Paid Content: Kein Erfolgsmodell

Laut Anita Stocker, Chefredakteurin der Zeitschrift test, gibt es aktuell nur ein einziges Angebot, das mit Paid Content tatsächlich erfolgreich ist, nämlich test.de. Auf der Sommerakademie Verbraucherjournalismus 2016 in Mainz berichtete sie davon, dass test.de in Vorträgen immer wieder als Beispiel für Paid Content aufgeführt würde. Frage man dann nach dem Grund warum ausgerechnet test.de ausgewählt wurde sei die Antwort „Weil es das einzige ist, das funktioniert.

Fast 15 Prozent der Einnahmen durch Paid Content

Tatsächlich hat die Zeitschrift nach eigenen Angaben im Jahr 2016 rund 3,9 Millionen Euro durch Gebühren für den Online-Zugang eingenommen. Das ist zwar wenig im Vergleich zu den 24,0 Millionen Euro, die mit den beiden Print-Titeln test und finanztest verdient wurden, aber doch kein unbedeutender Beitrag zu den Einnahmen. Zumal auch die Kosten für Druck und Versand wegfallen, die keinen kleinen Teil der Einnahmen auffressen.

Rund 96.000 Abos registriert test.de, zusätzlich gibt es noch Zugriffsrechte für einzelne Beiträge, die aber nicht ausgewiesen werden. Allerdings sind fast 43.000 Zugriffe preisreduziert, da die Kunden gleichzeitig noch ein Print-Abo besitzen. Fast 11.000 Abos sind sogar ganz kostenfrei, meist weil die Leser sowohl ein Test- als auch ein Finanztest-Abo besitzen und damit den Zugang umsonst bekommen.

Paid Content, das sind Texte im Internet, die nur gegen Bezahlung lesbar sind. Die Grenzen zum E-Paper einer Tageszeitung sind dabei natürlich fließend. Vermutlich sind sie zum Teil auch historisch zu verstehen. Ein E-Paper ist meist eine elektronisch Version der Print-Ausgabe. Manchmal werden sie sogar als PDF angeboten, wie wir in der kommenden Woche sehen werden.

Dagegen sind Paid Content Angebote meist auch über den Browser direkt (also ohne die Hilfe anderer Programme wie iKiosk) aufrufbar und oft eine Ergänzung zu kostenlosen Inhalten. Außerdem gibt es bei Paid Content auch oft die Möglichkeit, nur einen einzelnen Beitrag zu kaufen. Allerdings gibt es im Zeitalter der Apps natürlich fließende Übergänge. Beispielsweise wird die App der Kieler Nachrichten bei der ivw als Paid Content erfasst, praktisch alle anderen Apps von Lokalzeitungen aber als E-Paper.

Stiftung Warentest nicht in ivw Daten enthalten

Deshalb gibt es kaum Paid Content Angebote in den Daten der ivw. Denn wie bei meinem Beitrag zu den Tageszeitungen und den zu den Wochenzeitungen und Zeitschriften stützte ich mich auch heute vor allem auf die Daten der Informationsgemeinschaft zur Feststellung der Verbreitung von Werbeträgern, kurz ivw.

Wie der Name schon sagt geht es dort um Reklame. Entsprechend gibt es auch zwei wichtige Kriterien dafür, dass ein Titel in die Erhebung aufgenommen werden kann.

  1. Er muss kostenpflichtig sein, es heißt ja Paid Content und nicht Free Content.
  2. Die Seite muss Werbeträger sein.

Die rund 85.000 kostenpflichtigen Abos von test.de gehen deshalb nicht mit in die Statistik ein, den die Stiftung Warentest darf als vom Bund gegründete und bezuschusste Einrichtung weder in ihren Zeitschriften noch auf ihren Online-Seiten Werbeflächen verkaufen, um die Unabhängigkeit nicht zu gefährden.

Rund 456.000 verkaufte Zugriffsrechte

Rund 456.000 im Tagesdurchschnitt verkaufte Zugriffsrechte weißt die ivw für den August 2017 aus. Rund 426.000 davon lassen sich nach Titeln aufschlüsseln. Sie entfallen auf gerade mal fünf Angebote. Einzelverkäufe gibt es genau Null, kein einziges der fünf Angebote hat Daten in dieser Kategorie ausgewiesen. Deshalb lassen sich die 426.000 aufschlüsselbaren Zugriffsrechte mit Abos gleichsetzen.

