Köpfe der Spielebranche: Interview mit Wolf Lang von THREAKS

Wir von Games-Career.com haben es uns zur Aufgabe gemacht, euch bekannte Persönlichkeiten der deutschen Games-Szene vorzustellen. In unserer Blogreihe „Köpfe der Spielebranche" darf deshalb auch Wolf Lang, Mitbegründer des Hamburger Independent-Game-Studios THREAKS, nicht fehlen. Mit dem musikalischen Unterwasserabenteuer gewann THREAKS den Deutschen Computerspielpreis in der Kategorie „Bestes Jugendspiel" und hat mit dem süßen Kerlchen mittlerweils so gut wie jede Spieleplattform erobert . Mit der Indie Arena Booth unterstützt THREAKS zusätzlich auf der gamescom junge Studios, Studentenprojekte und Newcomer. Worauf sich Indie-Developer bei der Entwicklung ihres ersten Spiels konzentrieren sollten, was er sich für die deutsche Games-Branche wünscht und welchen Job er ausüben würde, wenn er nicht in der Games-Branche gelandet wäre, verrät Wolf uns im Interview.

Games-Career.com: Karriere in der Games-Branche: Eher Zufall, oder war es schon immer dein Ziel?

Wolf Lang: Anscheinend wollte ich schon immer in die Gamesbranche, hat mir letztens zumindest ein alter Schulfreund erzählt, aber mit meinem Badewannen-Gehirn ist diese Info wohl untergegangen. Das es mich dann in die Games-Branche gezogen hat war anscheinend, wenn ich mir die Lebensläufe anderer Developer anschaue, eine natürliche Entwicklung. Als ausgebildeter Rettungssanitäter, Bauarbeiter, Pizzafahrer, Diplom Designer, Werber und Geschichten-Erleber/Erzähler deckt nur die Games-Industrie als Meta-Medium meine Interessensgebiete ab.

Games-Career.com: Mit eurem Titel „Beatbuddy" habt ihr mehrere internationale Preise innerhalb der Games- und Musik-Industrie gewonnen. Warum habt ihr euch gegen einen direkten Nachfolger entschieden?

Wolf Lang: Beatbuddy war ein toller Start in die Industrie vor allen Dingen, weil wir mit dem Titel fast genauso so viel erreicht haben wie wir auf Fresse bekommen haben, sehr lehrreich. Da wir bei THREAKS sehr Konsens fokussiert entwickeln, war die Zeit nach 5 Jahren Beatbuddy reif was Neues auszuprobieren und bessere Entwickler zu werden. Titel wie Retro Invasion und All I Have Is Time sind große Herzensprojekte und ein wichtiges Zeichen aus Deutschland an den internationalen Markt. Vor allen Dingen Retro Invasion ist laut, bunt, ironisch und in die Fresse - sowas muss mal in Deutschland gemacht werden.

Games-Career.com: Hast du (drei )Tipps für Indies, wie sie die Finanzierung für eigene Projekte stemmen können?

Wolf Lang: Viel wichtiger als die Frage wo Euer Geld herkommt, ist die Frage wie viel Geld ihr braucht, um Euer Produkt zu beweisen! Auf jeden Titel kann man immer mehr Geld schütten und noch eine Runde Feature Creep drehen, aber wichtig ist es für Euch raus zu finden was Euer MVP (Minimal Viable Product) ist. Wie viel braucht das Spiel, um Spaß zu machen? Ab wann ist mein Core-Loop fühlbar? Was unterscheidet mein Spiel von anderen? Was ist der eine Satz im Pitch, der die Leute lächeln lässt? Vor allen Dingen als junger Entwickler ist es nicht ganz leicht zu unterscheiden, was wichtig und unwichtig für das eigene Spiel ist. Online Multiplayer Mode - BULLSHIT, Achievement System mit Online Leaderboards - HELL NO, Monetariesierungs Plan über die nächsten 3 Jahre - ok, ich glaube ich habe meinen Punkt klargemacht. Leider haben wir hier auch die Krux. Leute die Euch Geld geben würden, legen leider genau auf diese Art Feature Name Dropping wert. Dadurch fehlt dann am Ende oft der Fokus, um die Eigenständigkeit des Produkts bzw. der Game Idee herauszuarbeiten. Aktuell gibt es in Deutschland nur eine sehr geringe Zahl von Publishern die dieses Problem verstehen. Mein Tipp daher, entwickelt die Kernidee Euers Spiels soweit bis Euch keiner mehr den Spielspaß und die Eigenständigkeit des Games absprechen kann. Wenn Ihr Euch nicht hinter Feature Pitches versteckt, tut ihr Euch zudem meist einen großen Gefallen. Oft merkt man erst an dem barebone Prototype, dass die Idee in der Umsetzung zu schwach ist und verschwendet dann nicht 1-2 Jahre an der Umsetzung einer mittelmäßigen Idee.

Games-Career.com: Wie wichtig ist für Indie-Entwickler ein internationales Kontaktnetzwerk?

