Hallo Parteifreunde,
nach § 2 Abs. 1 Satz 1 Bundessatzung kann jede natürliche Person „Mitglied der Partei werden, wenn sie ….. die politischen Grundsätze und die Satzung der Partei anerkennt.“
Daraus folgt im Umkehrschluss, dass sie nicht Mitglied der Partei BLEIBEN kann, wenn sie die politischen Grundsätze und (oder die Satzung der Partei) NICHT mehr anerkennt oder wenn sich herausstellt, dass sie sie bereits bei der Aufnahme gar nicht anerkannt hat.
Satz 2 a. a. O. regelt, welches diese „politischen Grundsätze“ sind: „Zu den politischen Grundsätzen der Partei zählen insbesondere das Bekenntnis zum freiheitlichen, demokratischen und sozialen Rechtsstaat und die Bejahung der Grundrechte.“
Da sich Verfassungsfeinde kaum als solche outen werden (und sich häufig nicht einmal als solche begreifen), führt der Abs. 4 a. a. O. für eine Aufnahme in die Partei sozusagen eine (unwiderlegliche) Vermutung ein, wer ein solcher ist:
„Personen, die Mitglied einer extremistischen Organisation sind, können nicht Mitglied der Partei sein. Als extremistisch gelten solche Organisationen, welche in einer vom Bundesvorstand beschlossenen und den Gliederungen übermittelten Unvereinbarkeitsliste [UVL] aufgeführt sind.“
Soweit mir bekannt, wird bei der Aufnahme in die Liste die Bewertung der Verfassungsschutzämter zugrunde gelegt. Im Ergebnis führt also die Einstufung einer Organisation durch den Verfassungsschutz (VS) als „extremistisch“ zum Ausschluss von einer Mitgliedschaft in unserer AfD.
Das ist auch sachgerecht, weil der VS als staatliche Behörde nach pflichtgemäßem Ermessen zu handeln hat und die betroffene Organisation oder Person die Möglichkeit hat, sich dagegen juristisch zur Wehr zu setzen. Tut sie das nicht, dürfen (und können nur) sich alle mittel- und unmittelbar Betroffenen (wie z. B. Partei, Medien, Arbeitgeber) an der Entscheidung des VS orientieren.
Die VS-Listen dürften Organisationen enthalten, die sich gar nicht juristisch gegen ihre VS-Einstufung gewehrt haben und andere, die erfolglos den Rechtsweg dagegen beschritten haben. Diejenigen, die geklagt und obsiegt haben (wie z. B. die Partei „Die Republikaner“), erscheinen logischer Weise nicht mehr auf den VS-Listen und dem entsprechend auch nicht in der UVL der AfD und stehen einer Parteimitgliedschaft nicht entgegen.
Für den vorliegende Zusammenhang zusammengefasst: Organisationen, die vom VS als „extremistisch“ eingestuft wird und sich juristisch nicht dagegen wehren, werden von der AfD als extremistisch betrachtet - und alle Mitglieder dieser Organisationen ebenfalls.
Natürliche Personen erscheinen wohl nicht auf den VS-Listen, und keineswegs ist jemand schon dadurch als Extremist eingestuft, dass er vom VS observiert wird (ein Beispiel ist der damalige bayerische AfD-Landesvorsitzende und heutige MdB Petr Bystron).
Jedoch hat unsere AfD zwei Parteimitglieder, die vom Verfassungsschutz ausdrücklich und öffentlich als „Rechtsextremisten“ bezeichnet wurden, nämlich Björn Höcke und Andreas Kalbitz. Eine diesbezügliche Äußerung hat Thomas Haldenwang, Präsident des Bundesamtes für Verfassungsschutz, auf einer Pressekonferenz (PK) am 12.03.2020 gemacht. Anlass war die Einstufung der informellen AfD-Parteigliederung „Der Flügel“ als „erwiesen extremistische Bestrebung“ (Min. 9:05 in diesem Video der PK).
Höcke und Kalbitz wurden aber nicht wegen ihrer „Mitgliedschaft“ im „Flügel“ als Extremisten bezeichnet. Vielmehr wurde deutlich, dass genau umgekehrt der „Flügel“ insbesondere wegen des angeblichen Extremismus von Höcke und Kalbitz so bewertet wurde (Min. 9:22 ff; meine Hervorhebungen):
"Es ist Tatsache, dass entsprechende Verstöße gegen Merkmale der freiheitlich-demokratischen Grundordnung - Menschenwürde, Demokratie und Rechtsstaatsprinzip - konstatiert werden können. Es ist Tatsache, dass ein signifikanter Bedeutungszuwachs der maßgeblichen Träger der extremistischen Bestrebungen im 'Flügel' - NAMENTLICH DIE PROTAGONISTEN BJÖRN HÖCKE UND ANDREAS KALBITZ - gegeben ist. BEIDE PERSONEN SIND RECHTSEXTREMISTEN."
Der Extremismus-Begriff des VS meint die aktive Bekämpfung der Verfassung; „Extremisten“ sind also VERFASSUNGSFEINDE (meine Hervorhebung):
„Extremismus/Radikalismus
Die Verfassungsschutzbehörden unterscheiden zwischen „Extremismus“ und „Radikalismus“, obwohl beide Begriffe oft synonym gebraucht werden. Bei „Radikalismus“ handelt es sich zwar auch um eine überspitzte, zum Extremen neigende Denk- und Handlungsweise, die gesellschaftliche Probleme und Konflikte bereits „von der Wurzel (lat. radix) her“ anpacken will. Im Unterschied zum „Extremismus“ sollen jedoch weder der demokratische Verfassungsstaat noch die damit verbundenen Grundprinzipien unserer Verfassungsordnung beseitigt werden. So sind z. B. Kapitalismuskritiker, die grundsätzliche Zweifel an der Struktur unserer Wirtschafts- und Gesellschaftsordnung äußern und sie von Grund auf verändern wollen, noch keine Extremisten. Radikale politische Auffassungen haben in unserer pluralistischen Gesellschaftsordnung ihren legitimen Platz. Auch wer seine radikalen Zielvorstellungen realisieren will, muss nicht befürchten, dass er vom Verfassungsschutz beobachtet wird, jedenfalls nicht, so lange er die Grundprinzipien unserer Verfassungsordnung anerkennt. Als extremistisch werden dagegen die Aktivitäten bezeichnet, die darauf abzielen, die Grundwerte der freiheitlichen Demokratie zu beseitigen.“
Auf Basis der einleitend zitierten Passagen der AfD-Bundessatzung sollte es eigentlich jedem klar sein, dass die AfD eine Mitgliedschaft von Personen, die vom Verfassungsschutz ausdrücklich als Rechtsextremisten eingestuft werden, beenden muss - wenn diese sich nicht erfolgreich gerichtlich dagegen wehren.
Vorliegend hat der BuVo jedoch ausschließlich einen der beiden Betroffenen zur Klageerhebung aufgefordert, und dabei ging es NICHT um die soeben zitierte Einstufung als „Rechtsextremist“ (also Verfassungsfeind), sondern um die eher formale Frage, ob Andreas Herrn Kalbitz Mitglied der extremistischen Organisation „Heimattreue deutsche Jugend“ (HdJ) war. Dies war in einem Gutachten des Verfassungsschutzes behauptet worden, das den Medien (wohl unmittelbar im Anschluss an die Haldenwang-PK) zugespielt wurde. Diese Mitgliedschaft hat er bisher bestritten und daher zweifellos auch nicht in seinem Mitgliedsantrag angegeben. Würde sich eine solche Mitgliedschaft bestätigen, hätte sie nach Ziff. 6 a. a. O. eine semi-automatische Auflösung seiner AfD-Mitgliedschaft zur Folge.
Diese Reaktion war zwar richtig. aber nicht ausreichend.
Dass darüber hinaus der „Flügel“ zu seiner Selbstauflösung aufgefordert wurde und dieser Aufforderung inzwischen wohl auch nachgekommen ist, tut im vorliegenden Zusammenhang nichts zur Sache. Sicher dürften dem VS auch bei weiteren „Flügel“-„Mitgliedern“ Anhaltspunkte oder Beweise für Rechtsextremismus vorliegen, welche die Einstufung dieser „Organisation“ insgesamt als rechtsextremistisch stützen. Aber zentral dafür war offenbar die Einstufung von Höcke und Kalbitz (wobei der Schwerpunkt der Aussagen auf Höcke lag). So sagt etwa der VS-Mitarbeiter Joachim Seeger in dieser PK (Min. 14:35 ff.; meine Hervorhebung):
"Worauf fußt unsere Entscheidung, den 'Flügel' nach der Erhebung zum Verdachtsfall im Januar 2019 nunmehr als erwiesen extremistische Bestrebung einzustufen? Das heißt: Was führte zu dem Schluss, dass sich die bisherigen verfassungsfeindlichen Anhaltspunkte zur Gewissheit verdichtet haben. Wir haben bei unserer Prüfung verschiedene Verdichtungsindikatoren näher betrachtet und deren Vorliegen festgestellt. Insbesondere den Bedeutungszuwachs der Hauptprotagonisten Höcke und Kalbitz und die organisatorische Weiterentwicklung des 'Flügel' generell."
Diese beiden Betroffenen waren nicht nur die Anführer des „Flügels“; sie sind auch Landesvorsitzende der AfD in den Bundesländern Thüringen (Höcke) und Brandenburg (Kalbitz). Bei dieser Sachlage sollte eigentlich jedem verständigen Menschen klar sein, dass die AfD nicht nur im Ansehen der Öffentlichkeit ein Problem hat, sondern vor allem auch juristisch ein solche bekommen kann, d. h. der VS könnte die AfD insgesamt als rechtsextremistisch einstufen. Es ist sogar denkbar, dass ausgerechnet die Auflösung des „Flügel“ diese Gefahr noch vergrößert statt beseitigt hat. Dieser Aspekt muss hier nicht weiter erörtert werden. Wohl aber muss sich die Partei z. B. folgende Meldung vom 25.03.2020 zur Warnung dienen lassen:
„Thüringens Verfassungsschutzchef Stephan Kramer hat die angekündigte Auflösung der AfD-Vereinigung „Flügel“ als Täuschungsmanöver eingestuft. „Das ist eine Nebelkerze“, sagte Kramer am Mittwoch der Nachrichtenagentur dpa in Erfurt. „Viel wichtiger ist doch, ob sich die Partei vom Flügel tatsächlich distanziert, der Beobachtungsobjekt des Verfassungsschutzes ist. Davon ist bisher nicht sehr viel zu sehen.“
Zwar würde eine „Distanzierung“ vom „Flügel“ ins Leere gehen, nachdem dieser nicht mehr existiert. Gemeint ist aber zweifellos, dass sich die AfD von rechtsextremistischen Tendenzen distanzieren müsse, wie sie bislang (nach Meinung des VS) im „Flügel“ verkörpert waren. Und das bedeutet natürlich auch, dass die AfD hochgradig gefährdet ist, wenn sie in hohen Funktionen (wie eben z. B. als Landesvorsitzende) toleriert, die gewissermaßen „behördlich zertifizierte Rechtsextremisten“ sind.
Die AfD hat einen doppelten Grund, in dieser Sache aktiv zu werden:
- ·Einen sachlichen Grund, weil sie selber aus Überzeugung als verfassungstreue Partei versteht und Bestrebungen ablehnt, die sich gegen die freiheitlich-demokratische Grundordnung (FDGO) richten.
- ·Und einen sozusagen „opportunistischen“ Grund, weil die Duldung von Rechtsextremisten in der Partei ihre gesamte Existenz gefährdet (ggf. Einstufung als „Beobachtungsfall“ durch den VS mit der Folge von massiven Ansehens- und Mitgliederverlusten, evtl. sogar Verbotsverfahren).
Der BuVo handelt PFLICHTWIDRIG, wenn er nicht dafür sorgt, dass die Stellung der Herren Höcke und Kalbitz zum Grundgesetz GERICHTLICH GEKLÄRT wird.
Daher fordere ich den AfD-Bundesvorstand auf
- Ein Parteiausschlussverfahren (nachfolgend: PAV) gegen die Mitglieder Björn Höcke und Andreas Kalbitz einzuleiten.
- Den beiden Betroffenen eine einmonatige Frist zum Nachweis einer Klageerhebung gegen ihre Einstufung als Rechtsextremisten durch den Verfassungsschutz zu setzen (also den VS auf Widerruf bzw. Unterlassung zu verklagen). Bei fristgemäßem Nachweis ruht die Pflicht des BuVo zur Einleitung eines PAV bis zum endgültigen Ende des jeweiligen Rechtsstreits.
- Bei einem endgültigen Unterliegen eines Mitgliedes ein PAV einzuleiten.
Die Bewertung durch den VS setze ich nicht absolut. Im Gegenteil verkenne ich nicht, dass gravierende Indizien für ein parteipolitisch (sozusagen „Blockparteien vs. AfD“) motiviertes Vorgehen des VS vorhanden sind. Das hatte ich bereits am 13.03., also unmittelbar nach der PK, in meinem Blogpost „Verfassungsschutz en marche: Deutschland auf dem (Rück-)Weg vom Normenstaat zum Maßnahmenstaat?“ konstatiert.
Aber der einzige Weg, diese Frage zu klären, ist eine Klage seitens der Herren Höcke und Kalbitz persönlich gegen den VS auf Feststellung, das ihre Einstufung als „Rechtsextremisten“ und somit als Verfassungsfeinde unberechtigt war.