97,5 Prozent davon stammen aus dem Hause Axel Springer. Weil WELTplus nur rund 78.000 Mal verkauft wurde steht hinter 79,1 Prozent der verkauften Zugriffsrechte nur ein einziges Angebot, nämlich BILDplus.

Zwei Fachportale kommen zusammen auf etwas weniger als 1.500 weitere Zugriffsrechte, die Kieler Nachrichten auf etwas mehr als 9.000.

Wachstum lässt zu wünschen übrig

Ende der 90er Jahre lag die Auflage der BILD bei fast 4,4 Millionen Exemplaren pro Auflage, im Jahr 2016 waren es noch rund 1,7 Millionen. Da machen 337.000 Paid Content Zugriffsrechte fast nichts aus. Wobei das E-Paper der BILD-Zeitung hier natürlich genauso wenig enthalten ist wie die elektronischen Ausgaben von Welt und Welt Kompakt sowie ihren Sonntagsausgaben bei den Daten zu WELTplus.

Nicht nur die absoluten Zahlen der verkauften Zugriffe sind gering gegenüber dem Auflagenverlust der Print-Zeitung, auch die Zuwächse sind bescheiden. Die ersten Daten weißt die ivw für den Mai 2015 aus, damals nur für WELTplus und BILDplus. Rund 253.000 Zugriffsrechte wurden damals verkauft, drei Jahre später waren es 447.000. Darin sind aber andere Titel enthalten, BILDplus und WeltPlus kamen auf 415.000 Zugriffsrechte.

Weil fast alle Zugriffsrechte im Prinzip auf WELT und BILD entfallen und beide seit 2014 erfasst werden, sind die Zahlen einigermaßen vergleichbar. Ein Zuwachs von fast 80 Prozent in drei Jahren, das hört sich nach viel an, ist es aber nicht. Zumal der prozentual hohe Zuwachs vor allem auf einen Basiseffekt zurückgeht. 2014 gab es nur wenige Paid Content Zugriffe, da ist fast jeder Zuwachs in Prozent gesehen hoch.

Der Zuwachs hat sich außerdem von Jahr zu Jahr abgeschwächt. Und zwar nicht nur prozentual, was zu erwarten war (auch wegen des Basiseffekts), sondern auch absolut (was für die Verlage gar nicht schön ist). Es ist wenig im Vergleich zu den Rückgängen im Tageszeitungsgeschäft (siehe erster Beitrag der Serie) und wenig im Vergleich zu anderen Erfolgsgeschichten wie dem Zuwachs des Streamings.

Fazit und Ausblick

Paid Content ist kein Erfolg. Man könnte die Entwicklung mit einer gewissen Schadenfreude beobachten. Schließlich sehen Journalisten gerne auf Blogger herab und bestätigen sich selbst, wie wichtig sie sind. Aber leider sind Blogs und Soziale Medien bisher tatsächlich kein Ersatz für guten Journalismus. Man kann an Journalisten viel kritisieren, beispielsweise die Konzentration auf Negativnachrichten, auf Spekakuläres oder die geringe Vielfalt im Hinblick auf das Herkunftsmilieu und die politische Ausrichtung.

Doch es bleibt die Tatsache, dass viele auch gute Arbeit leisten und die nicht so einfach von unbezahlten Bloggern und Hobbyautoren ersetzt werden können. Auch die Vergleichsportale, für die ich überwiegend arbeite, machen eine bessere Arbeit als Journalisten zugeben, bieten aber keinen vollwertigen Journalismus. Schließlich wird nur verglichen, wer auch bezahlt.

Deshalb finde ich die Frage nicht ganz unwichtig, wie Journalismus in Zukunft bezahlt werden kann. Staatliche Finanzierung, wie von vielen Journalisten gefordert, ist eine Schnapsidee. Wer das fordert muss sagen, wie er sich eine Kontrolle der Medien vorstellt, wenn Leser das nicht mehr über ihre Käufe tun. Durch die Politik? Gefährlich. Oder völlig Selbstverwaltung ohne Kontrolle? Auch gefährlich, schnell kann hier eine Art Meinungsmacher-Aristokratie entstehen.

In der kommenden Woche stelle ich deshalb ein paar Modelle vor, die mehr oder weniger innovativ sind. Wie bereits angekündigt erhalte ich von keinem Portal Werbeeinnahmen, Provisionen oder andere Vergünstigungen, es handelt sich also um meine ganz subjektive Ansicht.


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