Kino-Kritik: Ziemlich beste Freunde

Kinokomödien leben von ihren Gegensätzen. Arm und Reich, Schwarz und Weiß, Hund und Herrchen, Polizist und Gangster und so weiter und so weiter. Mein erster Film des Jahres bedient sich selbstverständlich demselben Schema. Der französische Megaerfolg Ziemlich beste Freunde (knapp 16,9 Mio. Zuschauer, damit auf Rang 4 der französischen All-TimeCharts!) zerrte mich wie einen bockigen Köter geradewegs in den Kinosaal. Der Trailer war ungemein unterhaltend, dennoch hielt ich bisher von französischen Komödien nicht viel. Vor allem die Taxi-Reihe halte ich für komplett überbewerteten Murks. Die Franzosen sollen Thriller inszenieren, wie Die purpurnen Flüsse oder Pakt der Wölfe. Das können sie wirklich gut. Aber Ziemlich beste Freunde sprach mich an. Aber konnte er mich überzeugen?

Kino-Kritik: Ziemlich beste FreundeDriss (Omar Sy) will eigentlich nur eine Unterschrift fürs Arbeitsamt. Er wohnt in einem der ärmsten Vierteln von Paris und ist auf das Arbeitslosengeld angewiesen. Da er nicht damit rechnet, je eine feste Anstellung zu erhalten, erhofft er sich nicht viel vom Bewerbungsgespräch bei Phillippe (François Cluzet). Doch der vom Hals abwärts gelähmte Mann findet Gefallen an Driss, obwohl er eine kriminelle Vergangenheit hat. Denn Driss ist der einzige Mensch, der ihm kein Mitleid entgegenbringen wird.
Im Laufe der wenigen Monate lernen die beiden unterschiedlichen Charakterköpfe sich besser kennen, freunden sich an und Phillippe fasst neuen Lebensmut. Und auch Driss lernt viel beim reichen, gebildeten Kerl, der nur noch an den Ohren erotisch stimuliert werden kann…

Oh du Kinojahr 2011. Dir weine ich keine Träne nach. Du hattest gute Filme, keine Frage, aber mal ehrlich: den wirklichen Knaller werden wir erst dieses Jahr erleben. Oftmals. Jeden Monat mindestens einmal. Und wenn du so unfassbar gut weitermachst, wie du mit Ziemlich beste Freunde angefangen hast, dann erwarten uns noch SEHR große Dinge!

Ganz ehrlich meine Freunde, dieser Film ist ein PflichtGuck! Oh ihr Kinokomödien des letzten Jahres…ja ich rede mit dir, du Bad Teacher…oder mit euch besoffenen Schrumpfköpfen von Hangover II…selbst der gelungene Paul…verneigt euch vor Ziemlich beste Freunde.
Zugegeben, ich übertreibe gerade ein wenig. Nichtsdestotrotz habe ich selten wirklich so viel und herzhaft gelacht wie bei diesem französischen Werk von Olivier Nakache und Eric Toledano. Die Geschichte des schwarzen, jungen Mannes aus den Elendsvierteln von Paris und dem vermögenden Herrn, dessen Blick aufs das Leben von Trauer und Melancholie bestimmt ist, geht ans Herz. Und trotz all der lustigen Momente, wenn beispielsweise (Vorsicht Spoiler!) Driss brühenden Kaffee über die gelähmten Beine von Phillippe schüttet und fasziniert von seiner Gefühlslosigkeit mehr und mehr ausgießt (Spoiler-Ende), nimmt sich der Film Zeit für die ruhigen, gefühlvollen Momente. Gerade die Szenen von Driss in seinem Viertel sind sehr stimmig inszeniert.

Ganz frei ist Ziemlich beste Freunde zwar auch nicht, so ist gerade das Ende zwar nett, aber doch unglaublich vorhersehbar und manchen Nebencharakter könnte man schon besser beleuchten, aber dies wiegt keinesfalls schwer, denn Omar Sy und François Cluzet spielen ihre Charaktere einfach grandios. Und auch die Synchro ist Gottseidank gut gelungen, was ich bei vielen französischen Filmen bisher auch meist als Kritikpunkt ansah.

Kino-Kritik: Ziemlich beste FreundeDas Kinojahr 2012 beginnt mit einem großen Knall. Und vielleicht, vielleicht sah ich bereits in dieser Woche die Kinokomödie des Jahres. Ziemlich beste Freunde ist einfach eine Geschichte für jeden, der auf gute Charakterkomödien steht. Es gibt keine Fremdschämszenen, stets ist jeder Gag „niedlich“ verpackt, trotz mancher derber Zote. Doch der Mix, der auch im steten Wechsel mit den emotionalen Szenen entsteht, hebt diesen wunderbaren Film noch ein Stückchen höher. Kein Wunder, dass knapp ein Viertel aller Franzosen in diesen Film gerannt ist. Und er hätte verdient, dass auch in Deutschland so viele kommen.


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