Hallo und Bonjour liebe Leserinnen und Leser,
heute am Freitag wollen wir uns einmal wieder mit meinem geliebten Frankreich beschäftigen. Allerdings werde ich Sie heute nicht auf eine kleine, virtuelle Reisetour mitnehmen, sondern das Geheimnis lüften, was ich am vergangenen Freitag Abend unternommen habe.
Mademoiselle singt nicht den Blues, sondern Piaf
Wie Sie sich vielleicht vorstellen können, fühle ich mich unserem Nachbarland nicht nur als wunderschönem Reiseland, sondern auch in Bezug auf seine Literatur und seine Musik verbunden. Mein französischer zeitgenössischer Lieblingsautor ist Christian Signol, der auf feinfühlige, eher leise und unaufgeregte, aber immer sehr poetische Art seine Heimat und deren Bewohner porträtiert. Die französische Musik darf, für meinen Geschmack, ebenfalls poetisch feinfühlig, aber durchaus auch einmal kräftig und ausdrucksstark sein.
Daher bin ich schon seit langen Jahren ein Fan von Patricia Kaas. Ihr erstes Album Mademoiselle chante le blues habe ich 1988 zwar nicht so richtig wahrgenommen, danach ihre außergewöhnliche Karriere mit Interesse und vor allem offenem Ohr verfolgt. Die Tocher eines Bergarbeiters aus Stiring-Wendel in Lothringen hat schon als Kind auf saarländischen Bühnen gesungen, ist als Teenager jeden Samstag im Saarbrücker Club Rumpelkammer aufgetreten und bezaubert mit ihrer rauen, rauchigen Stimme inzwischen ihr Publikum auf der ganzen Welt. Leider hatte sich für mich nie die Gelegenheit ergeben, einem ihrer Konzerte beizuwohnen.
Bis letzten Freitag. Und auch das ist nur einem glücklichen Zufall geschuldet – ich habe zwei Freikarten bei HR1 in der Sendung Reinke am Samstag gewonnen. Auf diesem Weg nochmals einen herzlichen Dank an Moderator Kai Völker, der meine “Glücksfee” war.
Am vergangenen Freitag Abend um 20 Uhr war es dann in der Alten Oper in Frankfurt endlich soweit: Kaas chante Piaf. Auch für mich und den LEM in der 30. Reihe!
Die Show begann mit einem der bekanntesten Chansons von Edith Piaf – Mon Dieu. Einfach, fast sparsam inszeniert. Zwei Musiker, ein vom Scheinwerferlicht eingerahmter Stuhl und die kleine, zierliche, aber enorm stimmgewaltige Patricias Kaas. Gänsehautgefühl pur!
Aus den mehr als 400 Chansons des Lebenswerkes von Edith Piaf hat Patricia Kaas 21 herausgesucht, die sie uns an diesem Abend als Hommage an den Spatz von Paris präsentiert. Dabei sind natürlich die bekannten “Gassenhauer” der Piaf wie Padam, Milord, La vie en rose, Hymne à l’amour und Non, je ne regrette rien, was den Abschluss dieses bemerkenswerten Konzerts, das manchmal wie ein Musical daherkommt, bildet. Im mittleren Teil des Konzerts singt Kaas allerdings auch viele nicht so bekannte, aber dafür in der gewählten Schlichtheit grandios präsentierte Werke. Besonders bemerkenswert waren für mich Mon vieux Lucien und Les blouses blanches, wo Patricia Kaas ihr ebenso außergewöhnliches schauspielerisches und tänzerisches Talent zur Schau stellt. Bei Milord wirkt im Hintergrund auf der eingespielten Videoprojektion ein langjähriger Freund der Kaas mit: Alain Delon, der auch mit über 75 noch immer nichts von seiner erotischen Ausstrahlung verloren hat und, dem Chansontext entsprechend, herzergreifend ein paar Tränen vergießt. Den choreographischen Höhepunkt des Konzerts bildet die Inszenierung von La vie en rose, bei dem sowohl Patricia Kaas als auch ihr Tänzer über sich hinauswachsen und dem Lied eine ganz eigene Interpretation verleihen.
Alles in allem ist Kaas chante Piaf keine boße Aneinandereihung von Piaf-Titeln, sondern eine mutig in Szene gesetzte Neuinterpretation. Manche Titel gefallen mir, ehrlich gesagt, im Original, also von Edith Piaf gesungen, einen Tick besser, aber das ist persönliche Geschmackssache. Ingesamt war das Konzert ein unvergessliches Erlebnis und eine würdige Hommage an die Grande Dame des französischen Chansons. Auch 50 Jahre nach ihrem Tod haben ihre Lieder, auch wegen der expressiven Texte, nichts von ihrer Ausdruckskraft verloren. Merci Patricia Kaas. Und ein weiteres Merci an Hr1!
Wer mehr über das Leben von Patricia Kaas erfahren möchte, kann dies in ihrer Biographie nachlesen, die auf Französisch als l’ Ombre de ma voix und auf Deutsch als Mademoiselle singt den Blues: Mein Leben 2012 erschienen ist.
La vie en rose
In ihrer Biographie habe ich gelesen, dass Patricia Kaas die japanische Küche schätzt. Damit kann ich leider heute nicht dienen. In Anlehnung an eines der bekanntesten Piaf-Chansons möchte ich Ihnen, cher lecteur und chère lectrice, jedoch zum Abschluss einen kleinen rosaroten französischen Augenblick schenken.
Kir
Für die kleinen französischen Momente im Leben.
Kir ist ein in der Bourgogne kreierter Cocktail, der gern zum Apéro getrunken wird und aus 9 Teilen eines Bourgogne Aligoté (ein milder Weißwein) und 1 Teil Crème de Cassis (Johannisbeerlikör) besteht.
Ich gehe, was den Kir betrifft, gern etwas “fremd”, weil ich als Basis nicht einen weißen Burgunder, sondern einen Weißwein aus der Loireregion (genauer gesagt aus dem Gebiet Pays nantais), nämlich einen Muscadet-Sèvre et Maine ins Glas fülle. Das ist ein unkomplizierter, frischer und leicht moussierender Wein, der in der Region vornehmlich zu Fisch und Meeresfrüchten serviert wird. Ich kombiniere ihn gern mit einer Crème de Mure (Brombeerlikör), sodass auf diese Weise mein ganz persönlicher, mon Kir à moi entsteht.
So wünsche ich Ihnen jetzt Santé und ein schönes Wochenende. À bientôt
Ihre Heike Kügler-Anger
Wer neugierig geworden ist, kann die Biographie hier kaufen:
Die CD zum Konzert gib es hier: