Moral verjährt schneller als übermäßige Quarten

Somalischer Warlord mit Machete - Gesualdo da Venosa

Somalischer Warlord mit Machete – Gesualdo da Venosa

Harmonisch innovative Komponisten habens nicht so mit der Moral. Wagner geiferte gerne mal gegen die Juden und schaffte es, einen der größten Massenmörder aller Zeiten als berühmtesten Verehrer zu gewinnen. Gesualdo mordete gleich selbst und wurde dafür sein Leben lang nicht zur Verantwortung gezogen.

Während Wagners Judenfeindschaft ständig thematisiert wird, seine Opern in Israel nicht gespielt werden und es sogar Forscher gibt, die sich gar nicht mit seiner Musik, sondern nur mit seiner Weltanschauung befassen, werden Gesualdos Verbrechen regelmäßig aufs Anekdotische reduziert – oh, der romantische Held, der genauso überspannt lebt wie er komponiert…

Keine feministischen Aktionsgruppen protestieren vor Gesualdo-Konzerten gegen maskuline Gewalt, keine Alice Schwarzer regt sich über seine sadomasochistischen Neigungen auf, kein Verein „Gerechtigkeit für Maria d’Avalos“ prangert den ungesühnten Ehrenmord an, kein Universitätsprofessor arbeitet die latente Menschenverachtung in Gesualdos Gesamtwerk heraus. Und das, obwohl Gesualdo, stünde er heute vor einem deutschen Gericht, mit Sicherheit härter bestraft würde als Wagner.

Das liegt nicht daran, dass seine Schandtaten – im Gegensatz zu denen Wagners – unideologisch und von daher in historischem Maßstab weniger folgenreich waren. Wenn heute in Donaueschingen ein Komponist aus Somalia gespielt würde, und zwei Monate vor der Uraufführung käme raus, dass er in seiner Heimat ein berüchtigter Warlord ist, der seine untreue Frau eigenhändig mit der Machete zerstückelt hat, wofür er aufgrund seiner politischen Connections niemals zur Rechenschaft gezogen wurde – dann würde die Uraufführung sicherlich abgeblasen.

Gesualdo war kaum etwas anderes als ein solcher Warlord – doch seine Musik wird unverdrossen gespielt.

Warum?

Weil sie länger her ist. Weil – aus der Entfernung von vier Jahrhunderten betrachtet – die ästhetische Kraft seiner Madrigale ungleich stärker ist als die moralische Verworfenheit seiner Taten. Die unmoralischen Ansichten Wagners sind zu nah, als dass wir sie aufs Anekdotische eindampfen könnten. Noch gibt es Holocaust-Überlebende. Unsere Großväter haben noch vom Krieg erzählt. Hitler lebt, und Wagner segelt mit ihm auf dem Geisterschiff durch die Feuilletons.

Aber Gesualdo? Die zügellosen Fürsten der italienischen Renaissance sind längst verschwunden. Selbst unsere Großväter haben von ihren Großvätern nichts von ihnen erzählt bekommen. Einzig der Proto-Hitler Machiavelli jagt uns noch ein wenig Schauer über den Rücken. Aber Gesualdo? Ein bunter Tupfer im Geschichtsbuch – wie es der Antisemit Wagner in 200 Jahren womöglich auch sein wird. Während Hitler (60 Mio. Tote) in 800 Jahren vielleicht eine ähnlich mythische Elementargewalt sein wird wie heute sein Kollege Dschingis Khan (200 Mio. Tote).

Anders als die Moral verjährt die Musik nicht im geringsten. Gesualdos Madrigale klingen heute noch genauso unglaublich wie Wagners Opern. Darf ich es ganz plakativ sagen? Die Kunst ist stärker als das Böse!!!


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