von Georg Korfmacher
WEIMAR. (fgw) Potz Blitz, wer hätte das gedacht!? Der CSU-Europaabgeordnete Bernd Posselt rügt CDU-Politiker, „sich an der falschen Front zu tummeln“. Sollte der in laizistischem Ausland tätige Politiker wirklich und endlich verstanden haben, dass im Verhältnis von Staat und Kirche jeder bei seinen Leisten bleiben muss.
Die überraschende Meldung (Die Tagespost vom 24.01.2011) ist symptomatisch für das in Deutschland eher verwirrende Beziehungsgeflecht zwischen dem Staat und der Catholica. Der geplante Papstbesuch wirft seine Schlagschatten voraus, begleitet von einem Castor-Transport voller Sprengstoff. Eine scharfe Munition darin sind die „viri probati”, die bewährten Männer, die nach Meinung einiger Altvorderen der CDU seelsorgerisch tätig sein sollten, also solche Aufgaben wahrnehmen, die bislang ausschliesslich den „Eunuchen für das Himmelreich” (Matth. 19,12) vorbehalten sind. Da wettert Posselt, eine solche Frage falle „in die Zuständigkeit des päpstlichen Lehramtes und nicht in die von Parlamenten”. Spontanen Schulterschluss erfährt Posselt von Kardinal Brandmüller: „Was legitimiert Sie als Politiker, zu einem innerkirchlichen Thema Stellung zu beziehen, das Sie weder von Amts wegen noch persönlich betrifft?” (Radio Vatikan 26.1.2011). Brandmüller ist immerhin ehemaliger Chef-Historiker des Vatikans. Gut gebrüllt, Löwen! Aber logisch gilt das in die andere Richtung ebenso. Kirche hat sich in staatliche Angelegenheiten nicht einzumischen.
Da stellt sich natürlich die Frage, was ein theokratischer Staatsführer einem demokratischen Parlament zu sagen hat. Welche Erfahrung will er zur Entwicklung unserer Demokratie vermitteln? Katechismusunterricht ist da eher nicht angesagt. Vom christlichen Erbe haben wir schon zu viel gehört, und mehr als 30 % unserer Bevölkerung können sich damit partout nicht identifizieren. Die stehen sprachlos vor der geschichtlichen Tatsache, dass und wie die Catholica Andersgläubige mit Feuer und Schwert in ihren Schoss gezwungen hat.
Also was denn dann? Der ersehnte Hinweis kommt vom Bundestagsabgeordneten Professor Patrick Sensburg (CDU). „Im Vorfeld des Papstbesuches sollten wir vielmehr überlegen, wie wir diese einmalige Gelegenheit, … , nutzen können, damit dieser Besuch zu einem neuen Aufbruch des Glaubens und zu einer Festigung unserer christlichen Werte führen kann”. Nun, die Feuer der Inquisition sind tatsächlich erloschen, und das blutige Schwert steckt auch in der Scheide der Catholica. Begraben aber ist es nicht. Heute ist es eher eine geistige Waffe. So z.B. in Form der „christlichen Stilpräsenz” im internet (Botschaft des Papstes vom 24.1.2011) oder der Initiative “Vorhof der Heiden”, die vom Vatikan betrieben wird, vom 27.1.2011).
Aber man darf das Fussvolk nicht vergessen, wie z.B. den Arbeitskreis Engagierter Katholiken (AEK) in der CDU. Sein Sprecher Martin Lohmann höhnt spöttisch: der „Vorstoß einiger älterer CDU-Politiker zur Abschaffung des Zölibats katholischer Priester hat etwas Rührendes und Tragisches zugleich”. Und dann verblüffend einsichtig: es sei „seltsam, dass CDU-Politiker offenbar der Ansicht sind, sich in diese theologische innerkirchliche Spezialfrage einmischen zu müssen”. Also doch das Bekenntnis zur Trennung von Staat und Kirche, wie auch von Sensburg eingeräumt.
Aber keine religiös motivierte Erklärung ohne inneren Widerspruch. Nach Lohmann ist es nämlich im gleichen Atemzug „zu simpel, den Grund für den leider betrüblichen Priestermangel in Deutschland monokausal in der Verpflichtung zur Ehelosigkeit zu suchen”. Die eigentliche Notlage sei – nach Lohmann – auch nicht der Priestermangel, sondern der Glaubens- und Anbetungsmangel in Deutschland, das neu der christlichen Mission bedürfe, so die Zeitung. Also jetzt wissen wir, was das katholische Fussvolk will: der Papst soll Deutsche missionieren. Kann er, ja er sollte unbedingt im eigenen Haus für Ordnung sorgen, aber nicht in unserem demokratischen Parlament, selbst wenn dort einige sitzen, die immer wieder alles durcheinander bringen.
Auch für Kardinal Brandmüller geht es eigentlich um viel mehr: um Kirchenspaltung. „Ihre (Alt-CDUler) Berufung auf den Priestermangel erscheint in einem merkwürdigen Licht, bedenkt man die immer geringer werdende Zahl von Gottesdienstbesuchern und Gläubigen, die die Sakramente empfangen wollen”, so der Kardinal. Und weiter: „Wenn Sie dennoch auf Ihrem Begehren bestehen, nähren Sie den Verdacht, es gehe dabei nicht nur um den Zölibat, sondern um erste Schritte hin zu einer ‘anderen Kirche’.” Ein solcher „deutscher Sonderweg” führe „in die Nähe eines Schismas, einer Nationalkirche”.
In ein solches Meinungsgerangel bei der Catholica sollten sich Politiker wirklich nicht einmischen. Dafür sind sie auch nicht gewählt. Nach den Regeln des Laizismus sind Staat und Politik eine Sache, Religion eine andere. Das muss man in einer Demokratie, die etwas auf sich hält, strikt auseinander halten. So wie das bei der Gewaltentrennung auch der Fall ist.
[Erstveröffentlichung: Freigeist Weimar]