Algarve-Spross leitet Eurogruppe

Ein Mann der Algarve und damit des Südens der Euro-Währungszone ist jetzt Präsident der Eurogruppe: Der portugiesische Finanzminister Mário Centeno machte am 4. Dezember in Brüssel das Rennen - fünf Tage vor seinem 51. Geburtstag. Der in der Hafenstadt Olhão geborene und in Vila Real de Santo António aufgewachsene Algarvio hatte als „Ronaldo der EU-Finanzminister" entscheidend dazu beigetragen, dass sich das Investment-Rating Portugals erholt: Als „Muster-Schüler" Europas weist das Land derzeit sein niedrigstes Defizit seit dem Eintritt in den Euro auf. In Lissabon freute sich auch Regierungschef António Costa (unser Beitragsbild, rechts) über die Entscheidung für seinen Kollegen von der sozialistischen Partei PS.

Der Präsident der Eurogruppe wird immer mit einfacher Stimmenmehrheit der 19 EU-Finanzminister gewählt. Ein Gewinner muss also die Unterstützung von mindestens zehn Kollegen haben. Es handelt sich um einen der wichtigsten Posten in der Europäischen Union. Hier wird die Tagesordnung des monatlichen Treffens der Finanzminister aus den 19 Euro-Staaten festgelegt. Der Präsident leitet auch die Sitzung.

Skeptiker hatten vor der Wahl Centenos darauf verwiesen, dass er in Debatten oft zu akademisch agiere. Sein Handicap sei, dass er ein Land vertrete, das in der Finanzkrise selbst ein Hilfsprogramm benötigte. Bei der Wahl wurde er nun unter anderem von Italien unterstützt, dessen eigener Finanzminister Pier-Carlo Padoan den Posten ursprünglich angestrebt hatte, dann aber aus dem Kandidatenkreis ausschied.

Präsident der Eurogruppe „Ronaldo der EU-Finanzminister"

Deutschland wurde zunächst nachgesagt, eher für den Slowaken Peter Kazimir als Vorsitzenden votieren zu wollen. Dann aber drehte sich der Wind. Zum Schluss stieg Sozialist Centeno offenbar zum Wunschkandidaten von Deutschlands amtierender Kanzlerin Angela Merkel (CDU) auf. Sein Mitbewerber bei der Wahl waren Pierre Gramegna (Luxemburg) und Dana Reizniece-Ozola (Lettland). Der frühere deutsche Finanzminister Wolfgang Schäuble hatte den Portugiesen Mario Centeno als den „Ronaldo der EU-Finanzminister" bezeichnet, als das EU-Disziplinarverfahren wegen übermäßigen Defizit dank wirksamer Maßnahmen Portugals eingestellt werden konnte. Centeno, den die Financial Times als Favorit angesehen hatte, folgt nun dem Niederländer Jeroen Dijsselbloem nach. Er war vier Jahre lang Vorsitzender des informellen Forums der 19 EU-Finanzminister gewesen.

Präsident der Eurogruppe hat seine Wurzeln an der Algarve

Als 15 Jahren war Mário José Gomes de Freitas Centeno, wie er mit vollem Namen heißt, mit seinen Eltern, die Jobs bei der Post und bei einer Bank hatten, von der Algarve in die Hauptstadt Lissabon gezogen. Dort absolvierte er an der Universität ein Wirtschaftsstudium, das er mit exzellenten Noten abschloss. Das machte ihm den Wechsel an die amerikanische Elite-Universität Harvard möglich, wo er promovierte. Im Jahr 2000 kam Centeno mit seiner Frau und drei Kindern nach Lissabon zurück, wo er in der Wirtschaftsforschungsabteilung der Bank von Portugal tätig wurde. Im Herbst 2011 veröffentlichte er dort eine Studie über den negativen Effekt von Mindestlohn-Erhöhungen auf die Bezahlung im Niedriglohn-Sektor.

Im November 2015 wurde der Parlamentsabgeordnete Centeno in die neue portugiesische Regierung von Ministerpräsident António Costa berufen. Der Fußball-Fan (Benfica Lissabon) mag auch Rugby, das er in den USA auf dem College lernte. Gerne betätigt er sich auch als Hobby-Koch. Am liebsten serviert er „Choquinhos fritos com tinta", frittierte Tintenfischfladen, eine typische Spezialität der regionalen Gastronomie. Seine Heimatstadt Vila Real de Santo António hat Centeno für seine brillante akademische Karriere und seine erfolgreiche internationale Tätigkeit mit der Ehrenmedaille ausgezeichnet.

Chef der Eurogruppe kocht gerne regionale Spezialität

José Baía, ein Lehrer und Kommunalpolitiker in Tavira, unterrichtete den heutigen Finanzminister in der 5. Klasse, kann sich aber nur erinnern, dass Mário „der Enkel von Senhor Joaquim Gomes war, der ein Restaurant hatte, in dem wir zu Mittag aßen". Der Eurogruppenvorsitzende hat heute noch viele Familienangehörige und Bekannte in Tavira. Dort besitzt er auch immer noch ein Haus, in dem er mit seiner Frau und seinen drei Kindern lebt. Der Spross der Algarve gilt als bescheidener, ruhiger Mensch, der selbst in den schwierigsten Situationen die Fassung nicht verliert, einen Sinn für Humor hat, sich gern Zeit nimmt und mit vielen Menschen unterhält, aber gleichzeitig sehr fokussiert ist.

Sein Promotionsstudium in Harvard habe seine Art, auf die Wirtschaft zu sehen, in fast allem revolutioniert", sagte Centeno einmal in einem Zeitschrifteninterview. „Ich wurde viel sensibler für die Beziehung zwischen Wirtschaft und Menschen." Manchmal vergesse die Makroökonomie, dass Menschen auf der anderen Seite stünden. In seinem beruflichen Umfeld ist dem Sozialisten Mario Centeno das Etikett „liberal" aufgedrückt worden. Er selbst spricht aber lieber davon, die Gesellschaft zusammenzuhalten: „Wir können es nicht zulassen, dass die Gesellschaft das Individuum zerquetscht. Das ist mein Liberalismus."

Was Centeno anlässlich der offiziellen Bekanntgabe seiner Kandidatur für den Vorsitz der Eurogruppe erklärt hatte, steht auf dieser Regierungs-Website.

Einen wesentlichen Beitrag zur finanziellen Gesundung Portugals haben auch die wachsenden Einnahmen aus dem Tourismus, vor allem an der Algarve. Hierüber haben wir mehrfach berichtet. Das Land steht vor einem neuen Allzeithoch der Einkünfte aus Reisedienstleistungen.


wallpaper-1019588
Yuri!!! on Ice: Ice Adolescence – Produktion des Films abgebrochen
wallpaper-1019588
5 Dinge, die du als Trailrunning-Anfänger wissen solltest
wallpaper-1019588
Kalorienarme Lebensmittel: Top-Auswahl für Ihre Diät
wallpaper-1019588
Kalorienarme Lebensmittel: Top-Auswahl für Ihre Diät