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Erst vor wenigen Tagen habe ich euch berichtet, dass Dogan Akhanli zu seiner Verhandlung in die Türkei reisen möchte. Wie sich jetzt herausstellte, war diese Meldung falsch, oder er hat seine Meinung geändert. Jetzt wird er wohl nicht mehr in die Türkei reisen.«Ich habe durch das Einreiseverbot keine Chance, am 9. März dabei zu sein. Aber das wollte ich auch nie, da schweige ich sowieso», sagte er in einem Gespräch mit der Nachrichtenagentur dpa in Köln. Die Grenze der Willkür sei erreicht. «Ich habe Angst, aber ich habe auch Prinzipien. Es ist mein Recht, dass meine Unschuld offiziell anerkannt wird.»
Letzte Woche ist Akhanli von Istanbul zurück nach Köln. Doch vorher wurde er am Flughafen stundenlang festgehalten und konnte das Land nicht wie ein normal Reisender verlassen: «Statt einfach auszureisen, bin ich offiziell abgeschoben worden», sagte der 53-Jährige.Doch das war nicht genug: Ihm wurde außerdem ein Einreiseverbot auferlegt. Der Grund ist lächerlich: Er hat sich mehr als drei Monate in der Türkei aufgehalten, allerdings ohne gültiges Visum. (Zur Erinnerung: Er saß von August bis Anfang Dezember im Gefängnis.)
Noch ist unklar, wie lange dieses Einreiseverbot gelte. «Wenn ich keine Verbindung mehr zur türkischen Sprache und zu türkischen Literaten habe, verliere ich meine Fähigkeiten.» Schreiben sei auch im Gefängnis seine Rettung gewesen. Die Erlebnisse während der viermonatigen Haft will Akhanli mit Hilfe eines Freundes veröffentlichen. «Ich war nicht nur Opfer, sondern auch Zeuge.» Der Beitrag solle aber «kein Manifest werden, sondern eine einfache Erzählung».
Nach dem er aus der Haft entlassen wurde, reiste er wie urspünglich geplant in seine Heimatstadt. Wie schon berichtet, wollte er hier ursprünglich seinen totkranken Vater treffen - was er durch die Haft nicht mehr geschafft hat. Doch der Besuch seiner Heimat hat ihm trotzdem viel bedeutet, denn er hatte das Gefühl, die türkei gefühlstechnisch verloren zu haben. Die Bewohner haben ihm geholfen diese Verbindung neu einzugehen. Dabei hat er auch festgestellt, dass sich die Türkei seit Anfang der 90er verändert (da war er zum letzten Mal dort) und findet das Land jetzt "dynamischer und moderner". Dennoch sieht er ein Hauptproblem der Türkei: keine Demokratie!
Die Lösung sei ein Beitritt zur EU. «Das ist die einzig mögliche Rettung für die Türkei, ein Rechtsstaat und eine Demokratie zu werden», sagte Akhanli. «Man sagt immer, Europa will die Türkei nicht. Aber umgekehrt ist die Türkei selbst unentschlossen.»
Weiterhin bleibt es also spannend wie sein Prozess ausgeht, und ob er dennoch hin kann, wenn er denn wollte. Denn er selbst sagt: «Die Grenze der Willkür ist erreicht».
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