Gemeinschaftssinn, individuelle Freiheit und die unbändige Liebe zur Musik. Etliche Musikfestivals in Europa mit riesigen Massen an musikbegeisterten, meist jugendlichen Freigeistern, fußen auf diesen Grundpfeilern. Ein Festival über mehrere Tage hinweg, mit tausenden von Menschen auf engstem Raum, ein Schlafplatz umzingelt und eingekreist von unzähligen anderen Zelten, exzessiver Alkoholkonsum, der Geruch von Gras und Freiheit überall verteilt. Wer je ein Festival besucht hat, weiss der Faszination all dieser Umstände. Erst hier vereinen sie sich zu einem ganz besonderen Gefühl der Leichtigkeit.
Musik als Grundbedürfnis unserer Menschheit gibt es schon solange man zurückschauen kann. Konzerte allerdings wurden erst im 18. Jahrhundert erstmals in ähnlicher Form wie wir sie heute kennen veranstaltet. Man baute eigens große Festhallen und Bühnen, Menschen trafen sich und fröhnten ihrer gemeinsamen Liebe zur Musik. In der heutigen Zeit ist kollektives Musikgenießen fester Bestandteil unserer Kultur und spiegelt sich in unzähligen, unterschiedlichen Festivals wider.
Spanien, das Sonar als größtes Festival Europas für elektronische Musik.
Frankreich, Le Vanielle charei, über 200.000 Besucher jährlich, Frankreichs größtes Rockfestival.
Italien, Rock in Rom, 2 ganze Monate, im höchsten Sommer.
Großbritannien, Isle of Wright, legendäres Musikfestival auf der Insel.
Ungarn, Sziget, 2011 ausgezeichnet als bestes Festival Europas.
Dänemark, Roskilde, hochkarätiges Line Up, Künstler verschiedenster Genres.
Belgien, Pukkelpok, acht Bühnen, hunderte Künstler und mehr als 100.000 Besucher.
Wer gerne viel von der Welt sieht und Musikliebhaber ist sollte sich unbedingt die Zeit nehmen, in ein fernes Land reisen und dort mit tausenden Gleichgesinnten sein Leben genießen. Aber man muss nicht zwangsläufig verreisen um in den Genuss einer solchen Veranstaltung zu kommen. Deutschland bietet herausragende Musik Festivals. Vom legendären Melt, über das Hurricane, bis hin zum Rock am Ring, findet jeder Musikfan das passende Festival. Und dieses Jahr hat mein HipHop Herz mich nicht in Ruhe gelassen und in die Stadt aus Stahl getragen.. zum Splash! in Ferropolis.
Splash! – Subjektive Wahrnehmung eines verstrahlten Festivals
Tag 0 – Ankunft
Mittwoch Abend, innen, vier bekiffte Jugendliche packen ihr Gras in kleine Päckchen, gucken “Project X” und treffen die letzten Vorbereitungen für die nächsten 3 Tage Wahnsinn. Morgen geht der Bus, viel zu früh natürlich für verschallerte Prototypen wie uns, aber muss ja sein. Proviant in Form von 4 Joints ist eingepackt und sollte helfen die Busfahrt unbeschadet zu überstehen. Immerhin 7 Stunden bis in den tiefsten Osten. Ich hoffte wir hatten uns nicht verschätzt.
Am Morgen quälten wir uns aus REM-Phase und Tiefschlaf und weckten unsere Vitalfunktionen mit 1-2 Weißbier. Wir hatten schliesslich noch einiges vor uns. Endlich trotteten wir schwer bepackt los in Richtung Kultfabrik, an dessen Gelände der geräumige Reisebus auf uns wartete. Durch Gras induzierte Paranoia ließ uns glauben ein Zivi-Bulle (Polizeibeamter in ziviler Kleidung) der den Bus von einem BMW aus beobachtete und dabei telefonierte, würde gleich eine Kolonne an Bullen rufen um den kompletten Bus auseinanderzunehmen. Dazu kam es allerdings glücklicherweise nicht, und nach dem ersten Joint für den heutigen Tag nahmen wir unsere Plätze ein und fuhren los. Nach 3 Pausen und 3 Dingern gelangten wir endlich an den heiligen Ort. Ferropolis, Austragungsort der HipHop Festspiele in Deutschland, öffnete sich uns mit seiner ganzen Pracht.
Erstmal strecken und gähnen, dann an Splash-Security vorbei, die lediglich als gelb markierte Deko und Überprüfung der Einlassbändchen diente und schon waren wir auf dem unvorstellbar riesigen Campingplatz.
Dank dem exzellenten und hiermit empfohlenen Komfortticket welches die Busgesellschaft anbot, fanden wir bereits 2 kleine unscheinbare Zelte, inmitten von unzähligen anderen Zelten und Pavillions, vor, für uns bereits aufgebaut und mit Schlafsack und Campingstühlen ausgerüstet. Die schiere Größe des Campingplatz war so überwältigend, dass wir uns erstmal einen Überblick verschaffen mussten. Überall gab es Essensstände die zahlreiche kulinarische Köstlichkeiten, wie Cheeseburger mit Pommes, und Döner anboten. Zu stattlichen Preisen, aber Geld spielte hier eh keine Rolle. Es war bereits Abends und nachdem wir die Gesamtlage überblickten, sanitäre Einrichtungen und Essens- wie Getränkestände auf dem Schirm hatten, setzten wir uns in unsere Campingstühle und warteten auf Morgen. Bis jetzt hatten wir ja noch gar nichts gesehen.
Tag 1 und 2 – Der Duft von Freiheit
Es wurde wie erwartet Morgen und wir wachten etwas verfroren in unseren Zelten auf, in der Nacht war es kalt geworden, doch schon nach kurzer Zeit riss der Himmel auf und die Sonne tauchte die Umgebung in gleißendes Licht. Die Hitze drückte, der anliegende See bot nicht nur einen umwerfenden Ausblick sondern auch die nötige Erfrischung. Wir hatten noch Zeit totzuschlagen und taten dies mit den üblichen Instrumenten: Fast Food, Alkohol und Gras. Und endlich war es so weit, wir machten uns auf den asphaltierten, viel zu langen Weg(weswegen wir ab sofort die Shuttlebusse nutzten) und erreichten schliesslich den Einlass zum Festivalgelände. Nachdem uns kurz die Taschen abgeklopft und das Bändchen kontrolliert wurde, betraten wir voller Ehrfurcht das gewaltige Gelände. Imposant ragten riesige alte Maschinen aus Stahl in die Höhe, weswegen die Halbinsel Ferropolis auch Ihren Beinamen Stadt aus Stahl hat. Überall gab es Essen, noch einiges mehr als auf dem Campingplatz, (besonders zu empfehlen seien sämtliche veggie Gerichte, die mir als Fleischliebhaber am ungewöhnlichsten aber auch am besten schmeckten) die Bühnen waren noch leer, aber das sollte sich bald ändern, an jeder Ecke gab es was zu entdecken. Popcorn wurde verschenkt, Longpapes und Dips verteilt, der vertraute Geruch von Gras lag in der Luft. Es kam einem schlicht vor wie das Paradies.
Dann gingen die Konzerte los. Wir versuchten soviele Konzerte wie möglich mitzunehmen, wechselten von einem Künstler zum nächsten, sprangen von einer Stage zur nächsten, tranken Unmengen Bier, rauchten wirkliche Unmengen Weed und genossen die Sonne und die überall von den Stages erklingende HipHop Musik. Rockstah schauten wir im Schlafen an, oft chillten wir einfach nur am Rand der Hauptstage auf den steinigen Stufen und lauschten den Raps der kleineren Acts. Je später der Abend desto interessanter die Künstler und desto größer der Andrang. Wir feierten zu Tyler the Creator, sprangen wild zu A$ap Rocky umher und tanzten zu Johnny Legend. Headliner Freitag abend war der einzigartige Marteria, der es sich auch dieses Jahr nicht nehmen ließ und ganz Ferropolis in grünen Rauch tauchte. Als Marsimoto ritt er auf einem Riesenjoint durch die Menschenmenge. Als Marteria spielte er einige grandiose neue Songs, die enorme Vorfreude auf sein neues Album auslösten. Am Samstagabend drängten die Besucher zu Caspers Auftritt, der das Ding solide runter spielte, mit Feuerwerk, Papierschnipselregen und anderen Effekten und Kollegah als wirklich überraschenden Überraschungsgast. Am Ende taten uns die Beine weh, die Lunge war eingeteert und die Leber hart am kämpfen. Nachts rauchten wir noch gemütlich am Zeltplatz, während freundliche Leute aus der Nachbarschaft Gras an Interessierte verkauften und ließen die vergangenen Abende Revue passieren. Kaputt fielen wir schliesslich auf die Isomatte und in den Schlafsack.
Tag 3 Abfahrt
Am letzten Tag waren die Künstler schon weniger interessant für uns, unsere Körper krochen am Zahnfleisch daher, unser Kopf war von zuvielen Drogen vernebelt, aber natürlich verbrachten wir auch den letzten Tag noch auf etlichen Konzerten und lauschten einer interessanten und spannenden Diskussionsrunde mit Falk, Prinz Pi, Weekend und anderen. Eine intelektuelle Adrenalinspritze direkt ins Gehirn, bei all der kopflosen Freiheit um uns herum, die wir natürlich genauso genossen. Auch den letzten Tag genossen wir so sehr es unsere Verfassung noch zuließ und spät nachts mussten die Koffer in den Bus geladen, das letzte Konzert gehört und das abschliessende Feuerwerk betrachtet werden. Nochmal kurz von vegetarischen Burger bis zum überbackenen Käsebrot jede Speise verzehrt werden und die übrig gebliebenen Gramm inhaliert werden. Dann waren wir erschöpft und kaputt, doch glücklich, zufrieden, und bereits versunken in nostalgischen Erinnerungen an unseren Splashbesuch. Diesen Ort vermisst man in der ersten MilliSekunde, in der das Gehirn realisiert, dass auch das Splash die Zeit nicht anhalten, nur verschönern kann. Der komplette Bus schlief bei der Rückfahrt..dann kamen wir früh Montag morgens wieder an, wo wir einst aufbrachen. Und alles war wie zuvor, mit dem Unterschied, dass wir von nun an einen magischen Ort kannten, der wie kein anderer Freiheit aus- und einatmet!!
Der Eintrag Musikfestivals in Europa – Erfahrungsbericht Splash!-Festival wurde zum ersten mal auf PlayMuzikk veröffentlicht.