MAL GANZ UNTEN, MAL GANZ OBEN

Zwischen Katja und ihrer grossen Liebe Axel, der keine Fesseln will, ist alles aus. Da taucht Katjas Freund Peter wieder auf, der immer sehr verliebt war in die junge Frau – um ihr ein Geständnis zu machen …

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Es klingelte. Katja atmete auf. Seit einer dreiviertel Stunde wartete sie auf Axel, und dabei fuhr ihr Herz Achterbahn. Mal war sie wütend, so wenig für ihn zu zählen, dann wieder besorgt, dass ihm etwas zugestossen sein könnte. Sie hatte versucht, zu telefonieren, jedoch war bei ihm der Anrufbeantworter eingeschaltet. Aber jetzt war ja alles gut. Sie drückte auf den Summer und wartete oben in der offenen Tür.

Schritte schwangen sich die Stufen herauf, einen Augenblick später stand etwas atemlos ein Mann vor ihr und sagte bewundernd: “Himmel, bist du schön!”

Noch eine Talfahrt ihres Herzens. Es war nicht Axel! Sie brauchte ein paar Sekunden, um herauszubringen: “Peter! Komm ‘rein. Ich habe nur nicht viel Zeit. Ich erwarte jemanden, der jeden Augenblick hier sein kann.”

“Sobald diese Person kommt, gehe ich”, versprach er.

“Du bist also wieder im Land?” fragte sie.

“Seit drei Wochen, und …” Er räusperte sich. Das, was er seiner schönen Freundin sagen wollte, war nicht einfach. Er legte sich noch den ersten Satz zurecht, als das Telefon klingelte.

“Entschuldige”, murmelte sie, nahm rasch ab und meldete sich: “Katja Becker, ja bitte?”

Sie hörte zu und erwiderte dann gefasst: “Dir ist also etwas dazwischen gekommen. Ja, ich verstehe. Hör, Axel, vielleicht sollten wir überhaupt Schluss machen. Das findest du auch? Dann sind wir uns ja einig.”

Sie knallte den Hörer auf die Gabel und blieb einen Augenblick stocksteif stehen. Dann sagte sie mit zittriger Stimme: “So, Peter, jetzt hab ich Zeit, und nicht nur diesen Abend.”

Er sah sie forschend an: “Willst du mir nicht erzählen, was los ist?”

Ihre tiefblauen Augen füllten sich mit Tränen. Peter streckte die Arme nach ihr aus, und sie lehnte aufschluchzend ihr Gesicht an seine breite Schulter. Er liess sie weinen. Nach einer Weile brachte sie kläglich heraus: “Entschuldige, deine Schulter ist ganz nass.”

“Ehe du mich völlig durchweichst, lade ich dich jetzt zum Essen ein”, entschied er gutmütig.

“Aber ich möchte nirgendwo hingehen!”

“Putz’ dir die Nase, wasch dir dein Gesicht und komm”, entschied er liebevoll-energisch.

Im Wagen lächelte er ihr aufmunternd zu: “Los, mein Kleines. Schütte deinem alten Peter ruhig dein Herz aus!”

Sie seufzte. Und erzählte dann stockend: “Axel und ich haben uns vor vier Monaten im Museum kennengelernt. Ich inspizierte ein Gemälde, das restauriert werden musste; er war mit seiner Grossmutter da, die sich sehr für Kunst interessiert. Zwischen uns war es Liebe auf den ersten Blick. Er ist gross, schlank, sieht umwerfend gut aus. Aber es ist noch mehr: Er ist ungeheuer phantasievoll, und er hat eine Ausstrahlung … ach, ich kann es nicht beschreiben. Ich glaube, niemand kann sich ihr entziehen, und das ist das Problem. Dauernd schwirren Frauen um ihn herum. Und er geniesst es. Mit jeder beschäftigt er sich. Es gibt keine Zukunft für uns. Er weicht auch jedem Gespräch darüber aus. Sagt, dass er keine Fesseln verträgt.” Trotzig schloss sie: “Ich bin froh, dass wir Schluss gemacht haben. Zum Teufel mit ihm! Ich habe meine Arbeit als Restaurateurin. Sie gefällt mir, und ich kann gut davon leben. Ich brauche Axel nicht!”

