Niveau-Klatsch @ Tanzritual

Niveau-Klatsch @ Tanzritual

Die Vögel zwitschern und die Bäume rascheln. So beschaulich stellt sich der Großstädter das Saarland vor. Viel Grün und beruhigende Stille. Doch das Saarland hat noch so viel mehr zu bieten. Bester Beweis war das Tanzritual Festival 2015. In Landsweiler Reden im ehemaligen Bergwerk wurde das nötige Ambiente zu diesem Festival gegeben. Dennoch war der Weg dorthin gespickt mit Landstraßen und dem ein oder anderen großen Fragezeichen über dem Kopf: „Sind wir hier wirklich richtig?". Kaum in die Straße eingebogen, wurde man von einem Plakat mit der Aufschrift „Tanzritual Festival" begrüßt. Ein Parkplatz war auch ziemlich schnell gefunden. Vielleicht zu schnell? Meistens passiert es, dass freitags um 15 Uhr noch manch einer arbeitet und später dazu kommt.
Auf dem Festival angekommen, konnte man an den Bierstand nicht vorbei gehen, ohne sich ein kühles Getränk zu genehmigen. Auch wenn die Personenanzahl noch nicht so hoch war, freuten sich die Leute auf ein elektrolastiges Festival. Dieses wurde auch direkt mit einem delikaten Elektro Chop Suey eingeleitet. Blutkraft schmetterten die Beats nahezu heraus. Kombiniert mit feinen Gitarren und abgerundet mit Seifenblasen. Die kleine Menge hatte Spaß und tanzte teilweise ausgelassen zu den harten Klängen. Deftiger Einstieg in das Festival, ... so wie es sich gehört. Elektronisch ging es weiter mit Desastroes. Ein wenig sanfter und harmonischer konnten die Besucher sich entscheiden, ob sie tanzen oder den Gig genießen wollten. Auch wenn die Besucherzahl gering war, schafften es Desastroes, ihre positive Energie auf das Publikum zu übertragen.

Neben zwei elektronischen Bands wurde es Zeit für mittelalterliche Klänge. Diese wurden von Faey geliefert. Mit mittelalterlichen Texten und der aufkommenden Sonne versprühten sie eine melodische Atmosphäre, in der sich der Besucher komplett verlieren konnte. Die Bands hatten auf dem Tanzritual keine leichte Aufgabe. Aufgrund der sehr überschaubaren Anzahl an Besuchern war es schwer, das passende Festival Feeling aufkommen zu lassen. Da nutzten auch die Bemühungen der Bands und einigen Besuchern nicht aus. Dennoch spürte man, dass die Bands dennoch Spaß an ihren Auftritten hatten und die leidenschaftlichen Fans waren ihnen auch sehr dankbar. So auch bei dem nachfolgenden Gig von Centhron. Von Anfang an waren die Herren sehr präsent und waren voller Elan dabei den Zuschauern brachialen Elektrosound zu liefern. Dies funktionierte prächtig. Es wurde getanzt und mitgebrüllt was die Stimmbänder hergaben. Natürlich durften auch hier die Tänzer nicht fehlen. Auch mit wenigen Leuten war der Spaß im Vordergrund.

Vorteil bei einer solchen geringen Anzahl an Besuchern: Eine Menge Platz zum Tanzen. Centhron haben es sich zur Aufgabe gemacht, auch den letzten Besucher in Feierlaune zu versetzen und dies schafften sie auch. Ziel erreicht und Spaß dabei gehabt, so wie es auch sein sollte. Schneller als gedacht musste Centhron die Bühne frei machen für den nächsten Act. Zeit genug, um sich auch mal in der Verkaufshalle umzusehen. Leider recht übersichtlich mit vier Verkaufsständen und einem „Mittelaltermarkt" bestehend aus drei Ständen war die Shopping Tour schnell vorbei. Ein wenig zu schnell. So konnte man sich anschließend noch eine Kleinigkeit zu Essen holen. Auch hier machte sich die geringe Besucherzahl bemerkbar. Kein langes Anstehen. Dennoch versprühte es einen fauligen Beigeschmack.

Psyche versuchten, mit sanften und leichten Klängen die Fans zu erden, ehe der Headliner die Bühne rocken sollte. Psyche spaltete die Besucher. Die einen fanden diese sanfte Pause perfekt, während andere noch auf Party gebürstet waren und verzweifelt versuchten, zu tanzen. Manch modebewusster Besucher ging in die Halle, um der Modenschau von Ponyklau beizuwohnen. Ein wenig erschreckend: die Show dauerte nur 10 Minuten und schien allgemein ziemlich unorganisiert zu sein. Da wäre eine andere Attraktion vielleicht besser gewesen. Vielleicht noch eine zusätzliche Lesung von Christian Von Aster?

