„Lichtfestival ist Geheimtipp für Algarve“

Für das erste Lichtfestival der Algarve in Loulé waren die deutschen Künstler Christopher Bauder und das Kollektiv Plex Noir (Hamburg und Köln) Das „Fête des Lumières" im französischen Lyon war 1989 wohl die Mutter aller Lichtfestivals. Später wurde zum Beispiel auch die „Nuit Blanche" in der Hauptstadt Paris sehr bekannt. Seither sprießen solche Events weltweit fast wie Pilze aus dem Boden. Denn Stadtmarketing-Experten wollen auch dann Menschen auf die Straßen bringen, wenn die Kommunen in der dunklen Jahreszeit nicht so attraktiv erscheinen. Auch die Algarve hat seit dem 24. November 2017 ihr erstes Lichtfestival (wir berichteten). Sein Mentor, Beau McClellan aus Loulé, kennt sich bestens aus in dem kleinen Zirkus von Lichtkünstlern, der stets um die Welt reist und in dem jeder mit jedem verbunden ist. Beau, der schon seit mehr als einem Vierteljahrhundert an der Algarve lebt und mit einer Portugiesin verheiratet ist, rief vor ein paar Monaten in Berlin an und fragte Christoph Bauder vom Berliner Studio Whitevoid an, ob er Lust habe, an LUZA teilzunehmen. Er bot ihm als Präsentationsort das Kino Cine-Teatro Louletano an. Wie sich dann alles entwickelte, darüber lassen wir den Berliner am besten selbst erzählen. Frage: Welche Erfahrung mit Portugals Südküste bringen Sie mit, Herr Bauder? soeben Geburtshelfer. Dem Baby namens „LUZA" wünscht Bauder, der 2014 zum 25. Jahrestag des Mauerfalls die Lichtgrenze in seiner Heimatstadt Berlin installierte, eine kontinuierliche Entwicklung. Schon die erste Auflage fand bei tausenden von Gästen Gefallen. Im Exklusivinterview mit „Algarve für Entdecker" zeigt der Berliner auf, welche nächsten Schritte das Kind des 365 Algarve-Programms machen sollte. Frage: Wie haben Sie auf die Einladung in ein Algarve-Kino reagiert?

Bauder: Ich hatte bislang leider überhaupt keine Beziehung zur Algarve, wohl aber zu Portugal, weil ich oft den Vater meiner portugiesischen Ex-Freundin besucht habe. Meistens war ich zwischen Lissabon und Porto an der Küste. Die Algarve hat mich jetzt so richtig angefixt. Ich denke, ich muss vor allem im Sommer mal wieder hierherkommen.

Frage: Wie würden Sie ihre Installation selbst beschreiben?

Bauder: Erst war ich ein bisschen skeptisch, weil ich dachte, die Installation ‚Circular' wäre vielleicht zu klein für eine Theater-Bühne. Ich wollte das Ganze erst mit einem Vorhang etwas abtrennen, so dass jeder hinter die Bühne hätte gehen müssen. Aber dann fand ich es doch gut, dass man so etwas wie einen mechatronischen Theater-Akt auf der Bühne hat. Es gibt zwar keine Schauspieler, aber es hat diese Atmosphäre. Es geht in die Richtung leuchtendes kinetisches Ballett.

Frage: Zu erleben sind drei Leuchtringe unterschiedlicher Größe und Farbigkeit, die von Motoren an Kabeln vor schwarzem Hintergrund langsam hoch und runter gefahren und dabei geneigt werden. Sind Sie da nicht ziemlich eingeschränkt und bleibt das Ganze nicht sehr abstrakt?

Circular ist - in einem Satz gesagt - mechatronisches Theater, also Theater ohne Schauspieler und Inhalte, dargestellt von einer mechanischen und elektronischen Maschine, die wir als Menschen im Hintergrund programmiert haben. Zu sehen ist dreidimensional sich im Raum bewegendes Licht. Man kann damit praktisch eine Geschichte erzählen. Keine, die Inhalte transportiert, sondern es wird in Zusammenhang mit der Musik und der Bewegung ein meditativer Zustand erzeugt, in den das Publikum sich hereinziehen lassen kann. Wenn die Leute länger als zehn Minuten sitzen bleiben, hat es geklappt. Wir arbeiten am Wow-Effekt. Wenn die Leute sagen ‚Toll, so etwas habe ich noch nicht gesehen', dann hat's funktioniert.

Frage: Warum haben Sie sich für die Kreisform entschieden?

Bauder: Schon. Aber trotzdem ist es uns gelungen, 40 Minuten lang ganz unterschiedliche Variationen zu erzeugen. Das bekommt man selbstverständlich nur mit, wenn man lange genug sitzen bleibt.

Frage: Welche Rolle spielt Musik für Ihren künstlerischen Ausdruck?

