Review: BAYMAX – RIESIGES ROBOWABOHU - Das Abenteuer der Hilfestellung

Review: BAYMAX – RIESIGES ROBOWABOHU - Das Abenteuer der Hilfestellung
Fakten:
Baymax – Riesiges Robowabohu (Big Hero 6)
USA. 2014.
Regie: Don Hall, Chris Williams. Buch: Jordan Roberts, Robert L. Baird, Daniel Gerson, Don Hall, Duncan Touleau (Vorlage), Steven T. Seagle (Vorlage). Original Stimmen von Ryan Potter, Scott Adsit, Jamie Chung, Damon Wayans Jr., T.J. Miller, James Cromwell, Alan Tudyk, Genesis Rodriguez u.a. Länge: 108 Minuten. FSK: ohne Altersbeschränkung. Ab 22. Januar 2015 im Kino.
Story:
Hiro Hamada liebt Roboter über alles. Der talentierte Junge ist so verrückt nach ihnen, dass er mittlerweile in diesem Bereich in seiner Heimatstadt San Fransokyo einen gewissen Ruf hat. Selbst sein bester Freund Baymax ist ein Roboter - allerdings beeindruckt dieser zunächst mehr mit seiner Statur als mit seinem Können. Ziemlich tollpatschig, aber stets um das Wohl aller bemüht, steht er Hiro immer mit Rat und Tat zur Seite - ob der will oder nicht. Als sich in San Fransokyo etwas Mysteriöses anbahnt, überschlagen sich die Ereignisse und Hiro und Baymax werden vor die größte Herausforderung ihres Lebens gestellt. Zusammen mit ihrer ebenso begabten wie durchgeknallten Clique müssen sie zu einem echten Team werden und zeigen, was sie drauf haben, um die Stadt vor einer dunklen Bedrohung zu retten.


Meinung:
Der neueste Streich aus der Walt-Disney-Animation-Studios-Schmiede ist ein erneut größtenteils-formvollendetes Glanzstück geworden, hier nun ausgiebig in der Formel des Superhelden-Genres (und sogar dessen moralischen Implikationen) wirkend, dennoch eine energetische Angelegenheit mit diesem bestimmten gelungenen Fist bump aus Spaß, Herz und Kurzweil. Thematisch wird dabei reichlich auf dem Geist der Ambition gegründet, aber auch auf den verschiedenen Stadien der Trauer. An der Hauptfigur Hiro Hamada nämlich wirkt eine charakterliche Konstellation, die wieder mal bestimmte Familienangehörige verloren hat und weitere im Verlauf des Films verlieren wird. Zudem ist er aber auch ein helles Köpfchen, das seine flink-flexiblen Roboter-Erfindungen in der futuristischen Metropolen-Mélange San Fransokyo allerdings noch eher für Straßenkämpfe einsetzt, als sich mit seinem Talent an der Forschung zu beteiligen. Sein engster Verwandter, Bruder Tadashi, redet ihm da durchgehend ins Gewissen und führt ihn eines Tages effektiv in die illustre Truppe an frischen Forschern und ihren bestimmten Fähigkeiten ein, so dass in ihm der Drang auf die nächste revolutionäre Erfindung erwacht.

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Auch Helden müssen mal kuscheln