Aber gleichzeitig flüsterte eine Stimme in ihr: O doch, du brauchst ihn. Sie dachte daran, dass sie Momente zusammen erlebt hatten, in denen es überhaupt keine Schwierigkeiten zwischen ihnen gab, und zwar im Bett. So innig, so zart und leidenschaftlich zugleich hatte sie die Liebe noch nie erlebt. Aber das konnte sie Peter unmöglich sagen, ohne ihn traurig zu machen. Peter war seit ihrer gemeinsamen Schulzeit in sie verliebt. Warum konnte sie nur seine Liebe nicht erwidern, jetzt noch weniger als vorher? Alles wäre so viel einfacher mit ihm. Sie könnten längst ein glückliches Paar mit zwei Kindern sein. Kindern, die sie sich von ganzem Herzen wünschte. Bitter dachte sie, dass das Leben entschieden schlecht eingerichtet war …
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Der Ober begrüsste sie, führte sie an einen freien Platz und brachte die Speisekarte. Aber plötzlich erstarrte Katja: Axel betrat in Begleitung einer attraktiven blonden Frau das Restaurant. Sie nahmen nicht weit von ihnen Platz. Axel hatte Katja nicht bemerkt, er sprach auf seine Begleiterin ein, mit dem Charme, den Katja so gut kannte. Diese Frau also war seine “Verhinderung” gewesen. Jetzt schob sie ihm über den Tisch hinweg ihre Hand zu, und er ergriff sie, führte sie an seine Lippen. Es war, als stächen tausend Messer in Katjas Herz.

Erstickt flüsterte sie: “Peter, ich möchte gehen.”

“Aber Katja, man isst hier wirklich sehr gut”, meinte er etwas ratlos.

“Das ist es nicht. Dreh dich jetzt nicht um, aber zwei Tische hinter dir sitzt Axel – mit einer anderen Frau.”

Er begriff sofort, stand auf und berührte zärtlich ihren Arm. Als sie zum Ausgang gingen, sah Axel auf. Einen Augenblick kreuzten sich ihre Blicke. Katja hätte schwören können, dass er blass wurde, aber das war bestimmt nur Wunschdenken. Draussen meinte sie unglücklich: “Entschuldige Peter. Ich hätte meine Fassung nicht verlieren sollen.”

“Entschuldige dich nicht. Ich würde diesem Kerl mit Freuden den Hals umdrehen”, stiess er grimmig hervor.

Sie fanden ein anderes Restaurant ganz in der Nähe. Katja zwang sich zu essen, zu reden, zu lächeln, kurz, Peter eine angenehme Begleiterin zu sein. Sie täuschte ihn so gut, dass er sich ein Herz fasste: “Ich möchte dir etwas Wichtiges sagen, Katja. Ich … ich werde heiraten.”

Wieder rutschte ihr Herz in ungeahnte Tiefen. Sie hatte Axel verloren, jetzt verlor sie auch noch Peter. Aber gleich darauf schämte sie sich. Wie konnte sie nur so egoistisch sein? Peter hatte es verdient, glücklich zu sein!

“Du, das ist eine wunderbare Nachricht”, beglückwünschte sie ihn warmherzig.

“Jahrelang wäre ich der glücklichste Mann auf Erden gewesen, wenn du mich geheiratet hättest, aber du wolltest ja nicht. Und in England lernte ich Marion kennen. Sehr schnell und zu meiner eigenen Überraschung verliebte ich mich in sie – und sie sich in mich. Sie ist eine aussergewöhnliche Frau. Hier, ich habe ein Foto von ihr!”

Die hübsche Marion lächelte darauf zärtlich ihren Peter an, der beschützend den Arm um sie gelegt hatte.

“Wann heiratet ihr denn?” wollte Katja wissen.

“In einem Monat. »

“Und … wann lerne ich sie kennen?”

“Wann du möchtest”, strahlte er. “Ich wollte es dir nur allein sagen. Und natürlich bist du zur Hochzeit eingeladen.”

Gegen elf brachte Peter sie nach Hause. Sie gab ihm einen Kuss auf die Wange und lächelte ihn an. “Danke, Peter. Es geht mir schon viel besser.” Das war gelogen, aber er sollte sich keine Sorgen machen.

Sie ging die beiden Treppen hoch, statt den Fahrstuhl zu benutzen. Zwischendurch ging das Licht aus. Sie tastete nach dem Lichtschalter neben ihrer Wohnungstür und stolperte über eine dunkle Masse. Unwillkürlich schrie sie auf. Dann ging das Licht an, und sie starrte Alex an, der im dunklen Anzug und mit schiefer Kravatte vor ihr stand.

“Darf ich hereinkommen?” fragte er dumpf.

Während ihr Herz noch wie verrückt raste, gelang es ihr, kühl zu fragen: “Wo ist denn deine Begleiterin?”

