KÖNIGIN DER WÜSTE – Lawrencia von Arabien

Review: KÖNIGIN DER WÜSTE – Lawrencia von Arabien
Fakten: Königin der Wüste (Queen of the Desert)MA/US, 2015. Regie & Buch: Werner Herzog. Mit: Nicole Kidman, James Franco, Damian Lewis, Robert Pattinson, Jay Abdo, David Calder, Sarah Crowden u.a. Länge: 125 Minuten. FSK: Ohne Altersbeschränkung. Im Kino.
Story:
Die junge Britin Gertrude Bell begibt sich Anfang des 20. Jahrhunderts auf eine archäologische Erforschungsreise quer durch das damalige osmanische Reich. Dabei versucht sie nicht nur, ihre persönlichen Interessen hervorzubringen, sondern auch, ihr turbulentes Gefühlsleben unter Kontrolle zu bekommen.
  
Meinung: Landschaften waren schon immer die heimlichen Hauptakteure in den Werken von WernerHerzog. Wer seine Dokumentation wie "Herz aus Glas" oder "Begegnungen am Ende der Welt" kennt, aber auch große Spielfilme wie "Aguirre, der Zorn Gottes" oder "Fitzcarraldo", wird bestätigen können, dass diese stets dadurch geprägt waren, durch gewaltige Landschaftspanoramen den nachhaltigsten Eindruck beim Betrachter zu hinterlassen. Herzog hat nicht nur ein unnachahmliches Gespür für die gewaltig wirkende Kraft der Natur selbst, sondern versteht es wie kein anderer, diese als Spiegel der Empfindungen seiner Protagonisten einzusetzen.

Review: KÖNIGIN DER WÜSTE – Lawrencia von Arabien

Liebe, Lust und Wüstensand.

Da ist es natürlich mit angemessener Vorfreude zu begrüßen, dass sich der Regisseur mit Cast und Filmcrew für "Königin der Wüste" unter anderem nach Marokko und Marrakesch begeben hat, wo imposante Wüstenlandschaften weit und breit geboten sind. Herzog erzählt hier die auf wahren Tatsachen beruhende Geschichte von Gertrude Bell. Eine Frau, die aufgrund ihrer damaligen archäologischen Forschungsreisen im osmanischen Reich während des ersten Weltkriegs eine bedeutende Rolle als politische Beraterin darstellte. Eine überaus interessante Persönlichkeit, deren Lebensweg sich über Jahrzehnte erstreckte, mit zahlreichen prägnanten Phasen. Wie Herzog sein Biopic allerdings inszeniert und erzählt, ist sowohl für Anhänger des Regisseurs als auch für die, die nur an der Geschichte von Gertrude Bell interessiert sind, ein ziemlicher Schlag ins Gesicht. Gerade einmal wenige, äußerst oberflächlich angerissene Schlüsselmomente gibt Herzog preis, die sich zudem meist auf Szenen beschränken, in denen Gertrude durch die Wüste zieht, bei einem ihrer angezielten Beduinen-Völker ankommt, nur um deren Anführer schließlich in einem kurzen Gespräch von ihren persönlichen Absichten zu überzeugen. Der ärgerlichste Aspekt von "Königin der Wüste" aber ist die romantisch motivierte Seite der Handlung. Herzog ver(sch)wendet einen Großteil der Laufzeit damit, Gertrude entweder als hoffnungslos verliebtes Mädchen oder reizvolles Objekt der Begierde darzustellen. Alleine das gesamte erste Drittel des Streifens schildert ausschließlich die Liebesbeziehung zwischen Gertrude und Henry Cadogan, einem britischen Diplomaten.

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Der König der Löwen.

Dass dem Regisseur eventuell ein Biopic der etwas anderen Art vorschwebte, bei dem er sich ausgiebig auf das Gefühlsleben der Hauptfigur konzentrieren wollte, lässt sich noch verkraften. Dass die Inszenierung aber oftmals in derart kitschige Soap-Gefilde abrutscht, sodass ein schmalziger Dialog den nächsten jagt, stimmt einen zunehmend ratlos. Wenn man ganz hämisch sein möchte, könnte der Film im Original genauso gut auch "Queen of Love" anstatt "Queen of the Desert" heißen und als Fernsehfilm der Woche im ZDF laufen. Würde im Vorspann hinter "Written and directed by" nicht "Werner Herzog" stehen, würde man die Beteiligung des Regisseurs nicht einmal bemerken, derart nach lieblos abgefilmter Auftragsarbeit fühlt sich der Film an. Nur noch ganz selten sind sie zu spüren, die typisch atmosphärisch einnehmenden Momente. Wenn Herzog weitläufige Wüstenbilder nutzt, um gleichzeitig das ausufernde Freiheitsgefühl wie auch die übergreifende Orientierungslosigkeit seiner Protagonistin abzubilden, erinnert immerhin das an das sonst so große Gespür des Regisseurs für intensive Inszenierung. Im Cast finden sich potentiell fähige Namen wieder, doch selbst ein James Franco, Damian Lewis und vor allem ein unglaublich hölzerner Robert Pattinson wirken hier seltsam fehlbesetzt und mitunter sichtlich unwohl in ihren Rollen. Nur Nicole Kidman in der Hauptrolle kann als Glücksgriff bezeichnet werden, denn sie schafft es, sowohl toughe Facetten, aber auch die gefühlvolle Seite ihrer Gertrude Bell mit großer Klasse zu verkörpern.
Wenn man nach dem Abspann das Bedürfnis verspürt, sich im Internet auf Recherche nach der Hauptfigur zu begeben, ist das eigentlich das größte Kompliment für ein Biopic. Bei "Königin der Wüste" entsteht dieses Bedürfnis allerdings, weil man das Gefühl hat, viel zu wenig über wirklich wichtige Lebensmomente und entscheidende Situationen der Protagonistin erfahren zu haben und daher wissen möchte, was einem der Film alles verheimlicht hat. Von einem Kompliment ist so etwas mehr als weit entfernt. 
4 von 10 als Zeichen der Liebe in zwei Hälften geteilte Münzen
von Pat

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