Das Jahr geht zuende, es wird kalt und dunkel. Die Weihnachtszeit steht vor der Tür, da kommt neben verstärktem Konsumterror auch Besinnlichkeit auf, und der Drang, schnell noch mal etwas Gutes zu tun. Das nutzen auch die Unternehmen gern, um sich bei den Leuten einzuschleimen. Dafür erfinden sie irgendwelche Aktionen, die demonstrieren sollen, dass man sich auch in den Chefetagen der Konzerne darüber bewusst ist, dass es trotz aller Anstregungen, die unternommen werden, noch ganz schön viele Probleme auf der Welt gibt. Derzeit veranstaltet Rewe eine dieser unsäglichen Ekelkampagnen, die Wohltäter aufruft, Gutes zu tun: „Kauf eins mehr für die Tafeln!„
Besonders widerlich ist, dass Rewe und (und toom und was sonst noch zur Rewe-Gruppe gehört) es darauf anlegen, dass die Spender die Dinge zum Spenden in den Rewemärkten einkaufen sollen. Aber wie soll man die Milliardenumsätze der Rewe-Gruppe auch sonst zusammenkriegen. Zwar will das Unternehmen am Ende noch eine Sachspende drauflegen, aber das macht die Sache auch nicht besser. Die gespendeten Lebensmittel sollen an die rund 870 lokalen Tafeln in Deutschland gehen. Rund 50.000 ehrenamtliche Helferinnen und Helfer (wie wäre es mit der Kristina-Schröder-Bundesfreiwilligen-Plakette in Silber für alle?) sammeln regelmäßig Lebensmittel, die in den Supermärkten nicht mehr verkauft, aber dennoch bedenkenlos verzehrt werden können, und geben diese an über eine Million Bedürftige weiter.
„Auch hierzulande gibt es zunehmend Menschen, denen das Geld fehlt, um sich gesund und ausgewogen zu ernähren“, erklärte REWE -Geschäftsführer Lionel Souque zum Auftakt der Spendenaktion. „Mit unserem Engagement wollen wir zeigen, dass jeder Einzelne mit geringem Aufwand dazu beitragen kann, Großes zu bewirken.“
Da bleibt einem nur, den Brechreiz niederzuringen, der angesichts dieser Heuchelei emporsteigt, und zu fragen, ob der gute Mann noch alle Tassen im Schrank hat. Was natürlich eine rhetorische Frage ist, denn wenn er alle Tassen im Schrank hätte, würde er sich doch nicht hinstellen, um sich in einer Wohltätigkeit zu suhlen, die die Verantwortung gleich wieder an „jeden Einzelnen“ weiterreicht, sondern selbst mal Verantwortung übernehmen und wenigstens darüber nachdenken, wie weit er und sein Unternehmen dazu beiträgt, dass es im reichen Deutschland überhaupt nötig ist, an bedürftige Menschen Lebensmittel zu spenden.
Denn dass sich die Leute keine ausgewogene und gesunde Ernährung mehr leisten können, ist wirklich ein Skandal. Und der kommt zustande, weil es in einer Konkurrenzgesellschaft wie der unsrigen, wo Konzerne, Institutionen und letztlich jeder Einzelne gegeneinander antreten müssen, Gewinner und Verlierer gibt. Und je härter die Konkurrenz, desto weniger Gewinner und desto mehr Verlierer. Und obwohl klar ist, dass es Verlierer geben muss, wird den Leuten eingeredet, sie seien selbst schuld, wenn sie zu den Verlierern gehören. So ehrenwert ich es von den freiwilligen Helfern finde, die versuchen, das Elend zu lindern, so traurig ist es doch, dass genau dieses Engagement diese skandalöse Situation zementiert!
Denn wenn man die Leute mit den Tafeln am Verhungern hindern kann, dann können von der Leyen & Co den Mindestbedarfssatz ja noch weiter runterschrauben. Deswegen freuen die sich ja auch, wenn am Wohltätigkeitsnerv der Bürger gekitzelt wird, denn privates Engagement kostet den Bundeshaushalt gar nichts. Dann bleibt mehr Geld, für Bankenrettungen und wirtschaftlich notwendige Kriegseinsätze. Aber an den Zuständen, die dazu führen, dass immer mehr Leute nicht mal mehr genug Geld haben, um sich vernünftig zu ernähren, ändert es überhaupt nichts.
Das soll natürlich auch so sein. Ein bisschen Armut ist durchaus erwünscht, denn sonst kommen die Leute auf die Idee, es sich in der sozialen Hängematte gut gehen zu lassen und anstrengungslosen Wohlstand zu genießen. Und der ist in Deutschland nun man nicht für alle da. Wer soll denn dann arbeiten, um den Laden am Laufen zu halten?!