Er machte eine müde Handbewegung: “Bei sich zu Hause.”

Sie sah ihn aufmerksam an: “Hast du etwa getrunken?”

“Wäre das ein Wunder? Du hast mir das beste Geschäft meines Lebens vermasselt! Aber nein, ich habe nicht getrunken, ich hatte nur einen etwas eiligen Aufbruch.”

Sie schloss auf und liess ihn hinein.

“Wer war der Mann, mit dem du im Restaurant warst?” fragte Axel jetzt fordern.

Empört blaffte Katja zurück: “Erzähl du mir erst einmal, wer deine Begleiterin war!”

“Hm, ja, sie heisst Anna und ist die Tochter eines bekannten Unternehmers. Ihr Herr Papa war bereit, meiner kleinen Textilfirma, der es, wie du weisst, seit zwei Jahren nicht sehr gut geht, eine kräftige Finanzspritze zu verabreichen. Zinslos. Und wenn ich Anna heirate, soll es ihre Mitgift werden.”

Katja wäre am liebsten mit Fäusten auf ihn losgegangen. Und ihr hatte dieser Mistkerl gesagt, er ertrüge keine Fesseln!

Der Mistkerl sah sie unglücklich an: “Als ich dich mit diesem anderen Mann sah, wurde mir schlagartig klar, dass ich es nicht ertragen würde, dich zu verlieren. Und gleichzeitig kam ich mir vor wie ein Schuft. Ich spielte ja nicht nur mit deinem, sondern auch mit Annas Herzen. Ich wusste doch, dass ich dich liebte. Anna wollte nach dem Essen unbedingt, dass ich sie in ihre Wohnung begleite. Für unsere erste Nacht zu zweit, hat sie mir gesagt. Wir lagen schon im Bett, sie streichelte mich. Und in mir hat sich nichts gerührt. Ich habe mit aller Kraft an die Firma gedacht. Die hat mein Urgrossvater gegründet, meiner Grossmutter würde es das Herz brechen, wenn ich den Konkurs anmelden müsste, hab ich mir gesagt. Ich dachte, dass ich das Opfer dieser Heirat für die Firma bringen müsste.” Er schluckte und fuhr dann fort: “Du sollst jetzt alles wissen, Katja. Ich bin nicht stolz darauf, aber seit zwei Jahren halte ich Ausschau nach einer Frau mit Geld. Aber Liebe lässt sich nun mal nicht befehlen. Vorhin mit Anna wurde es eine Pleite auf der ganzen Linie.” Fast ärgerlich bemerkte er: “Eine solche Panne wäre mir nie passiert – bevor ich dich kennenlernte.”

Katja kicherte schadenfroh. “Und was passierte dann?” wollte sie wissen.

“Ehe sie mich rausschmeissen konnte, bin ich etwas überstürzt gegangen”, erklärte er düster. “Und nun bin ich hier.”

“Ich will jetzt auch ehrlich zu dir sein”, sagte Katja nun leise. “Mein Begleiter war Peter, mein bester Freund seit fünfzehn Jahren. Er war die beiden letzten Jahre in England, deswegen kennst du ihn nicht. Und er ist gekommen, um mir zu sagen, dass er heiratet. Sie heisst Marion, und ich bin zur Hochzeit eingeladen.”

Sein Gesicht erhellte sich: “Glaubst du, dass ich auch kommen darf? Wir werden uns natürlich revanchieren. ”

“Du meinst …”

Er setzte ein Knie zu Boden, legte die rechte Hand auf sein Herz und sah zu ihr auf: “Katja, ich liebe dich. Möchtest du meine Frau werden?”

Obwohl sie so glücklich war wie noch nie in ihrem Leben, konnte sie sich doch einen kleinen Seitenhieb nicht verkneifen: “Ich habe aber kein Geld, um deine Firma zu retten.”

Er grinste beschämt: “Ich war ja so etwas von blöd. Dabei geht es aufwärts, seit ich dich kenne. Die Liebe zu dir beflügelt mich offensichtlich. Liebe ist viel wichtiger als Geld. Ich hirnverbrannter Ochse habe das nur nicht so schnell begriffen.”

“Ehe ich dir mein Ja-Wort gebe, möchte ich aber noch etwas nachprüfen”, meinte sie schelmisch.

Eine Stunde später lag Katja glücklich in Axels Armen und sagte zärtlich: “Alles in Ordnung, Liebster. Wenn du möchtest, können wir gleich morgen das Aufgebot bestellen.”

ENDE


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