Solch ein Fortschrittsfilm über den Enthusiasmus der Technik - bewusst technisch brillant ausgestattet, von den fotorealistischen Hintergründen bis hin zu den plastisch-wirkenden Cartoon-Charakteren und den reizvoll-versierten Umgebungsdetails - kommt allerdings auch nicht ohne Barrieren einer Missbrauchsgefahr, eines potenziellen Antagonisten aus. Und da passt sich der Film schon früh einer forcierten Regelung der Dramaturgie an, die ungeniert, aber nicht unbedingt elegant Motivationen, Themen und Hinweise zur exakten Etablierung aller Sachverhalte ausspricht. Zum dritten Akt hin werden einige dieser Plot-treibenden Faktoren zwar erfreulicherweise auf den Kopf gekehrt, sie fruchten aber dennoch nicht immer auf besonders natürlichem Boden. Sei's drum, aus diesem Rahmen schlagen die Regisseure Don Hall und Chris Williams noch immer liebenswerte Ideen und Charaktere heraus, allen voran den Ballon-artigen Roboter Baymax - spezialisiert auf medizinische Hilfe, haltlos knuffig, drollig, plump und dennoch etwas unkontrollierbar, eben auch ein Hort für unschuldigen Roboter-Humor wortwörtlicher Analytik und eigensinniger Umweltsgewandtheit. Doch auch er ist upgradable für Kampfhandlungen, denn nach der niedlichen Kennenlernphase auf offenem Raum erfordert die Dringlichkeit der Geschichte erhärtete Maßnahmen, jedoch auch stets getragen von Hiros Drang nach einer Auflösung seines Verlusts und seiner Trauer - zuerst mit einem gewissen Zweifel der Verdrängung, später dann mit einem pfiffigen Schub des Gerechtigkeitssinns. Letzteren verwirklicht er zudem mit der Hilfe seiner vier Freunde aus Tadashis Labor, die Baymax in einer seiner vielen einprogrammierten Genesungs-Methoden für Hiro kontaktiert hat, umgesetzt als (mit aus-ihren-vorher-präsentierten Skills-entwickelten Gadgets) individualisiert-technifiziertes Helden-Team.

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Robocop wäre verdammt stolz

Die Bindung zwischen Hiro und Baymax als Überbleibsel von Verlorenem behält aber die emotionale Oberhand, weshalb ihr erster Flug über die Stadt mit den neuen Anzügen einen freiläufigen Höhepunkt der Euphorie innerhalb der massiven bunten Welt des Films darstellt, wobei ebenso versucht werden soll, Hiro seine Trauer verarbeiten zu lassen - ein Punkt, der jedoch stets an seinem Gedächtnis nagt und im Erinnern konfrontiert. Schließlich wird er immer stärker auf die Lösung seines Umstandes gebracht, mit gemeinsamen Kräften wird dort das Gelingen versucht, doch einerseits haut das noch nicht ganz so schicklich hin und andererseits schlägt just das Stadium der Wut in Hiros Trauer aus, wobei auch hier Baymax, nun gegen seine binäre Gesetzmäßigkeit bewilligt, als Ventil herhalten muss. Doch so einfach und gewaltsam lassen sich die Probleme nicht aus der Welt schaffen, das kriegt Hiro in seinem emotionalen Sturm wiederum eindrücklich ins Gewissen geredet, sobald er bemerkt, dass jener Antagonist, seine Zielscheibe einer frustrierten Vendetta, aus denselben nachvollziehbaren Gründen wie er handelt und sich dabei auf einen zerstörerischen Pfad begibt.

Jetzt gilt es also, anhand der nochmals effizient-versammelten Technik einen Ausgleich zu schaffen, der Schlimmeres verhindern und auf gewisse Weise auch den Bösen genesen kann, so wie Baymax es seit jeher handhabt, so wie Erfindungen allgemein auch eher als Vorteil, als Hilfe und Horizonterweiterung für die Menschheit gedacht sind. Solange der herzliche Geist des Erfinderischen nämlich erhalten bleibt, werden auch die Erfinder auf ewig in Erinnerung bleiben, seien sie Pioniere, Retter oder auch Familie. In der belebenden Zusammenkunft dieser narrativen Elemente ist zwar aller Anfang auch schwer, teils zwingend in die Welt gerufen, doch auch hier machen Übung und eine Handvoll Klebebänder für den luftigen Roboter den Meister, inventive Lust die besondere Würzung und da wird eine durchweg unterhaltsame Tour für Jung und Alt erschaffen, erbaut auf einer bewährten Mixtur des knalligen Familienkinos als cineastisches und emotionales Spektakel.

7,5 von 10 Klebebändern

vom Witte

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