Gestern schrieb ich für meinen anderen Blog einen Artikel über die Situation der Afroamerikaner in den USA. Er war voller kluger und bissiger Ironie, mit der ich die Situation der farbigen Jugendlichen in den Ghettos anprangern wollte.
Und dann habe ich alles wieder gelöscht.
Denn mit Ironie im Internet ist es so eine Sache, und genau das ist das Thema beim Webmasterfriday.
Was ist Ironie?
Stupidedia, der Gottvater der Ironie behauptet:
Ironie, die, ist die gottgegebene Fähigkeit, eine Sache so auszudrücken, wie sie nicht ist, gleichzeitig Kritik daran zu üben, wie sie ist oder wie der Gesprächspartner meint, dass sie sei oder zu sein habe und – das ist das Hinterhältige daran – zugleich das Verständnis der eigenen Bemerkung von der Intelligenz des Gesprächspartners abhängig zu machen. Wer das jetzt nicht auf Anhieb verstanden hat, sollte auf keinen Fall den Fehler begehen, den Satz ein zweites Mal zu lesen, er wird dadurch nicht besser. (Quelle: http://www.stupidedia.org/stupi/Ironie)
Mit anderen Worten: Ironie setzt ein gewisses Sprachverständnis, sowie eine gewisse Intelligenz voraus.
Da 2 Menschen durchaus in der Lage sein können, das Gleiche zu sagen, aber etwas ganz Unterschiedliches zu meinen, ist es immer von großem Vorteil, wenn man der ironisierenden Person gerade gegenüber sitzt, um derem Minenspiel der Worte dunkler Sinn zu deuten. Ist dies nicht möglich, wäre es hilfreich, die Person gut zu kennen.
Ironie im Internet
Auch hier weiß Stupidedia Bescheid:
… Ein wesentlicher Vorteil elektronischer Kommunikation liegt zweifelsfrei darin, dass man beliebige Dinge schreiben kann, ohne dass ein sarkastischer Unterton oder ein unwillkürliches Mundwinkelzucken gleich die finsteren Absichten verrät. Von Zeit zu Zeit ist es jedoch von Vorteil, wenn auch der Adressat die eigentliche Botschaft versteht. Mittelintelligenten Dumm-Usern wird dezent mit einem zwinkernden Smiley auf die Sprünge geholfen; bei dummen Dumm-Usern hilft nur der unmissverständliche, aber völlig witztötende Forencode [ironie] … [/ironie]. (Quelle: ebenda)
Das ist das große Problem. Das geschriebene Wort – und damit hat man im Internet ja häufig zu tun – ist ein sehr eingeschränktes Kommunikationsmedium, um das anspruchsvolle Instrument des ganz feinen Humors zu spielen. Selbst berühmten Karikaturisten gelingt es mit ihren Cartoons oft nur zeitweise, obwohl hier noch das Medium der bildlichen Darstellung hinzukommt.
Und manchmal gerät man einfach an die Sorte Menschen, die einem mit Gewalt falsch verstehen wollen, weil sie einen nicht mögen oder einen schlechten Tag haben oder aus Prinzip auf alles anspringen, wo sie Böses vermuten könnten. Und dieser Spezies ist auch im wahren Leben kaum zu helfen.
Fazit:
Mit Ironie im Internet sollte man sehr vorsichtig sein. Wenn ich nicht ein anerkannter Kabarettist oder ein Schreiber von sehr guten Artikeln für den Spiegel bin, möchte ich mir in 15 Jahren nicht vorwerfen lassen, dass ich irgendwann mal was Diskriminierendes über die Lebensbedingungen von Jugendliche mit stark pigmentierter Haut im New Yorker Stadteil Bronx geschrieben habe.
Wahrscheinlich werde ich zu diesem Zeitpunkt längst ein bisschen senil sein und mich nicht mehr an die Ironie in diesem Artikel erinnern können. Natürlich könnte es mir dann auch gleichgültig sein. Da ich aber aus Prinzip niemanden diskriminieren oder beleidigen möchte, wäre mir der Gedanke heute schon peinlich.
Foto: Ironisch oder nicht? ©Sabienes
Text: Ironie im Internet ©Sabienes