Wolf Lang: Ich habe in meinen 7 Jahren Games-Industrie eine Menge Indies zu Grunde gehen sehen, weil sie einen Kardinalsfehler begangen haben. Sie haben das Business Development an einen externen Partner abgegeben. Ein kleines Studio das an persönlichen Indie Games arbeitet, muss diese auch auf Messen, vor Publishern und Presse vorstellen und verkörpern können. Die Zeiten sind vorbei in denen man sich als Entwickler in seiner Dev-Dungeon verkriecht und wartet, dass die Sales Zahlen und Reviews reindröppeln. Der Markt erwartet heutzutage mündige Developer. Es muss nicht jeder der geborene Showmaster sein, aber wenn Du da draußen nicht einmal anderen Leuten vermitteln kannst, warum Du für Deine Spielidee brennst, wird es sehr wahrscheinlich auch kein gutes Spiel. Denn im Endeffekt ist gutes Game Design nichts anderes als die Kommunikation von tollen, interaktiv aufbereiteten Ideen. Wer keine spannenden Game-Ideen hat oder diese nicht transportiert kriegt wird auch keine relevanten Spiele machen. Daher hilft es massiv jedem da draußen, seine Ideen zu pitchen oder seinen Prototyp zu zeigen. Dadurch baut man sich automatisch ein Kontakte Netzwerk auf, dass z.B. uns als THREAKS in 2013 den Arsch gerettet hat. Nach dem zuerst schlechten Release von Beatbuddy hatten wir die richtigen Kontakte im Netzwerk die uns uneigennützig geholfen und Mut gemacht haben. Diese Hilfe geben wir seitdem an anderer Developer zurück in unser Arbeit beim Indie Arena Stand oder bei der Organisation des Innogames Jams 2016 auf der gamescom. THREAKS Firmen Motto #25: What goes around comes around!

Games-Career.com: Bei der Indie Arena Booth bist du an der Orga eines 450 qm großen Messestandes auf der gamescom beteiligt. Wie können sich interessierte Indie-Entwickler daran beteiligen?

Wolf Lang: Die Mitarbeit am Indie Arena Stand ist ein großes Zeit Investment und ein großer Vertrauensvorschuss. Alle Leute ihm Team verkörpern die Ansichten und Werte der „neuen Deutsche Entwickler Welle": internationaler Qualitätsanspruch, gemeinsam stark, Kollaboration, respektvoller Umgang, Vertrauen in die Arbeit der anderen und immer mit dem Ziel unseren Developern noch mehr Value zu bieten. Wir stehen in einem direkten Vergleich mit Messen wie der PAX und unseren Freunden vom Indie Mega Booth und wollen jedes Jahr mehr an deren Qualtitäts-Maßstäbe heranwachsen. Nur dann kommen die geilsten Devs aus der ganzen Welt nach Deutschland. Dies erfordert einen sehr kritischen Anspruch an die eigene Arbeit und ein hohes Maß an Altruismus, den wirtschaftlich rechnet sich der Booth für die Macher nicht. Zudem haben wir extrem kurze Entscheidungswege, die notwendige sind um den Workload vom Stand in unserer „Freizeit" bewältigen zu können. Daher haben wir aktuell entscheiden keine weiteren Devs ins Core Team aufzunehmen, außer alle Organisatoren können sich auf die Person einigen und sehen einen Mehrwert zum aktuellen Angebot des Standes. Jedoch freuen wir uns über jeden Dev, der als Volunteer auf dem Stand supporten will. Mittlerweile sind wir auch nicht mehr nur der reine Stand, sondern haben auch eigene Events und einen Bereich in der Business Area. Wir können nur jedem Dev empfehlen sich beim Indie Arena Booth zu engagieren. Mal abgesehen von der riesen Menge an Input, lernt man spannende Developer kennen, kriegt sehr konkretes Feedback und Tipps für die eigenen Spiele und hat Zugriff auf einen gewaltigen Wissensschatz gebündelten Developer Know-Hows.

Games-Career.com: Wie sieht ein typischer Arbeitstag bei dir aus?

