Ein Moskau ohne Kremlpalast wäre undenkbar. Zumindest, was den Palast angeht. Für Teile der Verwaltung scheint dies nicht länger zu gelten. Es wird geliebäugelt mit einem Umzug nach Sibirien
Krasnojarsk in Südostsibirien
Erstauntes Augenblinzeln auf dem russischen Jugendforum Seliger- 14, welches Ende August stattfand. Eher beiläufig lässt Präsident Putin bei einem Besuch dort die Bombe platzen: „Ich halte es für möglich und zielführend, den Standort eines Teils der föderalen und zentralen Behörden nach Sibirien zu verlegen.“ Der russische Präsident erläutert weiter: „Krasnojarsk zum Beispiel eignet sich meiner Auffassung nach für eine Umsetzung dieses Projekts.“ Völlig neu ist dieser Gedanke nicht, jetzt jedoch beginnt er konkrete Formen anzunehmen. Nicht zuletzt in dem Wissen, dass viele russische Firmen, darunter auch Staatsunternehmen, hinterher ziehen würden, sollte ein Teil der Futtertröge dorthin verlagert werden.
Begeisterung allemal bei Wladimir Gorodezki, seines Zeichens kommissarischer Gouverneur der benachbarten Oblast Novosibirsk: „Eine teilweise Verlegung föderaler Behörden nach Krasnojarsk wäre unter geografischen Gesichtspunkten für unsere Regionen vorteilhaft.“ Er äußert Hoffnung: „Ich wünsche mir, dass Krasnojarsk ein solches Entwicklungszentrum eines großen Russland wird, eine Drehscheibe der Verbindung zu den Ländern des Ostens, an der Entwicklung, Weltpolitik und Weltwirtschaft zusammenfließen.“
Hinter diese Ankündigung verbergen sich gleich mehrere Absichten. So sollen die sibirischen Gebiete endlich eine bessere wirtschaftliche Entwicklung erfahren. Anstatt weiterhin brach zu liegen, sollen sie die russische Wirtschaft unterstützen. Zugleich scheint der Ort Krasnojarsk aus strategischer Sicht interessant, da durch die Nähe zur chinesischen Grenze der heimlichen Besiedelung der Region durch chinesische Grenzwanderer begegnet werden kann. Natürlich nicht, ohne dort zugleich eine neue Handelsdrehscheibe zwischen Russland und China zu etablieren. Dadurch würden nicht nur die russische und chinesische Wirtschaft gefördert, sondern auch die Regionen beiderseits der Grenze. Aus militärischer Sicht könnte die Entscheidung ebenfalls interessant sein. Brächte eine solche Verlegung gen Osten doch einen erheblichen räumlichen Abstand zwischen die wichtigen politischen, militärischen und wirtschaftlichen Verwaltungsebenen Russlands und den aggressiven Westen, der Russland mit seinem Raketenschirm und seiner Osterweiterung bedroht. Nicht zuletzt jedoch wäre es ein symbolischer Akt der Abkehr von Europa. So wandert der Kreml ostwärts. Zuerst Petersburg, dann Moskau und zuletzt Krasnojarsk.
Quellennachweis und weiterführende Links: