Jörg Lau: Ist Islamkritik ohne Islamophobie möglich?

Die deut­sche Debatte des Jahres 2010 ist bei aller Vielstimmigkeit von ei­nem ein­zel­nen Buch geprägt, und das gilt nicht nur für die so genannte „Is­lamkritik“: Thilo Sarrazins Sachbuchbestseller „Deutschland schafft sich ab“.
Die merk­wür­dige Ironie die­ses Erfolgs ist, dass Sarrazins Buch als Beitrag zur „Islamkritik“ in die Geschichte ein­ge­gan­gen ist. Dafür gibt es Gründe, etwa die Gegenwart von Necla Kelek, die auch als soge­nannte „Islamkriti­kerin“ fir­miert, bei der Vorstellung des Buchs in Berlin. Auch bereits die Diskussion vor Erscheinen des Buchs auf­grund von Sarrazins Interview mit „Lettre International“ im Herbst 2009 wird hier die Weichen der Re­zeption gestellt haben. Schon die­ses Interview wurde weit­hin als Angriff auf Muslime und den Islam wahr­ge­nom­men.
Was das Buch sel­ber angeht, ist die „islam­kri­ti­sche Rezeption“ aller­dings erklä­rungs­be­dürf­tig: Im März 2011 erklärt der Autor bei Gelegenheit eines Auftritts in der Evangelischen Akedemie Tutzing, eigent­lich habe er „ja gar kein Buch über Muslime schrei­ben“ wol­len, son­dern – über den Sozi­alstaat. Und mit der Zuwanderung beschäf­tige er sich ent­spre­chend auch erst ab Seite 256.
Das ist sach­lich rich­tig, macht die Aufregung um Sarrazin aber noch rät­sel­haf­ter: Alles ein gro­ßes Missverständnis? Sind die Muslime sel­ber schuld, wenn sie sich ange­spro­chen füh­len? Polemisch gesagt: Typisch isla­mische Ehrbesessenheit und Neigung zum Beleidigtsein? Und was die vie­len Hunderttau­sende Käufer angeht, haben die dann auch alles miss­ver­stan­den?

http://blog.zeit.de/joerglau/2011/10/28/ist-islamkritik-ohne-islamophobie-moglich_5179


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