Klimafolgen der griechischen Schuldenkrise

Die ökologischen Folgen der griechischen Finanzkrise werden zu wenig thematisiert: Die gemessenen Temperaturen im Berliner Stadtgebiet zum Beispiel sind abends bis zu 15 Grad höher als im Umland. Umweltaktivisten warnen vor dem unkontrollierten Ausstoß von Heißluft, der in den letzten Wochen eskaliert ist (auch wenn einige sagen, es hätte was mit der Bebauung zu tun). Ich würde denn auch gerne was zu Griechenland schreiben, nur bin ich halt auch sensibilisiert für die Folgen von Blähungen für das Klima, und die Internetcommunity in ihrer Gesamtheit ist da gerade dabei, Kühe von ihrem Thron zu stossen.

Ich weiß, dass ich nichts weiß. Ich bin durch die Finanzkrise schon 2009 nicht wirklich durchgestiegen. Ich stand verständnislos vor Rettungspaketen und Bürgschaften, mit kindlichem Staunen lauschte ich den Versicherungen meiner Regierung, die Krise wäre vorbei. Ich begaffte mit großen Augen unsere Diskussion über die Regulierung der Finanzmärkte und kratzte mir den Kopf blutig, weil sie nicht stattfand. Seit Griechenland reichen bereits drei Sätze eines durchschnittlichen Artikels über die Schuldenkrise aus, und die Buchstaben tanzen vor meinen Augen, und ein leiser Piepton zeugt von der totalen Nichtaktivität sämtlicher Gehirnfunktionen. Politiker aller Coleur, Regierungschefs, Finanzminister, Wirtschaftsexperten - alle wissen ganz genau, was abgeht, und was passieren muss, und sie kommen mir alle vor wie Ratten in einem Labyrinth. Ohne Käse.

Ich habe zum Beispiel gelesen, das griechische Parlament würde über die Rettungspakete abstimmen, was gleichzeitig heißt, dass sie weiteren Sparmaßnahmen zustimmen. Alternativlos. Verlängert wegen großem Erfolg, nehme ich an:

  • Wirtschaftswachstum: -5,5 Prozent
  • Arbeitslosigkeit: +4,7 Prozent
  • Umsatz des Einzelhandels: - 9 Prozent
  • Pleiten im Einzelhandel: 11 Prozent

Vor allem unser Leitmedium läßt es sich nehmen, zwischen Beleidigungen auf Schulhofniveau mit guten Ratschlägen zu kokettieren. Ich würde dem einen oder anderen dieser Tage wirklich wünschen, nur einen Tag lang als durschnittlicher griechischer Bürger aufzuwachen. Nur  aufzuwachen. In den fünf Sekunden, in denen dem entsprechenden Alleswisser dann durch den Kopf geht, was das schon heute für ihn bedeuten würde, würde er alles denken, was ich jetzt mühseelig aufschreiben müßte, allem voran: Ich werde von Ratingagenturen regiert. Wobei: Das könnten Sie auch schon als durschnittlicher deutscher Bürger denken, wenn Sie aufwachen.

Ja, tatsächlich. Den Institutionen, von Fitch bis Standard&Poor;, die Lehmanns Finanzprodukte mit Qualitätssiegeln ausstattete, obliegt es heute, mit nur einer Schlagzeile das Leben von Millionen europäischen Bürgern zu ruinieren. Dafür müssen sie nur das Alphabet aufsagen, und schon rennen unsere Häuptlinge um die Wette und liefern die Begründungen nach. Sie erinnern sich: Wir sind faul. Wir müssen mehr leisten. Wir haben über unsere Verhältnisse gelebt. Wir haben eine soziale Hängematte. Zuviel Urlaub. Zu hohe Löhne. Das lassen Sie sich auch alles bieten. Irgendwelche BWL-Yuppies in den USA sagen das Alphabet auf, unsere Häuptlinge robotern die gewünschten neoliberalen Phrasen, und Sie ziehen sich den Schuh an.

Immerhin wird das Fernsehprogramm dadurch besser.

Vor ein paar Tagen habe ich zu Hause gesessen und auf 20 Uhr gewartete. Tagesschauzeit. Fast so wie Sylvester. Nur, dass es nicht überall knallt, sondern ein bundesweiter Lachanfall die Scheiben klirren läßt. Das war, als Sarkozy und Merkel sich ernsthaft darauf geeinigt haben, private Gläubiger freiwillig an der Bewältigung der Schuldenkrise zu beteiligen. Ich konnte förmlich die Folge der Sesamstraße sehen, in der Ernie Bert das Geschäft seines Lebens vorschlägt: Krümelmonster schuldet Bert Geld. Also schlägt Ernie Bert vor, dass Bert Krümelmonster seine Schulden erläßt - oder Ernie gibt Krümelmonster das Geld, und der gibt es Bert. Kann sich Bert aussuchen. Ganz freiwillig.

erniebert

P.S.: Ratingsagenturen haben ausserdem das Wetter für den Sommer auf ein CC+ herabgestuft. Das wird wieder teuer.

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