Ebenso Festivalmerch war nicht zu finden, dabei hätte sich gerne der ein oder andere ein Shirt mit nach Hause genommen. Die Tanzwütigen sollten aber bald Erlösung finden, denn die Herren von Die Krupps gaben sich in ihrer „Metal Machine Music" Tournee die Ehre, auch einen Abstecher ins Saarland zu machen und das Tanzritual Festival zu rocken. Auch wenn die leichte Enttäuschung anzusehen war (wegen der Besucherzahl) brachen sie mit Crossfire das Eis und hinterher hatten alle Spaß an dem Konzert. Neben ihren neuen Tracks bedienten sie auch die Fans der alten Songs mit „To The Hilt" oder „The Machineries Of Joy". Auch hier hämmerte Jürgen Engler auf sein Stahlofon ein und Die Krupps boten eine Show, die niemand so schnell vergessen wird. Um 22 Uhr war der erste Tag vorbei und so verstreute sich die kleine Schar auf das Saarland. Entweder in die Halle zur Aftershow Party oder in ihr Domizil, um sich für den zweiten Tag zu wappnen.
Am zweiten Tag hoffte man auf mehr Besucher. Schließlich war nun Samstag und mehr Leute hatten frei. Bei Mystigma um 12 Uhr war klar, es werden nicht viele Besucher zugegen sein. Ob es an der allgemein geringen Anzahl lag oder an der musikalischen Leistung Mystigmas sei erst einmal dahingestellt. Als die Sonne sich doch noch einmal blicken ließ, wurde es Zeit für die melodische Klängen von Seelennacht. Sie verzauberten mit ihren rhythmischen Beats, melodischem Gesang und mit tanzbarem Elektrosound. Dies kam gut bei den Besuchern an und niemand störte sich mehr daran, dass es doch weniger war als gedacht. Der Gig war ein voller Erfolg und so konnten Seelennacht noch weitere Fans auf dem beschaulichen Tanzritual für sich gewinnen.

Danach ging es direkt weiter mit Equatronic. Mit rockigem Sound kamen auch die Fans der härteren Klänge auf ihre Kosten. Ein wenig leiden musste die Band Still Patient?. Ausgerechnet bei ihren Auftritt hat Petrus beschlossen, die Schleusen zu öffnen und einen wahren Sturzbach zu produzieren. So mussten sie ihren Gig vor einer Hand voll Besuchern spielen. Es kann gesagt werden: an der musikalischen Leistung lag es nicht, dass der Auftritt ins Wasser gefallen ist. Erst als das Wetter besser wurde, lockerte sich die Stimmung auf. Dennoch spielten Still Patient? ihre Tracks und konnten durch ihre Musik die Schar verzücken.

Genau das gleiche hatten auch The Eternal Afflict vor. Bei besserem Wetter versammelten sich auch mehr Zuschauer vor die Bühne. Es konnte gut getanzt werden und die Stimmung lockerte sich auch endlich wieder ein wenig auf. Musikalisch boten sie feinsten Elektro Wave Sound und rissen die Fans mit. Durch die familiäre Atmosphäre auf dem Gelände ließen es sich die Bands nicht nehmen, sich auch unter die Besucher zu mischen und mit ihnen zu feiern. So hatte es doch Vorteile, dass die Veranstaltung klein ausgefallen ist. Doch ein Highlight ließ nicht lange auf sich warten und so freuten sich die Fans auf Frozen Plasma. Ein wenig skeptisch blickten die Herren schon drein als sie die „Menge" sahen. Dennoch zogen sie ihr Programm professionell durch. Zunächst ein wenig steif, aber als immer mehr Leute kamen und auch tanzten kamen sie in Stimmung und hatten sichtlich Spaß an ihrem Auftritt. Zwischenzeitlich gab es zwar kleine Sticheleien, aber dennoch hatten sie Freude auch vor einer kleinen Schar Fans zu spielen. Immerhin bot dies eine Chance, ein wenig Schabernack zu treiben zwischen ihren elektronisch harmonischen Klängen.

Spätestens bei „Tanz der Revolution" waren alle Besucher da. Sogar mehr als "nur" die Besucher fanden den Weg zu Frozen Plasma. Da bei so einem kleinen Event keine Verletzungen vorkamen, konnten die Sanitäter auch den tanzbaren Rhythmen von Nahem lauschen. So wurde es zu einem unvergesslichen Erlebnis. Ruhig, dramatisch und rockig wurde es mit dem Headliner L'âme Immortelle. Ihnen sah man absolut nicht an, dass sie mehr Besucher erwartet hätten. Genau wie auf dem Blackfield oder dem M'era Luna spielten sie mit Passion ihren Gig. Ob nun mit „Bitterkeit" oder ihrem Hit „5 Jahre lang"... sie eroberten die Herzen der Festivalbesucher und boten auch optisch einen wahren Hingucker. Dennoch war auch dieser Tag um 22 Uhr zu Ende und so verließen die Besucher das Gelände und verstreuten sich in alle Richtungen.

Fazit: Es mag natürlich aufgefallen sein, dass die geringe Anzahl an Besuchern des Öfteren betont wurde. Dies war auch das größte Manko an diesem Wochenende. Es ist schade, denn das Festival war von den Bands und der Location ein wahrer Traum. Auch wenn es sehr elektrolastig war, konnten die Besucher sich über die musikalische Unterhaltung absolut nicht beschweren. Der Veranstalter hat wahres Herzblut in dieses Wochenende gesteckt und das hat man gespürt. Deshalb ist es verdammt traurig, dass nur so wenige den Weg dorthin gefunden haben. Die Bands hatten allesamt natürlich auch mit mehr Besuchern gerechnet und dennoch leierten sie ihren Gig nicht einfach runter. Sie versprühten Spaß und steckten genauso viel Energie hinein wie in einem ausverkauften Haus. Wahrscheinlich wird es kein weiteres Tanzritual Festival mehr geben, was sehr bedauerlich ist, denn an der Organisation und Idee hat es nicht gelegen.

Für mich steht fest: Falls das Tanzritual Festival noch einmal mit so einem Line Up ruft, werde ich dem Ruf folgen und ich hoffe, viele werden es mir nachmachen. In diesem Sinne: ich durfte ein wahnsinniges Line Up erleben und ein weiteres Festival in mein Herz schließen.


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