Bauder: Es könnten auch Drei- oder Vierecke sein. Aber der Kreis ist in diesem Fall eine perfekte Ausdrucksform, weil er ohne Anfang und Ende ist. So wie wir es animieren und präsentieren, ist es ein sich immer weiter entwickelndes, aber auch in einem bestimmten Rahmen wiederholendes Element. Das Ganze ist langsam, getragen und rund. Deshalb ist der Kreis ein so gutes Symbol für etwas, was sich die ganze Zeit entwickelt, aber dennoch in seinem Rahmen gleichbleibt.

Frage: Und warum setzen Sie immer auch Nebel ein?

Bauder: Musik ist neben dem Licht ein ganz starker zweiter Faktor. Wir haben keine rhythmisch basierte und anregende Musik, sondern eher sich langsam und kontinuierlich entwickelnden Sound - am Rechner entwickelt von Elektronikmusikern. Zwar gibt es kleine Höhepunkte und Akzente darin, aber es handelt sich eigentlich eher um ein meditatives Grundrauschen - etwas, was im Hintergrund läuft, aber das Gemüt beeinflusst und Stimmungen erzeugt. Wenn man sich in die Vorführung hineinsetzt und sie über eine gewisse Zeit anschaut, gerät man im besten Fall in einen Zustand, der einen herunterbringt, in ein meditatives Gefühl. Genau genommen passiert eigentlich gar nichts: Es ist bewegtes Licht und Sound, keine Show, die Inhalte vermittelt. Darauf muss man sich einlassen können, einen Moment von der Hektik des Herumlaufens auf dem Festival abzuschalten und sich das einfach mal in Ruhe anzuschauen. Das ist Kunst als Beruhigungsmittel, wenn wir es einmal sehr einfach ausdrücken.

Frage: Wie sieht Ihre Bilanz für das Lichtfestival LUZA aus?

Bauder: Der Nebel hält, gibt dem Licht Volumen und Textur. Ich arbeite sowohl mit Haze, also ganz feinem, milchigem Nebelschleier, als auch mit direktionalen Maschinen, die ab und zu so einen Nebelstoß erzeugen. Dadurch gibt es mehr Zeichnung. Sonst sähe man das Licht ja nur genau auf den Ringen, aber so bringe ich es in den Raum. Den Mond betrachtet man schließlich auch besonders gerne, wenn er einen ‚Hof', einen Kranz hat...

Frage: Welche weitere Entwicklung wünschen Sie dem Lichtfestival der Algarve?

Bauder: Ich mag es eigentlich relativ gern, solche kleinen Festivals zu unterstützten, die noch nicht so arriviert und ‚abgegessen' sind, sondern wo das noch mit Liebe gemacht wird. Das ist toll organisiert hier und die Restaurants, in denen man essen gehen kann, sind nette Lokale. Das hat mir einfach Spaß gemacht in Loulé. LUZA ist ein kleines aber feines neues Lichtfestival. Es ist liebevoll kuratiert und es gibt sehr schöne, Site-spezifische Installationen, die entlang einer ablaufbaren Achse durch die Stadt verteilt sind. Ein wirklicher Geheimtipp für den Winter an der Algarve!

Bauder: Ich hoffe, dass dieser gute Start zu einer Serie von Festivals führt, die vielleicht jedes Jahr stattfinden. Dieses Jahr merkte man schon noch, dass die Leute noch gar nicht wussten, was das hier eigentlich ist und wie es funktioniert. Es wäre aber schön, wenn sich eine Tradition ergeben würde. Es steigt zwar auch der Anspruch, aber es gibt dann ein gewisses Grundverständnis davon, was einen unterhält und wohin man gerne geht.

Was ich bei diesem Lichtfestival hier sehr gut fand, war die Verbindung mit der lokalen Architektur. Mehrere Installationen befanden sich in historischen Gebäuden. In Loulé gibt es relativ viele leerstehende Gebäude. Die könnten durch solch ein Lichtfestival aktiviert werden, indem sie bespielt werden und so die Stadt neu belebt wird.

Frage: Wann und wo wird Ihre Lichtkunst-Installation „Circular" als nächstes zu sehen sein?

Die Leute können durch ein solches Lichtfestival auch ihre Stadt neu entdecken. Wenn ich in eine Kirche eine Lichtinstallation bringe, entsteht dadurch etwas Neues, ein neuer Blick auf den sakralen Bau. Das funktioniert hier, so glaube ich, ganz gut. Und bestehende Skulpturen und Infrastrukturen, die ohnehin in der Stadt stehen und an denen jeder Bewohner täglich vorbeiläuft, könnten buchstäblich in ein neues Licht gerückt werden.

Herzlichen Dank für dieses Gespräch, Herr Bauder!

Bauder: Vom 15. bis 17. Dezember in der Willner-Brauerei in Berlin-Pankow.


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