Österreichs Faschismus • Beginn 4. März 1933

Diese Einführung soll eine ersten Einblick in die Zeit des Austrofaschismus geben: Der Begriff des Austrofaschismus ist zwar ein gängiger Begriff für die Zeit des österreichischen Faschismus von 1933-1938, doch historisch ist er nicht anerkannt, da Fahne des AustrofaschismusHistoriker einen eigenen Weg Österreichs nicht erkennen können, oder wollen. In Österreich selbst ist dieser Begriff offiziell weniger geläufig, da die Zeit vor dem Einmarsch deutscher Truppen 1938, historisch ungern als Zeit des Faschismus betrachtet wird, vielleicht um nicht erkennen zu müssen, dass die bereits erstellten Weichen ganz besonders leichten Zugang für die Nationalsozialisten bereiteten. Es geht hier auch nicht darum, Schuld von deutscher Seite auf die österreichische zu laden, sondern darauf, aufzuzeigen auf welche Strukturen die späteren nationalsozialistischen Machthaber bereits trafen und welch Gedankengut sich in weiten Teilen der Bevölkerung schon niedergeschlagen hatte. Erstmals als Faschismus wurde die Bewegung des Italienischen Diktators Benito Mussolini bezeichnet. Das Wort selbst entstand aus dem lateinischen Wort ‚fasces’ was ‚Rutenbündel’ heißt und das Symbol der faschistischen Partei Mussolini war. Die Wesentlichen Elemente dieser Bewegung waren:   ► Ein kooperatives System mit ständischer Organisation, im Parlament waren Vertreter aller Stände vertreten. ► Die Ideologische Verherrlichung von Gewalt ► Ausgeprägtes Nationalgefühl, Nationalismus ► An der Antike ausgerichteter Traditionalismus   Der Unterschied zu Italien waren die Merkmale des Austrofaschismus:   korporatives Wirtschaftsmodell mit ständischer Ordnung, ein Ständeparlament indem von jedem Stand Repräsentanten vertreten waren. angelehnt an Mussolinis Regime und die katholische Kirche (Klerikalismus), dadurch war der Austrofaschismus auch nicht sehr revolutionär, obwohl Faschismus eigentlich immer futuristische Eigenschaften hat. Dollfuß sehnte sich jedoch nach einem katholischen Renaissancestaat. ausgeprägtes National- und Selbständigkeitsgefühl, wodurch man den Anschluss ans Deutsche Reich verhindern wollte. autoritäres System, aber kein totalitäres System Es gab zwar eine Massenpartei, die Vaterländische Front, die aber keine wirkliche Massenbasis war. Das Ende der parlamentarischen Demokratie   Neben dieser Tatsache zeichnet sich auch eine Zunahme der zunächst geringen Zahl von Nationalsozialisten ab, die ab 1930 die Parteien Großdeutsche und Landbund eroberten.1931 lehnten die Sozialdemokraten ein Koalitionsangebot mit dem AustrofaschistenChristlichsozialen ab und gehen mit den Großdeutschen, die die bisherigen Regierungspartner der Christlichsozialen waren in die Opposition. 1932 befördert Bundespräsident Miklas den bis dahin wenig bekannten Landwirtschaftsminister Engelbert Dollfuß zum Staatskanzler und beauftragt ihn mit der Regierungsbildung. Die Regierungskoalition bestand im Endeffekt aus Christlichsozialen, Landbund und Heimatblock und verfügt nur über eine Stimme Mehrheit im Parlament. Das wirkt sich bei einer Sitzung des Nationalrats am 4. März 1933, die in einer Debatte um einen Eisenbahnerstreik gipfelt, letztendlich fatal aus. Da keine Einigung zustande kommt und auch Neuwahlen abgelehnt wurden, nützte Dollfuß diese Tatsache sofort aus und beruft sich auf das ‚Kriegswirtschaftliche Ermächtigungsgesetz’ und erließ von sich aus Verordnungen, welche bestehende Gesetze grundlegend änderten, übernahm also Befugnisse, die laut Verfassung nur das Parlament hatte. Außerdem löst er noch die kommunistische Partei auf und verbietet die mittlerweile auch in Österreich aufstrebende NSDAP und den Schutzbund, so schaltete er auch eine Konkurrenz aus und grenzte sich scharf von Deutschland ab. Um sich an die Seite Italiens Mussolinis zu stellen. Doch holte er sich noch einen Partner ins Boot der Diktatur, die katholische Kirche. Alle Gesetze der vorher regierenden Sozialdemokraten, die auf eine Trennung von Staat und Kirche bedacht waren, wurden aufgehoben, ja sie wurden noch verschärft. Kein Schüler konnte mehr das Abitur, in Österreich Matura, ablegen, wenn er nicht am Religionsunterricht teilgenommen hatte. Menschen, die der Katholischen Kirche nicht nahe standen, wurden nicht in den Staatsdienst aufgenommen. Der Klerus selbst bekam weitgehenste Rechte. Bücher die nicht dem kirchlichen Diktum entsprachen wurden aus den Bibliotheken entfernt, vor allen Dingen die von Freidenkern und Juden. Deshalb sprechen auch manche Historiker von einer ‚klerikalen’ Diktatur, ähnlich der faschistoiden Diktatur Portugals jener Zeit. In alle Bereiche drangen die diktatorischen Maßnahmen der Regierung, wirtschaftlich wurde Österreich sozusagen ‚abgeriegelt’, um der heimischen, am Boden liegenden Wirtschaft auf die Füße zu helfen, wurde der Außenhandel eingeschränkt, in manchen Bereichen lahm gelegt. Dass das nichts half, wurde zwar später bemerkt; doch setzte sich der Slogan ‚Österreichische Waren für Österreicher’ zeitweise durch. Die Diktatur Dollfuß´ zielte nicht auf Gleichschaltung ab, wie dann die Nationalsozialisten in Deutschland, hier sie implementierten ein Ständewesen, das wieder den Zünften großen Einfluss gewährte. Auch in Kunst und Kultur war alles rückwärts gerichtet, unterstützt wurde alles was Vorrevolutionär war; wobei hier nicht die Zeit vor dem ersten Weltkrieg gemeint war, sondern die Zeit vor Napoleon. Das Barocke Weltbild sollte entstehen. Die Stellung der Frau wurde neu definiert, es gab Frauenquoten für das Ablegen der Matura und zur Militanz im AustrofaschismnusStudienzulassung, sowie zu jeder besser qualifizierten Ausbildung. Auch in Österreich wurde das Bild der Frau und Mutter propagiert, doch hier kam noch die Komponente der gläubigen, dienenden Frau hinzu. Insgesamt zeichnete sich der Austrofaschismus durch diktatorisch verordnete Rückwärtsgewandtheit aus. In einer letzten Nationalratssitzung wurde am 30. April 1934 von den Abgeordneten der Vaterländischen Front ein Gesetz beschlossen, das die Regierung mit allen Befugnissen ausstattete, die zuvor Nationalrat und Bundesrat oblagen. Die Mandate der Sozialdemokraten wurden vor Zusammentreten des ‚Rumpfparlaments’ für erloschen erklärt. Die Vollendung stellte die austrofaschistische Verfassung dar, die am 1. Mai 1934, nicht zufällig an einem der wichtigsten Feiertage der niedergeschlagenen Arbeiterbewegung, erlassen wurde. Aus ‚Österreich ist eine demokratische Republik. Das Recht geht vom Volk aus.’ wurde in der neuen Verfassung: ‚Im Namen Gottes, des Allmächtigen, von dem alles Recht ausgeht, erhält das österreichische Volk für seinen christlichen deutschen Bundesstaat auf ständischer Grundlage diese Verfassung’. Die Staatsbezeichnung ‚Republik Österreich’ wurde durch ‚Bundesstaat Österreich’ ersetzt. Als wappenähnliches Emblem wählte der Staat das Krückenkreuz in Anlehnung an historische, mutmaßlich vor-habsburgische Symbole und in Abgrenzung zum Hakenkreuz der Nationalsozialisten. Doch auch die Gewalt kam nicht zu kurz. Im September 1933 ließ die Regierung mehrere so genannte ‚Anhaltelager’, zur ‚Umerziehung’ politischer Gegnerinnen und Gegner einrichten. Neben Sozialdemokraten, Sozialisten, Kommunisten und Anarchisten wurden dort nach dem eingesperrt. Am 11. November 1933 führte die Regierung Dollfuß die 1919 abgeschaffte Todesstrafe für Mord, Brandstiftung und ‚öffentliche Gewalttätigkeit durch boshafte Beschädigung fremden Eigentums’ wieder ein. Im Februar 1934 kam es zu gewalttätigen Unruhen der Arbeiter gegen das neue Regime, dieser letzte Arbeiteraufstand wurde brutal niedergeschlagen und gipfelte im Verbot der Sozialdemokraten Österreichs. Nach den Ereignissen des Februar 1934 wurde die Todesstrafe zudem auf das Delikt ‚Aufruhr’ erweitert. In standrechtlichen Prozessen hatten drei Richter drei Tage lang Zeit, einen Angeklagten entweder freizusprechen oder zum Tod durch den Strang zu verurteilen. Dauerte der Prozess länger als drei Tage, war nicht mehr das Verhaftung von Sozialdemokraten 1934Standgericht, sondern ein ordentliches Schwurgericht zuständig, das die Todesstrafe nicht mehr verhängen konnte. Die Bundesregierung sicherte sich die Möglichkeit, dem Bundespräsidenten Begnadigungen vorschlagen zu können und bewahrte auf diesem Weg