Warum der Iran seine Chance auf Freiheit verspielte

Marko Martin in der WELT: Vor 32 Jahren kehrte Ayatollah Khomeini in den Iran heim und warf sein Land um Jahrzehnte zurück: Hätte sich dieser Mullah-Horror verhindern lassen?

[...]In Tunesien haben gut ausgebildete, jedoch arbeitslose junge Leute dem Ancien Régime den Kampf angesagt, während es im Iran vor nunmehr 32 Jahren keineswegs die Unfreiheit der „Massen“ war, sondern die (relative, huldvoll-repressiv zugestandene) Freiheit der damaligen mittleren Oberschicht, die den schiitischen Klerus derart in Rage gebracht hatte.
Freilich wäre es den Mullahs nie gelungen, dennoch zu Anfang ein ganzes Volk hinter sich zu scharen, hätte der verlebte Despot Reza Pahlevi wirklich jene Lektion begriffen, die ihm Anfang der Sechzigerjahre bereits John F. Kennedy so dringlich ans Herz gelegt hatte. Die damalige „Weiße Revolution“, eine Landreform auf Drängen der USA, die aus Beinahe-Leibeigenen privat wirtschaftende Bauern machen sollte, aber war auf halbem Weg stecken geblieben. Weder gab es in Folge davon für die Armen wirkliche Aufstiegsmöglichkeiten – die, nebenbei bemerkt, Khomeinis zynisches Regime dann dadurch schuf, dass es Karrieren im Überwachungsdienst der Bassidsch-Milizen oder als Kindersoldaten im ersten Irakkrieg förderte –, noch konnte die Mittelschicht zufriedengestellt werden.
[...]
Die städtischen Liberalen, welche die Freiheit damals hatten ausweiten wollen, verloren in den Folterkellern des neuen Regimes als Erste ihr Leben, schon kurz darauf gefolgt von Tausenden Linken wie jenen der kommunistischen Tudeh-Partei, die zuvor in ihrer ideologischen Blindheit noch geglaubt hatten, mit den vermeintlich egalitären Mullahs gemeinsame Sache gegen die „verfaulte Bourgeoisie“ machen zu können. Keinen, der jemals George Orwells „Farm der Tiere“ gelesen hat und sich erinnert an den unaufhaltsamen Aufstieg des Schweins Napoleon (und das Verschwinden seines Konkurrenten Schneeball), konnte die Entwicklung im Iran wirklich überraschen.
[...]
Dass dem goldene Eier legenden Huhn, das man nicht schlachtete, schließlich eine emanzipierte Zivilgesellschaft entwuchs, die den Obristen tränenlos Valet sagte – das ist mehr als eine hübsche Volte, sondern eine berührende Freiheitsgeschichte auf Umwegen. Ist sie vielleicht gerade deshalb noch kaum erzählt, da eine gängige materialistische Geschichtsauffassung immer dann versagt, wenn smarter Geschäftssinn und idealistischer Bürgermut zusammenfinden, was übrigens ja gar nicht so selten geschieht?
Im Iran vor 1979 wurde diese minimale Chance vertan; als der asketisch-rigide Khomeini einflog, war es bereits zu spät. Doch selbst in Teheran bleibt die Zeit nicht stehen.

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Nic


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