Neue Pläne Teil 3: In meiner Fantasie lassen fliegende Einhörner Äpfelchen auf den Schreibtisch der Ärztin fallen. #notjustsad

„Wir bieten Ihnen einen Kompromiss an“, sagte Frau Behandelndeärztin heute zu mir, „Sie können in einem halben Jahr die ambulante Therapie in unserer Klinik machen.“

(Hier geht es zum Gespräch von letzter Woche.)

Ich bin mal wieder fassungslos.

„Aber es geht mir jetzt schlecht“, wende ich ein, „und überhaupt: Warum denn?“

„Wir haben den Eindruck, dass Sie nicht an den Therapien teilnehmen wollen.“

Vielleicht werde ich gerade ein wenig wütend: „Das ist nicht richtig“, sage ich, „ich habe nur darauf hingewiesen, dass ich auch zwischendurch eine Pause brauche.“

„Ja, das haben Sie mir gesagt. Ich hatte Ihnen ja auch anfangs gesagt, dass es Pausen gibt zwischen den Therapien. Und Sie haben trotzdem bei der Frau Anmeldung darauf hingewiesen, dass Sie Pausen brauchen. Daher hatten wir den Eindruck, dass Sie nicht an den Therapien teilnehmen wollen.“

In meiner Vorstellung fliegen Einhörner vorbei, große, schöne mit wehenden Mähnen und lassen ganz profan Äpfelchen auf den großen Schreibtisch der Ärztin fallen. Fantasie ist ganz schön nützlich.

„Sie sehen mich fassungslos“, sage ich, während ich den Einhörnern nachsehe, die durch das Fenster verschwinden, „wenn es doch Pausen gibt, dann sehe ich gar kein Problem darin, bei der Anmeldung zu sagen, dass ich Pausen brauche. Man sagte mir aber bei der Anmeldung, dass es keine Pausen gibt.“

„Dann haben Sie noch gesagt, dass Sie nicht am gemeinsamen Essen teilnehmen wollen,“ ergänzt Frau Behandelndeärztin.

Im Arztzimmer riecht es ein wenig streng. Einhörner hin oder her, die Äpfelchen stinken trotzdem. Eines der Äpfelchen zerbröselt. Über die Kante des Ärztinnen-Schreibtisches krabbelt ein kleiner Mistkäfer und wedelt entzückt mit den Fühlerchen.

„Das ist so nicht richtig,“ erkläre ich sanftmütig, .“ich habe gesagt, dass ich eine Pause brauche, wenn der Vormittag gepackt voll und aufwühlend ist und mein Kopf ganz voll; ich habe nichts dagegen mit anderen Menschen zusammen Mittag zu essen, es ist nur so, dass ich dann lieber die Mittagspause für mich alleine haben möchte, um meine Gedanken zu sortieren. Ich habe drei Kinder und wenn ich abends nach Hause komme, dann habe ich auch keine Pause.“

„Frau Solanum“, sagt die behandelnde Ärztin, über den Tisch gebeugt, „die anderen Patienten gehen auch abends nach Hause in ihren Alltag und haben keine Pause.“

Was will sie mir damit sagen? Ich versuche, nichts mehr zu sagen. Die Mistkäfer haben sich vermehrt. Immer mehr von ihnen krabbeln über die Schreibtischplatte und schwenken in froher Erwartung ihre Fühlerchen. Der erste Mistkäfer winkt mir fröhlich zu. Ach, was soll’s, denke ich.

„Es ist so“, gebe ich zu bedenken, „ich bewerbe mich gerade auf eine andere Stelle, weil meine Arbeitssituation so belastend ist. Es ist also recht wahrscheinlich, dass ich in einem halben Jahr in der Probezeit stecke. Da kann ich nicht sagen, ‚Hallo, ich bin dann mal weg‘.“

„Sie könnten sich eine andere Klinik suchen.“

„Ach, und wo ist die?“

„In StadteineStundeFahrzeitentfernt.“

„Ich habe kein Auto“, sage ich erschöpft. Der Mistkäfer zwinkert mir zu. In einer einzigen smoothen Bewegung wenden alle Käferchen ihre glänzenden Köpfe in meine Richtung, glotzen mich mit ihren schwarzglänzenden Insektenaugen an und machen den Move – ein Käfer-Flahmob! High five! Ich beschließe, diesem Laden den Rücken zuzuwenden.

„Ich möchte“, sage ich zum Schluss, „bitte eine Kopie meiner Akte.“

Ich müsse das schriftlich beantragen. Ok. Dann mache ich das.

Draußen weine ich dann doch. Enttäuschte Hoffnungen tun weh und kosten Kraft. Ich rufe den besten Ehemann der Welt an, der mir versichert, dass diese Klinik wahrlich nicht für mich geeignet sei. Das tröstet ein bisschen.

Die Mistkäfer bearbeiten derweilen gründlich den kleinen Misthaufen auf dem Schreibtisch meiner behandelnden Ärztin. Vielleicht kommt ja noch ein bisschen Einhornmist hinzu. Ich würde es ihnen gönnen.


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