Offshore-Leaks: Freiheit ist scheiße

Es hat wieder geleckt und dieses Mal geht es nicht um Kriegverbrechen, Botschaftsdepechen oder Indiskretionen aus dem Vatikan, dieses Mal ist es ein veritabler ein Milliarden-Kracher! Die Reichen und Superreichen der Welt legen ihr Geld nämlich nicht einfach dort an, wo sie es “verdienen” und entsprechend Steuern zahlen müssen. Sondern sie sind der Meinung, dass ihr Reichtum etwas besseres verdient hat als die schnöde Weiterverwertung in irgendeinem Staatswesen – wäre ja noch schöner, wenn die Reichen am Ende noch irgendwelche asozialen Hartzer für ihr sinnloses Nichtstun bezahlen müssten.

Strandszene in Tropical Islands, Brandenburg

Neulich in der Steueroase…

Dann legt man sich doch lieber an den Strand eines der vielen Steuerparadiese, in denen man seine Milliarden unauffällig versichern lassen kann. Natürlich lohnt sich das besonders, wenn der Reichtum nicht ganz legal erworben wurde – Waffen-, Drogen- oder Menschenhandel beispielsweise sind zwar ungeheuer lukrativ, aber in den meisten Staaten nicht so richtig legal. Gerade deshalb ist es so bemerkenswert, dass nicht etwa staatliche Ermittlungsbehörden auf das kriminelle System hinter dem “großen schwarzen Loch der Weltwirtschaft” gestoßen sind, sondern ein Netzwerk investigativer Journalisten (ICIJ), dem ein anonymer Hinweisgeber per Post eine Festplatte mit 260 Gigabyte Datensätzen geschickt hat – eine riesige Datenmenge, die in monatelanger Kleinarbeit von Computer-Forensikern analysiert und auswertbar gemacht wurde.

Die eigentliche Auswertung des Materials wurde dann auf zahlreiche Medien in aller Welt verteilt – beteiligt waren unter anderem die Washington Post, le Monde, The Guardian, die Süddeutsche Zeitung, der NDR und so weiter, insgesamt 86 Journalisten aus 46 Ländern. Natürlich ist die Recherche mit den derzeitigen Veröffentlichungen keineswegs abgeschlossen – die Frage bleibt allerdings, was sich durch diese Veröffentlichung von kriminellen Machenschaften internationaler Geldwäsche-Experten und ihrer illustren Klientel für die Zukunft ändern wird.

Meine Vermutung: Nichts.

Nachdem sich die vierte Gewalt jetzt ein paar Tage in ihrem schönsten Schein gesonnt hat, ergeht sie sich in originellen Forderungen, etwa, dass die Schwarzgeldsümpfe ausgetrocknet und Steuerparadiese unerreichbar gemacht werden müssten – die gemeinsame Party von Mittelständlern aus Deutschland, Oligarchen aus Russland mit Diktatoren aus Afrika und korrupten Politikern aus Südamerika (diese peinliche Aufzählung nationaler Klischees stammt ausgerechnet vom Norddeutscher Rundfunk) müsse mal vorbei sein.

Dabei ist es ja keineswegs so, dass Geldwäsche, Korruption, Steuerhinterziehung und so weiter nicht verboten wären – sonst hätten sich die kriminell Reichen und ihre engagierten Wirtschaftsberater nicht solche Mühe geben müssen, ein gigantisches Verschleierungssystem zu erfinden, um ihr Geld zu verstecken und gleichzeitig zu vermehren. Das Geld liegt ja nicht in der Schatztruhe unter dem Strand. Oder wie Heribert Prantl in einem lichten Moment geschrieben hat: “Die Steueroasen sind keine Schöpfungen Gottes, sondern des Finanzkapitalismus; Palmen und weiße Strände täuschen.”

Aber das wars dann auch schon wieder, natürlich hat auch Herr Prantl nichts gegen Reichtum an sich und sein Kollege Marc Beise sekundiert mit einem weiteren Kommentar, dass Reichtum allein nicht böse sei: “Wohlstand, auch großer Wohlstand ist ein Ergebnis von Freiheit. Wer sich anstrengt, wer einen Markt hat, wer erbt, wer einfach Glück hat, der darf reich sein. “

Allerdings, dass gibt der Autor zu, müsse der Reiche dann auch die Freiheit haben, sich an geltende Gesetze zu halten. Geld mit illegalen Geschäften, Waffen, Rauschgift, Korruption zu verdienen, das sei natürlich verboten und das müsse auch so bleiben. Ja, und Steuern zahlen muss man natürlich auch. Aber leider, leider sehen das nicht alle so. Aber genau deshalb müsste man an der Wurzel des Übels ansetzen: Beim Bewusstsein derer, die das Geld haben und verwalten.

Ausgerechnet!

Das sind doch genau die, die mit dem aktuellen Modell am besten fahren! Wenn es denn so dermaßen okay ist, auf Kosten der anderen dermaßen schweinereich zu werden, dann muss es doch auch okay sein, mit seinem Reichtum zu machen, was man will. Und reich werden, das ist nicht nur okay, sondern so ziemlich das Größte. Und am besten ist es, wenn man sich dafür nicht mal besonders anstrengen muss – wobei ja nicht gesagt ist, dass sich der afrikanische Diktator oder der russische Oligarch weniger anstrengen mussten, als der deutsche Mittelständler, der seine Angestellten immer wieder bei minimalem Lohn zur maximalen Leitung antreiben muss, damit genug Reichtum für ihn übrig bleibt, den er dann wiederum in einer Steueroase versickern lassen kann.

Reichtum, der sich in den Händen weniger Privatleute konzentriert, während viele gar nichts haben, ist eben doch böse. Ein Übel. Eine Schande. Da spricht keineswegs der Neid, sondern der gesunde Menschenverstand. Reichtum, der nur wenigen nützt, aber vielen schadet, weil sie zwar arbeiten müssen, um ihn zu schaffen, aber nicht davon profitieren können ist, selbstverständlich sehr viel schlechter als ein Reichtum, an dem alle teilhaben, die ihn schaffen.

Reichtum an sich ist eine tolle Sache, keine Frage – das Problem ist vielmehr, wem warum wie viel davon gehört. Warum soll nur reich sein dürfen, wer einen Markt hat, wer erbt und wer einfach Glück hat? Hat nicht jeder, der sich anstrengt, das Recht, seinen Anteil vom vorhandenen Reichtum abzukriegen? Und zwar nicht den Anteil, den ein mehr oder weniger knauseriger Arbeitgeber ihm zähneknirschend zugesteht, sondern eben den tatsächlich von dem jeweiligen Menschen geleistete Beitrag?! Wenn es mehr um die tatsächliche Anstrengung ginge und weniger um dieses ganze Gedöns, das mit dem Begriff “Freiheit” hochgejubelt wird, aber genau den gegenteiligen Zweck verfolgt, nämlich die Rechte der Leute an ihrem Anteil vom Kuchen per Privateigentum und Markt einzuschränken, dann wäre das Problem mit den Superreichen und ihren Steueroasen längst gelöst – es könnte beides gar nicht geben.



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