Wolf Lang: Bei uns geht der Tag um 9:15 mit dem Morgen Meeting los in dem jeder THREAKS Entwickler/in erzählt was gestern gemacht wurde und was heute geplant ist. Da bei uns in hoher Eigenverantwortung gearbeitet wird, schafft dies einen guten Überblick ob wir mit allen Baustellen noch im Zeitplan sind. Zudem stellen wir am Anfang des Meetings immer die Frage: „Problems or questions anybody?" Es gibt nichts Schlimmeres als wenn jemand den ganzen Tag ein Problem mit sich rumträgt und dadurch Leute anmeckert bzw. seine Energie auf dem Projekt in negative Gedanken umwandelt. Nach dem jeder seine Ziele für den Tag kennt, habe ich meist noch ein bis zwei weitere kurze Update Meetings entweder in meiner Rolle als Design Director mit Olaf oder zusammen mit meinem Co-Geschäftsführer Bulas und unserem Studio Manager Moe bei Management Themen. Wir haben eine Company Roadmap für Management Aufgaben in Trello, planen unsere Games Projekte aber in Jira. Oft arbeite ich daher bis zum Mittag in Trello Tickets ab und switche nach dem Mittag auf die Game Projekte in Jira. Dabei ist mein Aufgaben Pensum meist immer recht bunt und die Herausforderung besteht darin, es nicht zu bunt werden zu lassen. Wenn man z.B. ein englisches Press Briefing über den Völkerverständigungs-Hintergrund des IGJAMs auf der gamescom schreibt und nebenbei Game Mechaniken überlegen muss, bei denen man den Gegnern besser die Köpfe weg fetzt, kann es am Ende des Tages im Gehirn ganz schön jucken. Mittlerweile hat man aber ganz gut im Griff sich die Themen gut einzuteilen, dass liegt aber vor allen Dingen daran das wir sehr selbst kritisch miteinander umgehen und uns gegenseitig konsequent helfen, unsere selbstgesteckten Entwicklungs-Ziele zu erreichen. Vor allen Dingen an den regelmäßigen Thermen Tagen schaffen wir eine Atmosphäre in der man über wirklich alles reden kann #ArbeitgeberSelbstanzeige. Ab 18:30 geht es dann öfter noch einmal in die dritte Tageshälfte u.a. zu den wöchentlichen Calls um 20:30 mit dem Indie Arena Booth Team. Es kommen aber auch oft Feedback Mails von unseren Geschäftspartnern aus den USA die um 18 Uhr langsam aufstehen. Generell schaffen wir es aber meist eine 42-45 Stunden Woche zu schaffen, da wir gezwungenermaßen gelernt haben das wichtige von dem unwichtigen und das dringende von dem nicht dringenden zu unterscheiden.

Games-Career.com: Was ist das Schönste an deinem Job? Was stresst?

Games-Career.com: Was zockst du im Moment?

Wolf Lang: Mother Russia Bleeds und Quantum Break. Ich liebe Remedy Spiele und bin generell ein großer Fan der finnischen Entwicklerszene. 90% weniger Entwickler als in Deutschland mit 300% soviel Output und Erfolg (Remedy, Housemarque, Supercell, Rovio, Frozenbyte etc.). Das ist auch unser Ziel bei THREAKS mit wenigen, hoch geskillten, breit gefächerten Leuten den Markt aufzumischen.

Games-Career.com: Welche Headline würdest du gerne über dich auf Kotaku, Polygon und Co. lesen?

Wolf Lang: Wolf Langs Rucksack wurde auf der E3 geklaut!

Games-Career.com: Wenn du nicht in der Games-Branche arbeiten würdest, womit würdest du dein täglich Brot verdienen?

Wolf Lang: Darüber habe ich mir in letzter Zeit öfter Gedanken gemacht. Dabei bin ich aber immer zu dem Schluss gekommen, dass alle meine Interessensgebiete von meinem aktuellen Job ausgefüllt werden. Vom Musik Produzent, zum Design Director, Marketing Fritzen, Messe Hostess, Moderator, T-Shirt Designer ist alles dabei. Irgendwann hätte ich vielleicht noch mal Lust, ein Restaurant zu eröffnen. Mein Geschäftspartner Sebastian Bulas und ich hatten 2009 schon mal ein Restaurant Konzept fertig für asiatisches Street Food mit Namen „Stickyiki". Ist immer gut, einen Plan B zu haben.

Games-Career.com: Was müssen unsere Leser sonst noch über dich wissen?

Wolf Lang: Ich bin der Schüchterne in meiner Familie.
Ich habe mal jemanden 7 Rippen beim reanimieren gebrochen. Ich habe mir noch nie was gebrochen.

Meine Bewerbungsmappe an der Kunst Uni war unter den Top 10 des Jahrgangs.
Zwei Jahre vorher habe ich mit einer 5 in Kunst mein Abi bestanden.

Ich habe mal ein gut bezahltes Tagesseminar bei einem Hamburger Unternehmen gegeben über iOS Programmierung. Ich kann nicht programmieren, aber alle haben viel gelernt.
Ich habe dem Creative Director von Rock Band mal für seine tolle Arbeit an Guitar Hero gratuliert.
Ich werde in Kürze Vater.
In dem Beatbuddy Kostüm war schon mindestens ein nackter Finne.

Games-Career.com: Last Words? Wolf Lang: Ich hoffe es kommt bald mal ein richtig gutes und erfolgreiches Spiel aus Deutschland, das niemand für Deutsch hält (Deutsche Vorurteile: Simulations-Spiele, kein Humor, Free2Play usw.). Das würde noch einmal untermauern, dass sich in den letzten 5 Jahren sehr viel Gutes in der deutschen Entwicklerszene getan hat.

Wir bedanken uns herzlich bei Wolf für dieses wunderbare Interview und wünschen ihm sowie dem gesamten Team von THREAKS weiterhin viel Erfolg.

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