Offener Brief der afghanischen Zivilgesellschaft an den deutschen Bundestag

17. Juni 2011

Im Vorfeld der im Dezember 2011 in Bonn/Petersberg stattfindenden Afghanistan-Konferenz wenden sich führende Vertreter/innen der afghanischen Zivilgesellschaft in einem offenen Brief an die Abgeordneten des Deutschen Bundestages. Sie fordern darin u.a. mehr Transparenz der afghanischen Regierung bei den Verhandlungen mit den Taliban sowie einen besseren Zugang der afghanischen Zivilgesellschaft zu nationalen Entscheidungsprozessen.

In ihrem Brief äußert das Bündnis verschiedener zivilgesellschaftlicher Organisationen die Befürchtung, dass über Verhandlungen mit den Taliban die demokratischen Kräfte des Landes noch weiter an den Rand gedrängt werden könnten. Weite Teile der Zivilbevölkerung, insbesondere Frauen, sähen sich schon jetzt dadurch bedroht, dass Taliban-Sichtweisen im politischen Alltag Afghanistans immer stärker berücksichtigt werden.

Offener Brief der afghanischen Zivilgesellschaft an den deutschen Bundestag

Die Verfasser des Briefes erinnern die internationale Gemeinschaft zudem an ihre Verpflichtungen für Afghanistan und fordern sie auf, den Demokratisierungs- und Aufbauprozess im Land langfristig zu unterstützen. Die afghanische Politik müsse enger an den Bedürfnissen der Zivilgesellschaft nach Sicherheit und demokratischer Teilhabe ausgerichtet werden.

Der Brief ist das Ergebnis einer Zusammenkunft von Vertreter/innen der afghanischen Zivilgesellschaft, die von der Heinrich-Böll-Stiftung in Kabul initiiert und begleitet worden ist. “Es steht zu befürchten, dass die afghanische Zivilgesellschaft ein weiteres Mal von dem Vorbereitungsprozess und von der Bonner Konferenz zu Afghanistan selbst ausgeschlossen wird”, erklärt Barbara Unmüßig, Vorstand der Heinrich-Böll-Stiftung. “Die afghanische Zivilgesellschaft fordert zu Recht mehr Transparenz und Partizipation. Sie spielt, wenn es um die Zukunft Afghanistans geht, eine entscheidende Rolle. Ihre Stimmen müssen gehört werden – zuallererst von der afghanischen Regierung, aber auch von der internationalen Gemeinschaft. Dieser offene Brief versteht sich als Beitrag dazu.”

Verfasser des offenen Briefes sind u.a. zwei Dachverbände zivilgesellschaftlicher Organisationen, drei Frauenrechts- und drei Menschenrechtsorganisationen sowie eine unabhängige Tageszeitung. Es handelt sich dabei um langjährige Partner der Heinrich-Böll-Stiftung in Afghanistan. Sie repräsentieren weite Teile der afghanischen Zivilgesellschaft über ethnische, politische und regionale Grenzen hinweg.

Im Dezember 2011 treffen in Bonn Vertreter/innen der afghanischen Regierung mit den Außenminister/innen aus über 90 Staaten zusammen. Zehn Jahre nach Beginn der westlichen Intervention und des internationalen Afghanistan-Engagements soll hier die Zukunft Afghanistans für die Zeit nach dem Abzug internationaler Kampf- und Stabilisierungstruppen im Jahr 2014 diskutiert und beschlossen werden.

[Quelle: Heinrich Böll Stiftung]

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