Kolumne: Das sinnlose Verweigern von Zeitstrafen

Motorsports / DTM 6. race Red Bull Ring Spielberg

M140106 300x200 Kolumne: Das sinnlose Verweigern von ZeitstrafenDass die Fahrer und Teams die Rennleitung wegen gewisser Entscheidungen kritisieren, gehört zum täglichen Geschäft dazu. Dennoch ist diesen – wenn auch ungern – Folge zu leisten. Der heutige Vorfall während des DTM-Rennens am Red Bull-Ring zeigte den seltenen Fall, dass sogar mit einer schwarzen Flagge nachgeholfen werden musste.

Die Situation nochmal kurz aufgerollt: Die Pflichtboxenstopps standen an und Robert Wickens im Mercedes fuhr genauso wie BMW-Pilot Timo Glock in die Box. Der Stopp des ehemaligen Formel 1-Piloten lief offensichtlich besser ab und demnach fuhr der letztjährige Hockenheim-Sieger auch früher als Konkurrent Wickens wieder los. Der Kanadier wurde prompt losgeschickt und Timo Glock dadurch zum Bremsen gezwungen.

Der 32-Jährige sah eindeutig ein “Unsafe Release”, was die Rennleitung auch anschließend untersuchte und zu der Entscheidung kam, dem um den Sieg kämpfenden Mercedes-Piloten eine Durchfahrtsstrafe aufzubrummen. Bei Mercedes war das nicht nachzuvollziehen – man protestierte gegen die Entscheidung und ließ ihren Piloten unwissend von seinem Schicksal weiterfahren.

Sitzt man die Strafe nicht innerhalb drei Runden ab, droht dem Piloten die schwarze Flagge – und so kam es. Robert Wickens sah erst durch die schwarze Flagge, dass ihm Unheil drohte.

Erinnerungen an Silverstone 1994

Als diese Situation aufkam musste ich interessanterweise an das Formel 1-Rennen 1994 in Silverstone denken: Hier erhielt Michael Schumacher damals eine 5-Sekunden-Zeitstrafe, weil er Damon Hill während der Einführungsrunde zwecks Beschleunigungsübungen unerlaubterweise mehrfach überholte. Diese Strafe wurde erst nach den ersten Boxenstopps ausgesprochen – allerdings von Teamchef Flavio Briatore falsch verstanden.

Der Italiener ging davon aus, dass diese Zeit nach dem Rennen auf die Gesamtzeit von Schumacher addiert werden würde und somit ließ er seinen Piloten weiterfahren. Dem war nicht so: Als der Deutsche auch nach mehreren Runden nicht an die Box kam, erhielt dieser die schwarze Flagge.

Dennoch fuhr Schumacher weiter, während Briatore versuchte das Missverständnis aufzuklären. Überraschenderweise wurde das zunächst gestattet: Die schwarze Flagge wurde aufgehoben, Michael Schumacher saß kurz darauf die Strafe ab und wurde am Ende Zweiter – jedoch nur auf doch nachträglich disqualifiziert zu werden. Schlimmer noch: Das Ignorieren der schwarzen Flagge brachte dem Benetton-Piloten später noch eine zwei Rennen Sperre.

Dieses Beispiel zeigt ganz klar: Man legt sich besser nicht mit den Funktionären an – egal ob FIA oder DMSB.

Protest gegen Zeitstrafen sinnlos

Das Thema Zeitstrafen ist in der Hinsicht auf Proteste nochmal was ganz Besonderes, da Proteste hier überhaupt nicht möglich sind. Ich erinnere mich an einen Fall – wieder die Formel 1 – als McLaren 2008 versuchte Lewis Hamiltons Spa-Sieg wiederzubekommen, nachdem der Brite im Kampf gegen Kimi Räikkönen die Schikane ausließ, sich minimal zurückfallen ließ und anschließend direkt wieder überholte.

Die Zeitstrafe warf Hamilton damals vom 1. auf den 3. Platz zurück – und diese Entscheidung blieb auch bestehen, weil die Berufung scheiterte.

Aus der DTM fehlen mir da vergleichbare Situationen – aber ich erinnere mich daran, dass Bruno Spengler mal eine Zeitstrafe verweigern wollte, weil er damit nicht einverstanden war – sie aber dann kurz vor knapp doch notgedrungen absaß und das verhindern konnte, was man heute in Kauf genommen hatte.

Dennoch kann ich nicht verstehen, warum Mercedes versuchte sich während des Rennens durchzusetzen. Gerade, weil solche Vorhaben schon im Vorneherein zum Scheitern verurteilt sind.

Ob die Rennkommissare nun richtig entschieden haben oder nicht ist mal ein ganz anderes Thema. Oder ob die Entscheidungen konsistent sind – diskutieren kann man auch nachher noch. Auch wenn das Ergebnis vermutlich im Regelfall nicht mehr zu retten ist.

Hinter all der Politik trifft des betroffenen Piloten am Schlimmsten – auch wenn er überhaupt nichts dafür konnte. Mit der Durchfahrtsstrafe hätte es zwar nicht mehr für den Sieg, aber zumindest für Punkte gereicht.


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