mehrmals Personen, die den Christlichsozialen politisch nahe standen, vor der Todesstrafe. Die Gefängnisse und Lager füllten sich mit ‚unliebsamen’ Gegnern des politischen Zeitgeists. September 1934 erreichte die Anzahl der politischen Häftlinge, die in Anhaltelagern und Notarresten festgehalten wurden, 13.338. Insgesamt wurden rund 16.000 Österreicher aus politischen Gründen im Ständestaat inhaftiert. Bekannte Sozialdemokraten wurden hingerichtet. Im Juli 1934 versuchten die weitgehend im illegalen arbeitenden österreichischen Nationalsozialisten im sogenannten Juliputsch die austrofaschistische Regierung abzusetzen und die Macht an sich zu reißen. Zwar misslang der Putschversuch, aber sie ermordeten den Kanzler Engelbert Dollfuß. Ihm folgte der vormalige Justizminister Kurt Schuschnigg als Bundeskanzler. Auch dieser stand dem Nationalsozialismus und dem Anschluss an das Deutsche Reich kritisch gegenüber. Nur unter Druck schloss er 1936 das Juliabkommen mit dem Deutschen Reich, in dem er Zugeständnisse an die Nationalsozialisten machte, dafür aber von Adolf Hitler die Unabhängigkeit Österreichs zugesichert bekam. In der Folge wurden 17.000 österreichische Nationalsozialisten amnestiert. Als Vertrauensleute der Nationalsozialisten wurden Edmund Glaise von Horstenau als Minister ohne Portefeuille und Guido Schmidt als Staatssekretär im Außenministerium in das austrofaschistische Regierungskabinett aufgenommen. Des Weiteren wurde ein ‚Volkspolitisches Referat’ als Teilorganisation der Vaterländischen Front geschaffen, mit der man die illegale nationalsozialistische Opposition in die Partei eingliederte. Zahlreiche zuvor verbotene nationalsozialistische Zeitungen wurden legalisiert. Die Nationalsozialisten erhielten durch diese Entwicklungen zusehends Auftrieb und immer mehr Einfluss und Macht. Der Weg zum Einmarsch der deutschen Truppen in Österreich war gut geebnet, die Verfassung 1934 ÖsterreichRegierung leicht erpressbar durch Hitler und die Bevölkerung begrüßte die Deutschen jubelnd. Es macht oft den Anschein, als würde niemand in Österreich wissen, was bis zur Machtübernahme Hitlers in Österreich geschehen war. Niemand spricht darüber und es scheint fast so, als sei vom Februar 1933 bis zum März 1938 die Zeit stillgestanden. Dabei hat diese ‚Vorgeschichte’ zum Anschluss bereits viele Weichen in eine Richtung gestellt, die dann ungleich extremer von den Nazis weiterverfolgt wurde. Der Wahnsinn des NS-Terrors hat, in seinem ganzen politischen Gewicht, das selbstverständlicherweise mit ihm verbunden ist, das verdrängt, was fünf Jahre vor dem Anschluss passiert war. Im Februar 1933 wurde von den Christlich-Sozialen das Parlament der I. Republik Österreichs ausgeschaltet und eine faschistische Diktatur errichtet. Bis heute wird die These bemüht, dass dies eine Großtat der ‚österreichischen PatriotInnen’ war, ein notwendiger Akt, um den österreichischen Staat zu bewahren. Die Demokratie der I. Republik hätte sich als ohnmächtig erwiesen und auf die ‚vaterlandslosen Sozialisten’ und die linke Opposition im Allgemeinen sei ohnehin kein Verlass gewesen. Wer tatsächlich glaubt, 1933 seien die ‚österreichischen PatriotInnen’ an die Macht gekommen, irrt nicht nur, sondern verleugnet Tatsachen; sei es, um die eigene bedenkliche Vergangenheit zu schönen, oder nicht. Parteienverbote, Anhaltelager für politisch Andersdenkende oder fehlende Versammlungs- und Meinungsfreiheit sprechen ebenso wie die bereits begonnene Vertreibung von Menschen jüdischer Abstammung, etwa aus dem öffentlichen Dienst, eine deutliche Sprache.
Der Umgang mit Minderheiten im Austrofaschismus wir gesondert behandelt und folgt …
Vergleiche dazu in Deutschland:

➼  Wie alles begann: Grundstein für ein Terrorregime

➼  30. Januar 1933 · Beginn des Terrorregimes 

Bild 1: Fahne der austrofaschistischen Regimes – Quelle: wikimedia.org · Bild 2: Austrofaschisten – Quelle: aeiou.at · Bild 3: Junge Kämpfer – Quelle: nationalsozialismus.at · Bild 3: Verhaftung von Sozialdemokraten 1934 – Quelle. kurier.at · Bild 4: Verfassung 1934 – Quelle: wikimedia.org


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