Japanische Kultur und Minimalismus. Zwei Aspekte, die spätestens seit Marie Kondo in Zusammenhang stehen. So musste ich nach Magic Cleaning natürlich auch das Buch „Goodbye, things“ von Fumio Sasaki lesen.
Anders als Kondo ist Sasaki kein Ordnungsexperte. Vielmehr ist ein „random guy“, also ein ganz normaler Typ, der einfach über Minimalismus schreibt. Leben mit einem Minimum an Dingen aus der Sicht eines Mannes sozusagen. Eines Mannes, den man früher wohl als Maximalisten und heute wohl eher als Extrem-Minimalist bezeichnen könnte.
Die Rede ist von diesem Herrn hier:
4 T-Shirts, 3 Hemden, 5 Paar Schuhe, vielleicht gerade einmal noch an die 200 Gegenstände, die er sein Eigen nennt und ein Leben auf 20 m². So in etwa könnte eine kurze Bestandsaufnahme seiner Besitztümer lauten. Dabei war Herr Sasaki hier nicht immer so minimalistisch eingestellt.
Früher Maximalist…
Ganz zu Beginn seines Buches berichtet Fumio wie alles anfing. Im Prinzip erzählt er dabei von einem recht ungesunden Lebensstil. So beschreibt sich Sasaki als Menschen, der seine Frustration über dich selbst öfter mal in Alkohol ertrank, der übergewichtig war und dessen Besitztümer sich mit der Zeit stapelten.
Ein deutliches Zeugnis aus dieser Zeit – die Fotos seiner damaligen Wohnung, die man als Leser zu sehen bekommt.
Kein Vergleich zu heute, wenn man sich, dem entgegen, dann die Bilder seiner heutigen Wohnsituation ansieht. Ein richtiges Kontrastprogramm könnte man sagen.
Vom Maximalist zum Minimalist sozusagen.
Doch Fumio ist nicht der Einzige, der den Innenraum seiner Wohnung verbildlicht. Auch weitere japanische Minimalisten waren bereit ihr heutiges Leben mit der Welt zu teilen. So sieht man teilweise leere Räume, einen Wandschrank, der von seinem Nutzer zugleich als integrierter Schreibtisch genutzt wird sowie simples Dekor.
Für manch einen sicher gewöhnungsbedürftig. Denn die Beispiele, die man zu sehen bekommt, grenzen schon stark an Extrem-Minimalismus. Das wäre für manch einen sicher zu viel des Guten.
Doch, da es in Japan öfter mal Erdbeben gibt, sei es, laut Sasaki, auch wieder nützlich weniger zu besitzen. Denn auf diese Weise sei die Gefahr gesundheitlicher Folgen geringer. Man denke nur an Gegenstände, die herunter fallen könnten. Weniger sei in dieser Hinsicht wohl auch mehr.
Warum Minimalismus?
Wir alle werden als Minimalisten geboren. Wenn wir auf die Welt kommen, dann mit nichts. Erst später, mit wachsendem Alter, widmen wir uns dem Konsum und beginnen somit Besitz anzuhäufen. Doch im Endeffekt waren die Japaner früher immer schon Minimalisten. So besaß ein Japaner damals gerade einmal 3 oder 4 Kimonos. Und das reichte. Nicht so wie heute wo man immer nach mehr und dem Neuesten strebe.
Kontrastprogramm früher zu damals
Was ich sehr sympathisch an dem Buch finde ist, dass Fumio alles aus seinem persönlichen Blickwinkel erzählt. So erhält man einen guten Einblick darin was für ein Mensch er früher einmal war und welchen Wandel er durch den Minimalismus hingelegt hat.
Wie bereits erwähnt war sein Lebensstil
damals alles andere als gesund. Das Bild, das er von sich selbst preis gibt ist das eines frustrierten Mannes, der sich permanent mit anderen verglich und irgendwann selbst den Job zu verfluchen begann, den er früher einst so erstrebenswert fand.
Dem entgegen hat sich in seiner Lebensführung heute für ihn so einiges durch den Minimalismus geändert. Heute steht er bei Sonnenaufgang auf, macht die Wäsche, saugt jeden Tag sein Appartement, nimmt eine Dusche und meditiert. Und statt fern zu sehen wie früher, liest er ein Buch oder schreibt.
Warum Minimalismus? Der Grund: Fumio war von seinen Besitztümern überwältigt. Denn nie konnte er etwas wegwerfen.
Ein Teufelskreis. So nahmen die Dinge irgendwann schließlich immer mehr Raum ein, erfüllten jedoch keinen Nutzen, während Fumio eifersüchtig auf diejenigen war, die mehr hatten und erfolgreicher waren als er. So versprürte er in sich den Drang immer mehr Besitztümer anzuhäufen.
Von alledem überwältigt, beschloss Sasaki schließlich, dass es Zeit war etwas zu ändern und begann sich von seinen Besitztümern nach und nach zu trennen.
Warum sammeln wir überhaupt so viele Dinge an?
Im Grunde haben wir alles was wir wollen, noch nicht einmal brauchen. Und manchmal sogar noch mehr. Doch genau das ist der Haken an der Sache. Wir gewöhnen uns zu schnell an das was wir haben. Langeweile schleicht sich ein und der Wunsch nach etwas Neuem, in diesem Fall ein neues Besitztum, erwacht in uns. So wollen wir dann immer mehr und immer das Neueste, sind, wenn wir dieses dann aber haben, jedoch nur kurzzeitig zufrieden.
