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GTL | 16.9.2014 | Kommentare (0)
Kosteneffizienz in der Medizin ist doch was Gutes, oder?
Wer auch immer heute über eine Budgetsanierung spricht, der spricht von einer Verwaltungsreform aber auch vor dem Amen in seinem Gebet vom Gesundheitssystem.
Jahrzehnten einschlägiger Gehirnwäsche haben dazu geführt, dass jeder davon überzeugt ist, dass im Gesundheitssystem sinnlos Millionen verpulvert werden.
Dass seit Jahren die Ausstattung öffentlicher Spitäler in den sogenannten “reichen Ländern” inzwischen gegen ein chinesisches Schwerpunktspital abstinken, darüber spricht man nicht (ein chinesischer Gastprofessor an meiner Abteilung hat dies kürzlich etwas höflicher formuliert), egal.
Dass wir zwar vor Wahlen etwas Zahnkosmetik betreiben (Stögers Zahnspangen irgendwann einmal auf Krankenschein ….) aber die angeblich sanierten Kassen nur an den Schneidezähnen weiße Füllungen zahlen und daneben Amalgam prangt, wurscht.
Kürzlich stolperte ich über eine interessante Publikation, die die wissenschaftliche Literatur zu Kosteneffizienz in der Medizin analysierte (http://onlinelibrary.wiley.com/doi/10.1111/j.1524-4733.2005.04010.x/full ) Growth and Quality of the Cost–Utility Literature, 1976–2001, publiziert 2005!
Ein paar Zitate gefällig?
Wenig überraschend hat die Häufigkeit entsprechender Untersuchungen innerhalb des Untersuchungszeitraumes drastisch zugenommen und natürlich kommt die Mehrheit der publizierten Studien aus den USA, einem Land dessen Gesundheitssystem das teuerste aber vermutlich auch das ineffizienteste der Welt ist.
Hinsichtlich des ärztlichen Einkommens sind die USA aber durchaus empfehlenswert, auch egal.
Soweit mir die aktuellen Rankings bekannt sind, haben sich die Verhältnisse im folgenden Jahrzehnt nicht geändert. Die meisten Studien kommen auch heute aus den Speerspitzen des Neoliberalismus, den USA und Großbritannien; zwei Länder in denen weniger finanzstarke Patienten zwar nicht gerade gut betreut werden, aber egal.
Das Gesundheitssystem in Großbritannien ist wenigstens so ehrlich, dass es mehr oder weniger festgelegt hat, dass ein QALYyear
(http://de.wikipedia.org/wiki/Qualit%C3%A4tskorrigiertes_Lebensjahr ), also ein zusätzliche Jahr voller Gesundheit nicht mehr als 20.000 Pfund kosten darf, wenn es vom öffentlichen Gesundheitssystem finanziert werden soll. Ein Punkt, über den wir hier noch nicht einmal zu denken wagen (Was sagt uns Diskrepanz zwischen erzielbarem Einkommen und Therapiekosten? http://wp.me/p1kfuX-IZ).
Die Autoren bemerkten auch, dass diese Publikation in diesem Zeitraum methodisch zwar besser geworden sind, aber – und das ist das meines Erachtens das Bedenkliche – konstant von 35% der publizierten Studien nicht bekannt ist, wer sie finanziert hat!
Ich frage mich, wie lange wir es uns nach gefallen lassen, dass inzwischen völlig zu Recht ärztliche Wissenschafter jede Affiliation (http://www.salzburg.com/nachrichten/oesterreich/wirtschaft/sn/artikel/pharma-honorare-an-aerzte-werden-oeffentlich-118915/) offen legen müssen, diejenigen aber, die neue Verfahren in der Medizin durch ihre Hochrechnungen verhindern, verschweigen, in wessen Auftrag sie agieren. Dazu passt auch, dass die Autoren der zitierten Studie bemängeln, dass viele Arbeiten die verwendeten Berechnungsmethoden nur unzureichend validiert bzw. verifiziert haben.