Eigentlich ist es überraschend, dass diese Beiden eine solche Klage nicht längst schon von sich aus erhoben haben. Doch schiebe ich die im Hintergrund ihr hässliches Haupt erhebende Überlegung beiseite, dass die beiden „Halbe“ sein könnten, denen es an Mut zu einer solchen Klage gebricht. Oder gar feige, ehrlose, unpatriotische und unsolidarische Bettnässer, die sich hinter der Partei verkriechen und lieber ein Scheitern dieser letzten evolutionären Chance für Deutschland riskieren, als sich persönlich sozusagen in schimmernder Wehr gegen diese (aus ihrer Eigensicht doch zweifellos falschen) Anschuldigungen zur Wehr zu setzen.
Nein: So ist es gewisslich NICHT! Die beiden Herrschaften haben ganz einfach noch nicht daran gedacht, dass sie juristisch gegen den VS vorgehen können. Und dass sie das sogar MÜSSEN, wenn ihnen an einer gedeihlichen Weiterentwicklung unserer AfD etwas gelegen ist. Solche politischen Aspekte erschließen sich halt nicht jedem auf Anhieb, und nicht einmal das Bismarck-Bild an der Wand bietet eine verlässliche Gewähr dafür, dass Ottos Geist über seinen Aufhänger kommt.
Dem BuVo kommt es daher zu, diese beiden Herrschaften sozusagen zu „nudgen“, um sie auf den Pfad der Solidaritäts-Tugend zu führen. Denn Solidarität kann keine Einbahnstraße sein; wer sie von seinen Parteifreunden einfordert, muss sich selber ihrer würdig erweisen. Und sich SELBER von einem behördlich und öffentlich erhobenen Vorwurf der VERFASSUNGSFEINDSCHAFT reinigen.
Lieber BuVo: Ihr könnt tausend Kampagnen „Gemeinsam für das Grundgesetz“ führen. Oder die dafür aufgewendeten Gelder direkt im Papiermüll entsorgen, wenn ihr nicht bereit seid, hier für eine abschließende und verbindliche juristische Klärung zu sorgen, ob diese beiden Personen nun Rechtsextremisten sind oder nicht!
Von daher kann man es momentan eigentlich nur begrüßen, dass die Demokratiehasser von FAZ, FOCUS, Handelsblatt, SPIEGEL und WELT unser Inserat nicht abgedruckt haben. (Gleichwohl wäre es interessant, welche anderen Blätter es denn akzeptiert haben: Der Berliner Narrenspiegel? Der Münchener Alpen-Stürmer? Das Hamburger STAR-Magazin für die Tagebuchliteratur des adolfinischen Zeitalters?)
Solange konträre FAKTEN im Raum stehen, sind bloße WORTE nicht glaubwürdig,. Da helfen nur überzeugende TATEN; diese herbeizuführen, ist EURE PFLICHT UND SCHULDIGKEIT!
In zeitlicher Hinsicht muss der BuVo die Regelung des § 7 Abs. 5 der Bundessatzung im Auge behalten. Danach gilt für PAVn eine „Ausschlussfrist von 6 Monaten. Sie beginnt, sobald der Vorstand von den maßgeblichen Umständen Kenntnis erlangt.“
Frühestmöglicher Zeitpunkt dieser Kenntniserlangung war die Pressekonferenz vonBundesverfassungsschutzpräsident Thomas Haldenwang vom 12.03.2020.
Im Übrigen gehe ich davon aus, dass bei einer Fristsetzung zur Klageerhebung durch den BuVo an die beiden Betroffenen diese Ausschlussfrist neu zu laufen beginnt. (Und zwar mit dem ggf. ergebnislosen Ablauf der Monatsfrist bzw. mit einem evtl. endgültigen Unterliegen eines Betroffenen in seinem Rechtsstreit).
Mit alternativen Grüßen
Burkhardt Brinkmann (Mitgliedsnr. xxxx)
87645 Schwangau
Postskriptum:
Nachdem wir ja mittlerweile alle mit Corona im Bett liegen und ein dringendes Verlangen nach erbaulicher Lektüre haben , wäre es m. E. angezeigt, dass der BuVo den Leitantrag zum AfD-Rentenkonzept, der bisher nur an die Delegierten des (mittlerweile abgesagten) Offenburger BPT verschickt wurde, nunmehr ALLEN Parteimitgliedern zukommen zu lassen. Denn wir verstehen uns doch als basisdemokratische Partei, und das setzt natürlich voraus, dass die Mitglieder auch informiert sind, um debattieren zu können.
Selbst wenn der Antrag nicht in dieser Form auf unserem Sozialparteitag eingebracht werden sollte, ist er zumindest ein Zwischenergebnis und eine Diskussionsgrundlage für die Basis.