Reisende Soldschreiber & Missionare

„Der Weg ist das Ziel“ wird diversen großen Geistern zugeschrieben. Ich füge gern hinzu: Jeder hat andere Ziele und es gibt viele Wege, dorthin zu gelangen. Über das WIE muss jeder selbst entscheiden. Ohne Bevormundung!

Immer wieder erhitzen sich in Blogs, Foren, anderen Online-Medien und in Gesprächen die Gemüter daran, wie man denn nun „richtig“ reist. Ich finde, dass all diejenigen „richtig“ unterwegs sind, die das tun, was sie ganz persönlich für richtig halten und was ihnen Freude bereitet. Basta.

Mich nervt das Geschwafel vom „ökologischen Fußabdruck“ ebenso wie abwertendes Gerede über Backpacker. Wenn Reisende partout einen CO2-Obolus zahlen wollen, den ich für eine moderne Form des Ablasshandels halte: Bitteschön. Und wer diesen Schwachsinn bleiben lässt: Gerne doch.

Mich nerven Massenquartiere, ich weiß nicht, was an einem all inklusive-Aufenthalt in Dubai schön sein soll und ich möchte meine schönste Zeit des Jahres weder auf einem schwimmenden Hotelriesen mit Tausenden teilen, noch Wand an Wand mit anderen Campern auf einem Platz stehen. Aber ich gönne es jedem von Herzen, der das mag.

Warum sollte jeder unbedingt mal „raus aus der Komfortzone“? Einen wirklich sinnigen Grund gibt es dafür nicht. Warum sollte sich jemand den Spaß am Leben versauen, der partout aus der Komfortzone nicht raus möchte? „Must do“? Muss man wirklich alles mal gemacht haben? Nein. Warum etwas unternehmen, wenn man sicher weiß, dass es keinen Spaß macht? Ich weiß nicht, wie oft ich bereits in Florenz war – die Uffizien sahen mich als bekennender Museumsmuffel nie von innen. Wer das mag, sollte es aber unbedingt tun. Ich rate niemandem ab.

Das moralisch hohe Ross, andere „bekehren“ zu wollen, kann und will ich nicht besteigen. Auch auf Reisen muss und soll jeder nach seiner Fasson selig werden dürfen. Nur möchte ich mir von grünen und anderen missionarischen Schwachköpfen nicht erzählen lassen, wie lange ich mindestens unterwegs sein muss, wenn ich einen Interkontinentalflug buche und warum ich lieber ungenießbare Brühe statt eines Starbucks-Kaffees trinken soll. Haben die „Ökos“ schon mal dran gedacht, dass die wenigsten Arbeitnehmer drei und mehr Wochen Urlaub am Stück machen können, um ihren Südostasientrip „umweltverträglich“ zu gestalten?

Nein, ich möchte auch nicht umweltgerecht durch Europa radeln. Weil es mir keinen Spaß machen würde. Aber es läge mir fern, anderen diesen Spaß vermiesen zu wollen! Und ich werde weiterhin auf Reisen mit dem Campingbus jede Menge Müll durch Einweggeschirr produzieren: Weil ich Sinnvolleres tun kann als meine zeit mit Abwaschen zu vergeuden.

Richtig lächerlich wird es für mich, wenn von USA-Reisen „wegen Trump“ abgeraten wird – diese Kritikaster aber des schmalen Talers wegen in die Türkei fliegen. Richtige Schreikrämpfe bekomme ich, wenn ausgerechnet ausgemachte Islam-Kritiker gen Emirate, Tunesien oder Ägypten fliegen, um dort Billig-Urlaub zu machen. Und dann waren da noch diese „ethical destinations“. Außer für gutbetuchte grüne Klientel dürften diese Reiseziele wohl eher unerschwinglich sein.

Auch kann ich mir ein müdes Grinsen nicht verkneifen, wenn Besitzer von Wohnmobilen, die sechsstellige Beträge kosten, sich zwei Wochen auf einen Campingplatz stellen. Aber noch einmal: Wem’s Spaß macht – gerne. Belustigend ist es auch immer wieder, in halb Europa „Alternative“ anzutreffen, die vom veganen und uwmeltbewussten Leben schwärmen – aber dabei die dreckigsten Diesel fahren, die gerade noch verkehrssicher sind. Da kann ich nur sagen: Bitte fresst Gras, wenn ihr das mögt – aber verschon andere mit euren „Weisheiten“.

Selbstreflexion scheint im Übrigen auch nicht Sache derjenigen Soldschreiber Blogger zu sein, die für ein paar Silberlinge jedes Ziel lobpreisen. „Unterstützte Reise“ nennt sich das Neudeutsch. Wie ernst Leser dieses Geschreibsel nehmen, ist jedem selbst überlassen. Etwas Kritisches habe ich in solchen Beiträgen noch nicht gelesen. Wie auch? Das Nassauern soll ja weitergehen.

So, und jetzt gute Reise(n), egal wohin. Werde jeder nach seiner Fasson selig – und nicht nach der von Besserwissern und Missionaren. Wer bei dem, was er tut, kein schlechtes Gewissen hat, sollter sich erst recht keines einreden lassen.


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