Lebenslustige Franzosen?
Diese Statistik ist zu schön um wahr zu sein: Während die Tarifverdienste in Deutschland 2012 im Gastgewerbe nur um 1,8 Prozent höher lagen als ein Jahr zuvor und damit nicht einmal die Inflation ausglichen, war der tarifliche Anstieg in Frankreich mit 2,4 Prozent nicht nur deutlich höher, sondern zusammen mit dem Verarbeitenden Gewerbe der höchste in der Privatwirtschaft unserer Nachbarn.
Tarifsteigerungen in Deutschland (rot) und Frankreich (grau) in ausgewählten Branchen in Prozent: Quelle: Statistisches Bundesamt
Das Verarbeitende Gewerbe liegt seit Jahrzehnten bei den tariflichen Gehaltssteigerungen ganz vorne. Das gilt nicht nur in Deutschland und Frankreich, sondern in den meisten Ländern, denn die Automatisierung schafft Spielraum für höhere Gehälter. Das Gastgewerbe muss hierzulande dagegen dauern reale Umsatzrückgänge (also nach Herausrechnen der Inflation) bekannt geben. Kein Wunder, dass die tarifliche Gehaltsentwicklung nach dem Grundstücks- und Wohnungswesen und zusammen mit den Banken und Versicherungen am unteren Ende der Privatwirtschaft lag und die Einkommen sogar hinter der Verbraucherpreissteigerung von 2,1 Prozent zurück blieben.
In Frankreich dagegen liegen die Gastwirte ganz vorne. Dafür liegt dort der Bereich Verkehr und Lagerei, hierzulande der mit dem zweithöchsten Tarifplus, an der letzten Stelle. Hier also die organisierten Deutschen, dort die lebenslustigen Franzosen? Ganz so einfach ist es leider nicht, denn ein Großteil der Beschäftigten im Gastgewerbe sind in Deutschland gar nicht tariflich bezahlt. Ob das in Frankreich auch so ist, entzieht sich meiner Kenntnis.
Vor allem aber dürfte die Erhöhung des Mindestlohns in Frankreich um mehr als 3,6 Prozent eine nicht unerhebliche Rolle gespielt haben. Denn auch bei unseren Nachbarn werden viele Beschäftigten im Gastgewerbe wohl eher im unteren Lohnbereich zu finden sein.