Alles sei auf unser Selbstwertgefühl zurück zu führen, schreibt Sasaki. So freuen wir uns über positives Feedback von außen, fühlen uns dadurch geschätzt und wertvoll. Und somit umgeben wir uns auch mit Dingen, die unseren Selbstwert, unsere Charakteristik, vielleicht unsere Individualität hervor- und anheben sollen. Um unseren Wert zu steigern, nach außen hin zu präsentieren und für andere sichtbar zu machen. So werden die Dinge, mit denen wir uns umgeben, schnell zu dem was wir sind, so Sasaki.
Gerade hier beschreibt er, wie er sich damals selbst über seine Besitztümer definierte, wie er oftmals nach dem perfekten Ding suchte. Rezensionen und Bewertungen mit einander verglich. Alles nur um beispielsweise das Gerät mit der besten Qualität zu erhalten. Und das manchmal nur des Habens wegen, ohne diese optimale Funktion des erstandenen Dings je zu nutzen. Oder wie er Auktionen besuchte um teure Kameras zu erstehen, die er schlussendlich jedoch nie praktisch nutzte.
Auf seinem Weg hin zum Minimalismus beschreibt Sasaki an dieser Stelle auch sehr eindrücklich, dass im Endeffekt wir es sind, die Dingen ihren Wert geben. So zum Beispiel den Wert uns über diese zu definieren. Doch im Endeffekt ist nicht alles davon sinnvoll. Nicht alles wertvoll. Warum also nicht einfach nur noch das besitzen, das wir wirklich brauchen?
Tipps um Lebewohl zu sagen
Auf den nächsten Seiten gibt Sasaki schließlich Tipps, wie einem das Leben als Minimalist am besten gelingt. Aus eigener Erfahrung werden hierbei dann recht übersichtlich das Prinzip des Minimalismus erklärt.
Es sind weniger Regeln, vielmehr nützliche Tipps wie zum Beispiel: Wenn du etwas ein Jahr nicht mehr benutzt hast, ist es wohl Zeit lebewohl zu sagen. Oder: Reduziere alles was du doppelt hast. Oder auch: Unser Zuhause ist kein Museum; es bedarf keiner Sammlungen.
55 Tipps, übersichtlich und prägnant geschrieben, die sicher für jeden, der zu seinen Dingen Lebewohl sagen möchte, etwas Hilfreiches beinhalten.
Am meisten gefällt mir hierbei der Tipp Lebewohl zu seinem früheren Selbst zu sagen. Denn an Dingen aus der Vergangenheit festzuhalten sei wie an einem Bild von sich selbst aus der Vergangenheit festzuhalten, so Sasaki. Und ich finde, da ist durchaus etwas dran. Denn sich von Dingen zu trennen verändert. Wo wir dann auch schon beim nächsten Punkt des Buches wären – Sasakis persönliche Veränderung.
Veränderung durch Minimalismus
In 12 Punkten beschreibt Sasaki schließlich wie er und sein Leben sich seit seinem Wandel zum Minimalisten verändert hat. So beschreibt er, dass er nun mehr Zeit gewonnen hat. Ein kostbares Gut, das in unserer heutigen Zeit fast schon zu einer Seltenheit geworden ist. Doch nun, da er sich nicht mehr mit den Dingen, die ihn umgeben auseinander setzen muss, hat er mehr Zeit das zu tun, das ihm Freude bereitet.
Ein weiterer Zugewinn: Sasaki vergleicht sich nicht mehr mit anderen. War er früher jemand, der sich gerne mit anderen verglich, hat er heute zu sich selbst gefunden, beschreibt er. So macht er sich heute auch keine Gedanken mehr was andere über ihn denken könnten. Auch mehr Freiheit ist so ein Zugewinn. Abgesehen davon, dass er sich heute auch mehr Gedanken um Nachhaltigkeit macht. Eine Entwicklung, die für sein Empfinden selbstverständlich ist. Alles in allem beschreibt Sasaki durch den Minimalismus mehr zu sich selbst gefunden zu haben und heute mehr Fokus auf das zu legen, das ihm wichtig ist.
Fazit
Alles in allem habe ich das Buch sehr gerne gelesen. Gerade weil es mich schon länger inerssiert hatte. Nach Marie Kondo fand ich es einfach mal interessant die Sichtweise eines Mannes zum Thema zu lesen.
Nun ist Sasaki wohl ein eher extremes Beispiel für einen Minimalisten. Man kann in seinem Fall sicher schon von Extremminimalismus sprechen. So weit wie Sasaki muss man sicher nicht gehen, dennoch finde ich das was er schreibt sehr anregend.
Im Endeffekt könnte man wohl sagen „Goodbye things“ ist ein persönlicher Erfahrungsbericht eines Menschen, der auf seinem Weg zum Minimalismus zu einem gesünderen Lebensstil gefunden hat und nun andere an eben diesen Erfahrungen Teil haben lässt.
Auf alle Fälle kann ich dieses Buch jedem, der sich für das Thema Minimalismus interessiert, nur empfehlen.