Konservativ

Heute, liebes Internettagebuch, werden wir mal rausfinden, was konservativ ist.

Es ist in den Debatten der letzten Wochen nicht allzu deutlich geworden, was vielleicht ein bißchen daran liegt, dass es keine Debatten waren - es war eher eine kindergartenverdächtige Aneinanderreihung von "Das muss man doch sagen dürfen" und "So darf man das aber nicht sagen". Zu münden scheint die Hysterie jetzt allerdings in die Frage, ob und wie diese Aufregung in parteipolitische Bahnen und Erfolge gelenkt werden kann. Man hört von einer "Sarrazin-Partei" mit einem Wählerpotential von 16 Prozent, die aber nach Lage der Dinge nicht mal mit Sarrazin aufbieten könnte, will der doch schließlich partout in der SPD bleiben. Und eine Steinbach-Partei wirds wohl auch nicht geben, sie will nämlich die CDU auch nicht verlassen- aber immerhin denkt sie laut über das Potential nach.

So lesen wir also heute unter anderem:

In einem Interview der „Welt am Sonntag“ erklärte sie, „dass jemand, der sich mit etwas Charisma und Ausstrahlung auf den Weg begeben würde, eine neue, wirklich konservative Partei zu gründen, die Fünf-Prozent-Hürde spielend überspringen würde“.

welt.de

Vielleicht sollte ich mir die "Welt am Sonntag" kaufen, denn trotz einer Menge Worte finde ich keinen Hinweis darauf, was so eine Partei eigentlich wollen würde. Die Kriegsschuldfrage neu zu diskutieren, kann es nicht sein, auch wenn das dabei eine Rolle spielt:

Sie erwarte aber „mehr innerparteiliche Solidarität“, wenn Mitglieder des Bundes der Vertriebenen von Grünen und Linken im Stiftungsrat des Zentrums gegen Vertreibungen angegriffen würden.

Ich notiere mir also: Konservativ sein heißt, auch dann zu einem zu stehen, wenn man echt Müll redet. Dazu paßt auch, was andere Unionspolitiker in diesem Artikel an Zitaten beisteuern, nämlich zum Beispiel:

Die großen Volksparteien müssten die Sorgen der Bevölkerung hinsichtlich der Integrationsprobleme mit muslimischen Migranten deshlab ernst nehmen. „Denn diese Sorgen werden sich mit dem Abgang von Thilo Sarrazin nicht in Luft auflösen.“

Das ist wohl wahr, vor allem, wenn sich rumspricht, das man mit dem Anstoß solcher Diskussionen seine Pension hochschraubt. So richtig sympatisch wollen mir die Werte zwar nicht werden, die da zu Tage treten, aber immerhin tritt da was zu Tage, das ist mehr, als mir Frau Steinbach zu dem Thema erklären kann.

Aber scheinbar ist Integration ein ganz großes konservatives Thema. Ich nehme an, man sieht dort seine letzte Gelegenheit gekommen, wenigstens irgendjemanden entsprechend einem nicht näher beschriebenen Idealbild umzuformen - nur wie genau das aussieht, Fehlanzeige. Obwohl z.B. Réne Stadtkewitz sogar bereits fest die Gründung einer neuen Partei angekündigt hat, will auch er selbst im letzten großen Wahrheitenblatt unserer Zeit nicht damit rausrücken:

An einen Beitritt von Thilo Sarrazin glaube er allerdings nicht, sagte der 45 Jahre alte Politiker. „Wir müssen akzeptieren, daß Thilo Sarrazin seine politische Karriere für beendet erklärt hat.“ Dennoch werde man Vorschläge aus seinem Buch „Deutschland schafft sich ab“ aufgreifen und das Gespräch mit Sarrazin suchen.

Jungefreiheit.de

Ok, aber damit hätten wir wieder einen Anhaltspunkt: Eugenik ist scheinbar auch konservativ. Sehr verwirrend. Und damit ich dann endgültig nicht mehr weiß, was abgeht, erklärt mir Ex-Piratenparteivorstand Aaron König, in seiner stellvertretenden Funktion außerdem noch:

Koenig charakterisierte die angestrebte Partei als "weniger sozialdemokratisch als die CDU, sehr viel liberaler als die FDP und mehr Antiparteien-Partei als die Grünen".

Spiegel.de

Alles klar. Jetzt weiß ich auf jeden Fall, daß Sarrazin weniger sozialdemokratisch ist als die CDU - warum er dann unbedingt in der SPD bleiben muß, weil sonst die Meinungsfreiheit gefährdet ist, da bin ich jetzt schon wieder überfordert. Liberaler als die FDP zu sein ist zwar so gesehen nicht schwierig, aber da der einzige Programmpunkt zu sein scheint, Leute mit anderen Sitten, Verhaltensweisen und Denkweisen entsprechend einem nebligen Ideal umzuprogrammieren, will mir auch das spontan nicht einleuchten.

Und sich zu gründen, weil alle anderen Parteien nicht konservativ genug sind und  die "etablierten" Parteien das Volk für unmündig erklären, klingt auch nicht gerade nach einer Pro-Parteien-Partei, aber es wird ja nicht logisch, es wird, halten Sie sich fest, bürgerlich-liberal. Ja, genau, den kennen Sie schon: Das haben die Pressesprecher der schwarz-gelben Traumkoalition anfang des Jahres auch mal versucht, weil die Wortschöpfung "schwarz-gelb" so schlecht angesehen war.

Und nein, auch da werden Sie nicht herausfinden, wie das dann eigentlich aussieht, wenn man sich ordentlich integriert hat, weil man dann sehr schnell vor der Frage steht, wass man eigentlich mit den ganzen nicht integrierten Deutschen macht. Sehen Sie, dahin führen diese Gärtnerideologien immer, also politische Ansätze, die versuchen, menschliche Lebensentwürfe in gut und schlecht, in wertvoll und in nicht wertvoll aufzuteilen. Das ist nicht liberal. Und das ist nicht konservativ, nur weil es alt ist. So gesehen ist das einzige, was dabei rauskommen kann, eine Radikalisierung, denn selbst WENN alle dem Idealbild nachlaufen, was immer das auch sein könnte, kein einziges Problem unserer Zeit damit gelöst ist. Da man aber glaubt, hier läge die Wurzel allen Übels, muß man dann halt noch deutlicher und vor allem nachhaltiger trennen zwischen denen, die dazugehören und denen, die das nicht tun. Ja, und irgendwann macht dann Polen mobil, aber das ist eine andere Geschichte für einen anderen Tag.

Immerhin ist das Wetter sehr integriert heute....

Kommentare


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