Am bevorstehenden Abstimmungssonntag (28.02.2016) können Sie sich als Zürcher Stimmberechtige*r zur Lohndumping-Initiative äussern. Der Abstimmungskampf war an beiden Fronten hitzig und verbissen. Für Sie als Stimmberechtigte / Stimmberechtigter ist es dabei nicht immer einfach, den Überblick zu behalten. Deshalb haben wir für Sie einen Faktencheck zur Lohndumping-Initiative zusammengestellt zu den Fragen: Was ist neu? Wie war es bisher? Wer ist dafür, wer dagegen? Und warum (Pro und Contra)?
Was ist neu?
Abgestimmt wird über neue kantonale Bestimmungen zur Durchsetzung von minimalen Lohn- und Arbeitsbedingungen in Zürich. Dabei sollen dem Kanton schärfere Mittel zur Sanktionierung von fehlbaren Unternehmen zugesprochen werden. Zur Anordnung einer Betriebseinstellung bzw. eines Betriebsunterbruchs bei einer betroffenen Firma würde neu folgender Bestand ausreichen ( aus dem Initiativtext):
„[...] begründeten Verdacht auf Verstösse gegen zwingende gesetzliche Bestimmungen zum Schutz der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer oder gegen allgemeinverbindlich erklärte Mindestlohn- oder Mindestarbeitsbedingungen sowie die Verweigerung der Mitwirkung bei Kontrollen [...]"
Der Vorschlag der Initianten lautet also vereinfacht: Kontrollorgan (paritätische oder tripartite Kommission, siehe unten) + Verdacht auf Lohnunterbietung + Verweigerung der Zusammenarbeit durch das betroffenen Unternehmen = Anordnung der Betriebseinstellung ohne vorgängige eigene Prüfung durch Kanton
Wie war es bisher?
Nach Einführung des freien Personenverkehrs wurden in der Schweiz Massnahmen ergriffen, um Erwerbstätige vor missbräuchlichen Unterschreitungen der Lohn- und Arbeitsbedingungen zu schützen. In diesen sogenannten flankierenden Massnahmen (FlaM) wird die Arbeitsmarktüberwachung zurzeit folgendermassen geregelt:
Die paritätischen Berufungskommissionen, jeweils bestehend aus Vertretern der Arbeitgeber- und Arbeitnehmerseite, überwachen die Einhaltung allgemeinverbindlicher Gesamtarbeitsverträge (GAV). Bei Verdacht auf eine Lohnunterbietung oder einen Verstoss gegen minimale Arbeitsbedingungen wird eine Lohnbuchkontrolle oder Unterlagenprüfung angefordert. Stellt die paritätische Berufungskommission einen Verstoss fest, verhängt sie eine Konventionalstrafe. Bei ausländischen Firmen kann das Amt für Wirtschaft und Arbeit zusätzliche Sanktionen wie Geldstrafen oder sogar eine schweizweite Dienstleistungssperre verordnen.
Die tripartiten Kommissionen, bestehend aus Vertretern der Behörden, Arbeitgeber - und Arbeitnehmerseite, kontrollieren Branchen ohne allgemeinverbindlichen GAV. Wenn eine tripartite Kommission ein missbräuchliches Verhalten feststellt, verständigt sie den fehlbaren Arbeitgeber und versucht, eine Einigung bzw. eine Anpassung der Löhne zu erwirken. Werden zudem negative Auswirkungen auf das Lohngefüge einer Branche festgestellt, können weitere Massnahmen wie eine erleichterte Allgemeinverbindlichkeitserklärung des GAV oder der Erlass zwingender befristeter Normalarbeitsverträge beim Kanton beantragt werden.
Wer ist dafür, wer dagegen?
Pro-Komitee: Vor allem Arbeitnehmerverbände und Gewerkschaften (z.B. Unia, vpod zürich, Gewerkschaftsbund des Kantons Zürich), aber auch Arbeitgeberverbände und Arbeitgeber. Von den Kantonalparteien befürworten SP, AL, Grüne und EVP die Initiative.
Contra-Komitee: Vor allem grössere Arbeitgeberverbände (z.B. GVZ, SWISSMEM, KGV), aber auch andere Verbände wie ACS oder HEV Zürich. Abgelehnt wird die Initiative von den Parteien SVP, GLP, FDP, BDP, CVP und EDU.