Aus Freunden werden Feinde. Joel Edgerton (links) als Ramses und Christian Bale (rechts) als Moses in Ridley Scotts “Exodus” / alle Bilder © 20th Century Fox
Die Bibel ist wieder In, ist cool, ist State-of-the-Art. Aber auch nur, wenn sich Regisseure wie Darren Aronofsky (Noah) oder nun eben Sir Ridley Scott mit Exodus – Götter und Könige dieser annehmen. Die Ähnlichkeiten sind dabei verblüffend. Immer geht es um bärtige Männer, deren Schicksal durch eine Flutwelle besiegelt wird. Beide Männer müssen erst einen deftigen Schlag auf den Kopf bekommen (bzw. mit dem Kopf auf einen Fels aufschlagen), bevor sie in Kontakt zu Gott treten können: In beiden Filmen mehr surreale Vision als tatsächliche Unterhaltung mit demjenigen, von dem wir uns kein Bildnis machen sollen – wie es in den zehn Geboten steht, von Ridley Scott aber nur wenig beachtet wird.
Bei ihm geschieht das in Gestalt von Isaac Andrews, Gott als Kind, oder Gott, der auf die Frage wer er sei mit „Der, der ich bin.“ antwortet und Raum für Assoziationen und Interpretationen lässt. Er ist derjenige, der Moses davon überzeugen muss, selbst zum Volk der Hebräer zu gehören, die im Ägypten von Ramses als Sklaven leben müssen. Moses (Christian Bale) und Ramses (Joel Edgerton), das scheint eine lange Geschichte zu sein, sind seit Kindestagen an befreundet. Die besten Buddys seit Ewigkeiten.
Aber Moses zeigt sich stets barmherzig, geduldig, wohl wissend und kalkulierend, wie er das Volk zu behandeln hat, um sich dessen Treue zu sichern. Er ist Befehlshaber der Armeen von Ramses, der wiederum eher wie ein verwöhntes kleines Kind daherkommt, der von Nichts eine Ahnung hat. Selbst sein Vater Seti (John Turturro) gibt zu, dass Moses vermutlich der bessere Nachfolger für seine Regentschaft wäre. Aber Seti stirbt, Ramses wird sein Erbe und findet zu aller Überfluss auch noch heraus, dass Moses zum Sklavenvolk gehört. Er tötet ihn nicht, sondern vertreibt ihn lediglich. Doch irgendwann kehrt er zurück und nimmt sich der katastrophalen Situation in Ägypten an. Dabei erhält er Unterstützung durch seine Visionen, die aber durchaus reale Plagen über das Land hereinbrechen lassen.
Moses als Kriegsherr über die Armeen Ägyptens
Das sieht auch durchaus hübsch aus. Die Optik ist grandios geraten und darf sich zurecht für einen Monumentalfilm empfehlen. Ob nun zahlreiche Alligatoren auf Menschenjagd gehen und das Wasser hierdurch blutrot färben, die anschließende Kröten-, Fliegen-, oder Heuschreckenplagen, dieser gekonnt kurz und intensiv gehaltene Abschnitt des Films bietet Special Effects im angenehmen Maße. Aber auch darum herum hat Ridley Scott in Exodus mit beeindruckenden Landschaften und Bauten gewerkelt. Besonders ist das in einer Szene zu erleben, in der die ägyptischen Streitwagen Moses und den Hebräern über einen Gebirgspass folgen und irgendwann in die Tiefe stürzen, da das Geröll die enorme Last nicht tragen kann. Endlich mal wieder ein Kinomoment für den offen stehenden Mund.
Aber nicht von der Schönheit der Bilder beirren lassen. Mehr steckt in Exodus wirklich nicht drin. Christian Bale und Joel Edgerton, die mit Moses und Ramses zwei Freunde seit Lebzeiten verkörpern sollen, wirken von Beginn an wie zwei Menschen, die nie zueinander passen wollen. Die beiden hätten sich in einer Nicht-Film-Welt niemals miteinander angefreundet, so grundverschieden handeln und denken diese Figuren. Ridley Scott trennt die beiden voneinander, so dass sie nicht einmal eine ordentliche Feindschaft aufbauen können. Moses handelt durch seine Visionen, Ramses reagiert auf die Plagen, der Zorn wird lediglich auf die beiden Protagonisten übertragen. Zu jeder Zeit im Film könnte aber auch einer der beiden sagen „Ich verzeihe dir“ und alles wäre vorbei. So richtig streitsüchtig und hasserfüllt kommt Ramses nicht rüber, so richtig von seiner Sache überzeugt ist Moses ebenso wenig.
Und dann das ganze erklärende Gefasel, als hätten wir keine Augen im Kopf – oder alternativ: als hätte Ridley Scott keine Ideen etwas auf der Bildebene darzustellen. Nur durch einen nichtssagenden Satz durch John Turturros Seti erfahren wir von der besagten nicht spürbaren Freundschaft zwischen Moses und Ramses, später taucht ein Berater am Hofe des ägyptischen Herrschers auf und erklärt recht ausführlich, wie es zu den Plagen kommen konnte. Der nicht zu sehenden Freundschaft müssen wir aufgrund einer Drehbuchzeile Glauben schenken, die durchaus zu sehenden Plagen bekommen wir noch einmal ausgiebig erklärt. Da stimmt das Verhältnis von Bild und Wort einfach nicht.
Hier wird deutlich die emotionale Bande vernachlässigt um dem Spektakel in Wort und Bild mehr Zeit zukommen zu lassen. Deshalb können wir uns auch nicht wirklich freuen, wenn Moses die Hebräer endlich aus Ägypten geführt hat, weil wir mit den Augen immer noch bei der zuvor bildgewaltigen Flutwelle sind, die so einiges mit sich gerissen hat. Da macht ein alternder Christian Bale, der mit Hammer und Meißel die zehn Gebote in Steintafeln hämmert überhaupt keinen Eindruck mehr.
Letztendlich muss man jedoch um jede Bibelverfilmung froh sein, da somit das in Buchform vermutlich eher verschmähte Literaturgut dennoch erhalten bleibt, wenn auch zu Gunsten hollywoodscher Effekthascherei leicht verändert. Das mag Leute erzürnen (in Ägypten ist der Film aufgrund von verfälschten Tatsachen verboten worden), ist aber spannender anzusehen als tatsächlich die Bibel aufzuschlagen. Schade nur, dass man in Exodus – Götter und Könige so emotional unberührt bleibt.