Obdachlose in Deutschland

obdachlos-300x199“Wer auf der Straße lebt, der macht das nur weil er es will. In Deutschland muss nie­mand auf der Straße leben wenn er das nicht will.” So lau­tet oft das Gegenargument sobald die Obdachlosenpolitik kri­ti­siert wird. Ist das so? Richten wir unse­ren Blick auf die am Rande der Gesellschaft leben­den.

von Freeleo

Am Rande der Gesellschaft – ja, einer­seits leben die Obdachlosen am Rande der Gesellschaft. Ihnen bleibt eine warme Bleibe samt sozia­len Kontakten ver­wehrt. Andererseits leben sie mit­ten in unse­rer Gesellschaft. In der städ­ti­schen Fußgängerzone bei­spiels­weise gehö­ren sie fast schon zum Stadtbild. Ein Obdachloser das ist nichts beson­de­res, sel­te­nes. Über die­sen Umstand mag sich kaum noch jemand empö­ren und die­je­ni­gen, die ihr Gewissen rein­wa­schen wol­len, wer­fen ein paar Münzen in den Spendebeutel.

Bundesamt erhebt keine Obdachlosenzahlen

“Obdachlos”: Das sind die­je­ni­gen die auf der Straße leben und nicht haben – nicht ganz. In der Juristensprache hat “obdach­los” die Bedeutung “nicht-sesshaft, ohne feste Bleibe”. Laut Bundessozialhilfegesetz sind Obdachlose “Personen, deren beson­dere soziale Schwierigkeiten der Teilnahme am Leben in der Gemeinschaft ent­ge­gen­ste­hen.”

Hält man sich dann die­sen Terminus, sind nicht nur die 22.000 Menschen, die 2010 ohne jede Unterkunft auf der Straße gelebt haben, obdach­los son­dern auch alle die­je­ni­gen, die woh­nungs­los sind. Wohnungslos ist, wer nicht über einen miet­ver­trag­lich abge­si­cher­ten Wohnraum ver­fügt, sprich in Notunterkünften, Asylantenheimen, Anstalten, Frauenhäusern etc. lebt. Die Zahl der Obdachlosen geläuft s ich somit auf ca. 250.000. Leider sind nur Schätzungen mög­lich, da es keine Bundesstatistiken zu Obdachlosenzahlen gibt. Lediglich das Land Nordrhein-Westfalen führt seit den 60er Jahren eine Obdachlosenstatistik

Junge Obdachlose

Mehr als die Hälfte der Obdachlosen ist zwi­schen 20 und 39 Jahre alt. Seit Beginn der neun­zi­ger Jahre ist dabei die Zahl der 18- bis 25jährigen Obdachlosen am stärks­ten gewach­sen. Aber auch Frauen sind immer öfter von Obdachlosigkeit betrof­fen: Lag ihr Anteil zwi­schen 1985 und 1990 nur bei zehn Prozent, ist er inzwi­schen auf 40 Prozent gestie­gen. Besonders häu­fig betrof­fen sind dabei allein­er­zie­hende Frauen. Bei den Männern sind 90 Prozent part­ner­los.

Spirale in die Obdachlosigkeit

Für Aufsehen sorgte der inves­ti­ga­tive Journalist Günter Wallraff, der sich im Winter 2008/2009 auf die köl­ner Straßen begab und als Obdachloser lebte. Er lernte viele Menschen ken­nen, die schon seit Jahren auf der Straße leben, lernte schnell die Regeln der Straße ken­nen. Eine zum Beispiel lau­tet “sei nie­mals allein unter­wegs”. Allein ist man schutz­los gegen Schläger und man wird leich­ter beklaut. In sei­nen Recherechen und Gesprächen wurde immer wie­der ein ähn­lich Schicksal der auf der Straße leben­den Menschen sicht­bar: Job weg, Frau weg, Wohnung weg, Alkohol. Diese vier Schritte gehen manch­mal ganz schnell und wer erst ein­mal an der Flasche hängt, der hat es sehr der Obdachlosikeit zu ent­flie­hen. Aber auch die­je­ni­gen, die nicht an der Flasche hän­gen, haben es nicht unbe­dingt ein­fa­cher. Wer kei­nen fes­ten Wohnsitz hat, bekommt keine Hilfe von Vater Staat. OFW – Ohne fes­ten Wohnsitz.

