Ein Posting auf einem Vietnamportal hat mich ins Grübeln gebracht.
Seitdem ich in Vietnam lebe, habe ich Kontakt mit vielen Menschen, die dieses Land bereisen. Anfangs habe ich selber Touren durchgeführt, später kam und komme ich mit vielen Ausländern in Kontakt, die dieses wunderschöne Land touristisch erkunden. Derzeit plane ich, wieder mehr Touren anzubieten.
In dem besagten Posting ging es um Mekongtouren und deren Preis.
Wenn es um Preise und Vietnam geht, so wird das Wort "billig" meist in einem Atemzug im Satz genannt.
Anscheinend muss alles, was in Vietnam existiert "billig" sein. Und ja, ich kenne den Unterschied zwischen billig und preisgünstig. Billig ist schon das rechte Wort hier. Am besten wäre es natürlich für eine Klientel von Touristen, wenn die Vietnamreise gar nichts kostete; am besten, wenn die Vietnamesen noch bezahlen, um Touristen in dieses Land zu bekommen.
Ganz ehrlich. Es gibt Touren ins Mekongdelta für 15 Euro. Es gibt auch Halong-Touren für eine Handvoll Dollars. Und die My Son-Touren, an die ich mich erinnere, als ich noch in My Son gearbeitet habe! Fünf Dollar!
Noch ehrlicher: Wer 15 Euro für eine 2-Tagestour ins Mekongdelta bezahlt, bekommt halt auch Qualität für 15 Euro:
- Lokaler Bustransfer Ho Chi Minh nach My Tho circa 3-4 Euro; 2mal wegen Rückfahrt, also 6-8 Euro.
- Essen: 1-2 Euro pro Mahlzeit. Bei zwei Tagen sicher 6 Mahlzeiten. Wären 6-12 Euro.
- Unterkunft. Wenn's nicht das lokale Stundenhotel war, sicher um die 3-5 Euro/Nacht.
Also, allein schon bei dieser Berechnung komme ich auf über 15 Euro. Und hier sind nicht einmal die grundlegenden Kosten für Tourguide, Bespaßungsindustrie á la Bootsruderin, Honiganbieterin, Sängerin etc. drin. Wie das mit dem Essen hinkommt, ist für mich überhaupt ein Rätsel. Die Menschen auf der Tour müssen also das Ganze quasi umsonst anbieten. Wahrscheinlich kommt nur ein wenig Geld in die Kasse durch Beteiligung und Kommission bzw. durch die Quantität. Eine 15-Euro-2-Tages-Tour wird es nicht alleine geben; da wird man im Bus mit 40 anderen Leuten sitzen. Mir ist es überhaupt ein Rätsel, wie die - vietnamesischen - Anbieter dies kostendeckend anbieten. Ich nehme sogar an, dass dies gar nicht der Fall ist. Vietnam ist ein sozialistisches Land. Viele Betriebe arbeiten nicht kostendeckend; man geht halt irgendwann in Konkurs und macht eine neue Firma auf ...
Vietnam muss billig sein. Anscheinend ist das "wahre" Vietnam billig. Warum also hunderte Euro für etwas ausgeben, wenn es das Ganze auch für 15 Euro gibt? Vielleicht kommt diesen Leuten nicht einmal der Gedanke, dass hier Äpfel mit Birnen verglichen werden. Eine Mehrtagestour für 200 Euro aufwärts beinhaltet nun etwas mehr als in einem vollen Bus angekarrt zu werden. Im Übrigen kenne ich auch die "Kaffeefahrt-Mentalität" vietnamesischer Sehenswürdigkeiten. Wo ist aber nun der Unterschied zwischen Souvenirsständen dort und denen deutscher Souvenirsshops? Was so manches Museum seinen Besuchern für Ramsch anbietet finde ich auch mehr als peinlich. Trotzdem habe ich bislang deren Schließung noch nicht gefordert. Und ich habe auch nicht die Qualität irgendeiner Tour in Europa bislang danach bemessen, ob da nun Souvenirsstände oder ähnliches waren. Also, warum wird das an Vietnam kritisiert? Anscheinend passt es manchen nicht, dass Vietnamesen Geld verdienen (wollen). Am besten sollen sie so arm und idyllisch bleiben, wie in den 1980er Jahren? Als auch-Ethnologe kenne ich ja die Diskussion um "Naturvölker". Die meisten "Zivilisationsangehörigen" können sich das gar nicht vorstellen, wie es ist, in absoluter Armut zu leben. "Wir" finden es schlimm, dass Vietnamesen und andere Ethnien in Vietnam ihre Stelzenhäuser und Reisighüttchen abreißen und stattdessen einen Betonbau haben wollen. Und natürlich ist es auch ganz schlimm, dass die Vietnamesen ihre Wäsche und Geschirr nicht mehr im Mekong waschen, sondern eine Waschmaschine und irgendwann sogar mal eine Geschirrspülmaschine haben wollen. Ich bin aber nun kein Psychologe und kann dies nicht wirklich nachvollziehen und verstehen, warum Vietnam nun billig sein muss. In besagtem Forum kann niemand eine Frage stellen, in der die Antworten nicht das "billigste" anpreisen. Dass es vielleicht Menschen gibt, die nicht für 4 Euro im Hotel übernachten wollen, oder die 50-Cent-Bun an der Straße haben wollen, kommt denen anscheinend gar nicht in den Sinn.
Um mich nicht misszuverstehen! Ich kann es nachvollziehen, dass es Touristen gibt, die eben diese Tour für 15 Euro machen. Studenten, die sparen müssen; Reisende, die keinen guten Job haben, aber ihr Lebensziel, einmal Vietnam zu sehen, sich erfüllt haben etc. Was ich hier kritisiere ist, dass diese Leute meinen, sie würden dann auch dieselbe Qualität haben wie eine teure Tour. Diese Touristen sollten, ganz ehrlich, ihr gespartes Geld nehmen und sich bei einem Psychologen des Vertrauens in Therapie begeben. Die können diese verzerrte Wahrnehmung der Realität in nicht allzu vielen Sitzungen beheben.
Seitdem ich in Vietnam lebe, habe ich Kontakt mit vielen Menschen, die dieses Land bereisen. Anfangs habe ich selber Touren durchgeführt, später kam und komme ich mit vielen Ausländern in Kontakt, die dieses wunderschöne Land touristisch erkunden. Derzeit plane ich, wieder mehr Touren anzubieten.
In dem besagten Posting ging es um Mekongtouren und deren Preis.
Wenn es um Preise und Vietnam geht, so wird das Wort "billig" meist in einem Atemzug im Satz genannt.
Anscheinend muss alles, was in Vietnam existiert "billig" sein. Und ja, ich kenne den Unterschied zwischen billig und preisgünstig. Billig ist schon das rechte Wort hier. Am besten wäre es natürlich für eine Klientel von Touristen, wenn die Vietnamreise gar nichts kostete; am besten, wenn die Vietnamesen noch bezahlen, um Touristen in dieses Land zu bekommen.
Ganz ehrlich. Es gibt Touren ins Mekongdelta für 15 Euro. Es gibt auch Halong-Touren für eine Handvoll Dollars. Und die My Son-Touren, an die ich mich erinnere, als ich noch in My Son gearbeitet habe! Fünf Dollar!
Noch ehrlicher: Wer 15 Euro für eine 2-Tagestour ins Mekongdelta bezahlt, bekommt halt auch Qualität für 15 Euro:
- Lokaler Bustransfer Ho Chi Minh nach My Tho circa 3-4 Euro; 2mal wegen Rückfahrt, also 6-8 Euro.
- Essen: 1-2 Euro pro Mahlzeit. Bei zwei Tagen sicher 6 Mahlzeiten. Wären 6-12 Euro.
- Unterkunft. Wenn's nicht das lokale Stundenhotel war, sicher um die 3-5 Euro/Nacht.
Also, allein schon bei dieser Berechnung komme ich auf über 15 Euro. Und hier sind nicht einmal die grundlegenden Kosten für Tourguide, Bespaßungsindustrie á la Bootsruderin, Honiganbieterin, Sängerin etc. drin. Wie das mit dem Essen hinkommt, ist für mich überhaupt ein Rätsel. Die Menschen auf der Tour müssen also das Ganze quasi umsonst anbieten. Wahrscheinlich kommt nur ein wenig Geld in die Kasse durch Beteiligung und Kommission bzw. durch die Quantität. Eine 15-Euro-2-Tages-Tour wird es nicht alleine geben; da wird man im Bus mit 40 anderen Leuten sitzen. Mir ist es überhaupt ein Rätsel, wie die - vietnamesischen - Anbieter dies kostendeckend anbieten. Ich nehme sogar an, dass dies gar nicht der Fall ist. Vietnam ist ein sozialistisches Land. Viele Betriebe arbeiten nicht kostendeckend; man geht halt irgendwann in Konkurs und macht eine neue Firma auf ...
Vietnam muss billig sein. Anscheinend ist das "wahre" Vietnam billig. Warum also hunderte Euro für etwas ausgeben, wenn es das Ganze auch für 15 Euro gibt? Vielleicht kommt diesen Leuten nicht einmal der Gedanke, dass hier Äpfel mit Birnen verglichen werden. Eine Mehrtagestour für 200 Euro aufwärts beinhaltet nun etwas mehr als in einem vollen Bus angekarrt zu werden. Im Übrigen kenne ich auch die "Kaffeefahrt-Mentalität" vietnamesischer Sehenswürdigkeiten. Wo ist aber nun der Unterschied zwischen Souvenirsständen dort und denen deutscher Souvenirsshops? Was so manches Museum seinen Besuchern für Ramsch anbietet finde ich auch mehr als peinlich. Trotzdem habe ich bislang deren Schließung noch nicht gefordert. Und ich habe auch nicht die Qualität irgendeiner Tour in Europa bislang danach bemessen, ob da nun Souvenirsstände oder ähnliches waren. Also, warum wird das an Vietnam kritisiert? Anscheinend passt es manchen nicht, dass Vietnamesen Geld verdienen (wollen). Am besten sollen sie so arm und idyllisch bleiben, wie in den 1980er Jahren? Als auch-Ethnologe kenne ich ja die Diskussion um "Naturvölker". Die meisten "Zivilisationsangehörigen" können sich das gar nicht vorstellen, wie es ist, in absoluter Armut zu leben. "Wir" finden es schlimm, dass Vietnamesen und andere Ethnien in Vietnam ihre Stelzenhäuser und Reisighüttchen abreißen und stattdessen einen Betonbau haben wollen. Und natürlich ist es auch ganz schlimm, dass die Vietnamesen ihre Wäsche und Geschirr nicht mehr im Mekong waschen, sondern eine Waschmaschine und irgendwann sogar mal eine Geschirrspülmaschine haben wollen. Ich bin aber nun kein Psychologe und kann dies nicht wirklich nachvollziehen und verstehen, warum Vietnam nun billig sein muss. In besagtem Forum kann niemand eine Frage stellen, in der die Antworten nicht das "billigste" anpreisen. Dass es vielleicht Menschen gibt, die nicht für 4 Euro im Hotel übernachten wollen, oder die 50-Cent-Bun an der Straße haben wollen, kommt denen anscheinend gar nicht in den Sinn.
Um mich nicht misszuverstehen! Ich kann es nachvollziehen, dass es Touristen gibt, die eben diese Tour für 15 Euro machen. Studenten, die sparen müssen; Reisende, die keinen guten Job haben, aber ihr Lebensziel, einmal Vietnam zu sehen, sich erfüllt haben etc. Was ich hier kritisiere ist, dass diese Leute meinen, sie würden dann auch dieselbe Qualität haben wie eine teure Tour. Diese Touristen sollten, ganz ehrlich, ihr gespartes Geld nehmen und sich bei einem Psychologen des Vertrauens in Therapie begeben. Die können diese verzerrte Wahrnehmung der Realität in nicht allzu vielen Sitzungen beheben.