Bei 37,5 Prozent der Obdachlosen liegt der Wohnungsverlust in der Trennung oder Scheidung vom Partner begrün­det. 21,5 Prozent leben auf­grund des Auszuges aus der elter­li­chen Wohnung auf der Straße. Etwa 10 Prozent flie­hen vor (meist sexu­el­ler) Gewalt. Weitere Faktoren, wie zum Beispiel Mietschulden, sind ein häu­fi­ger Grund vor allem für Männer, in die Obdachlosigkeit zu fal­len.

Leben auf der Straße macht krank

Das Leben auf der Straße, ohne in irgend­ei­ner Weise abge­si­chert zu sein, macht krank. Dies belegt eine empi­ri­sche Studie aus dem Jahr 1998, in der fest­ge­stellt wurde, dass 50 Prozent der in Unterkünften unter­ge­brach­ten Obdachlosen psy­chisch krank sind. 77,9 Prozent hat­ten in ihrem Leben schon ein­mal eine Psychose oder eine ernst zu neh­mende psy­chi­sche Erkrankung.

Alkoholentzug & sozia­len Wohnungsausbau als Lösungen

Gerade die Alkohol- und Drogenabhängigen haben beson­ders schlechte Aussichten gehol­fen zu wer­den. Die müßi­gen Behördengänge samt den lan­gen aus­zu­fül­len­den Anträge sind für viele nicht zu meis­tern. Hinzu kommt der “OFW-Status”, wel­cher den Obdachloser erhin­dert an soziale Gelder zu gelan­gen. Den Obdachlosen wäre hier­bei wohl am ein­fachs­ten gehol­fen, wenn in neue soziale Wohnungen inves­tiert würde. Gäbe man den Obdachlosen ein Dach über den Kopf, so ver­lö­ren sie ihren “OFW-Status”, wür­den Gelder erhal­ten. Dies wäre wohl ein effi­zi­en­tes Mittel um die Obdachlosen von ihrem Stigma zu befreien. Kein Obdachloser müsste mehr abwä­gen ob er in einem muf­fi­gen, schim­me­li­gen Heimplatz oder unter freiem, aber gefähr­li­chen Himmel über­nach­ten möchte.

Zugegebenermaßen: Einfach in neuen sozia­len Wohnungsbau zu inves­tie­ren – das allein reicht wohl nicht. Erst wenn die Menschen, die jah­re­lang auf der Straße zu hause waren, ihre Würde in den eige­nen vier Wänden zurück­er­obern, kön­nen sie wie­der in die Gesellschaft inklu­siert wer­den.

Es gibt sicher viele Wege den Obdachlosen unter die Arme zu grei­fen, doch in der Realität sieht es so aus, dass es keine Lobby für Obdachlos gibt. Obdachlose  – das ist ohne­hin ein Tabuthema in Deutschland. Dieses Problem wird baga­tel­li­siert und wenn man in der Innenstadt doch ein­mal mit der Obdachlosigkeit kon­fron­tiert wird, wird weg­ge­schaut – oder aber man befreit sich von dem schlech­ten Gewissen und spen­det einige Münzen. Ganz egal, zu wel­cher Entscheidung man neigt, gehol­fen wird dem Obdachlosen nur kurz­fris­tig. Um aller­dings lang­fris­tig den Menschen auf der Straße zu hel­fen, bedarf es an poli­ti­schen Diskussionen, das Schweigen des Tabuthemas müsste erst ein­mal gebro­chen wer­den!

[Über­nahme von: Die Freiheitsliebe]


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