Interview mit Regisseurin Margarete von Trotta

© NFP/Filmwelt / Regisseurin Margarete von Trotta

© NFP/Filmwelt / Regisseurin Margarete von Trotta

Mit „Hannah Arendt“ widmet sich Regisseurin Margarete von Trotta nicht nur einer bedeutenden Philosophin und Denkerin Deutschlands, sondern arbeitet auch erneut mit ihrer Lieblingsdarstellerin Barbara Sukowa zusammen. Bereits 1986 drehten sie gemeinsam „Rosa Luxenburg“, 2009 war es „Visionen – Aus dem Leben der Hildegard von Bingen“. Immer wenn von Trotta eine starke Frau benötigte, war Sukowa zur Stelle. So nun auch in „Hannah Arendt“, der seine Premiere im September 2012 auf dem Toronto International Film Festival feierte wo er auch gleich in 26 andere Länder verkauft werden konnte, darunter Israel, wo der Film im Januar starten wird. „Hannah Arendt“ ist aber kein gesamtumfassendes Biopic, sondern eine Analyse der Jahre 1960 bis 1964. Hier befindet sich Arendt im Exil in New York und reist nach Jerusalem um dort im Bezirksgericht dem Prozess gegen den ehemaligen SS-Obersturmbannführer Adolf Eichmann beizuwohnen. Hieraus entsteht ihre These der „Banalität des Bösen“, die weltumfassend für Aufsehen sorgt.

filmtogo.net hatte am 11. Januar 2013 die Gelegenheit mit der Regisseurin Margarete von Trotta über ihren Film „Hannah Arendt“ zu sprechen. Sie war zu Gast im Lichtwerk Bielefeld, wo sie ihren Film persönlich vorstellte.

filmtogo.net: Frau von Trotta, wie sind sie zu „Hannah Arendt“ gekommen?

Margarete von Trotta: Die Initialzündung gab es bereits sehr früh, während der Recherchen zu dem Film „Rosenstraße“. Da bin ich auf das Buch über Adolf Eichmann gestoßen, von Hannah Arendt geschrieben. „Eichmann in Jerusalem“. Es war dann ein Freund der den Anstoß gab. Wir haben das im Kopf durchgespielt, was man da machen kann. Hätte man das ganze Leben verfilmen wollen, hätte man nichts vertiefen können. Als wir das begriffen hatten, war der Fokus auf Eichmann eigentlich klar. Wir hatten damit unsere Lösung gefunden. Ich wollte auch nicht wieder einen bloßen Biopic machen.

filmtogo.net: Wo haben sie dann ihre Informationen her bezogen, wie sah ihre Recherche zu „Hannah Arendt“ aus?

Margarete von Trotta: Da waren drei Personen ausschlaggebend, die Hannah Arendt alle noch gekannt haben und wo ich das große Glück hatte, sie noch persönlich kennenzulernen. Das war einmal Lotte Köhler, die auch im Film vorkommt, gespielt von Julia Jentsch. Dann noch Elisabeth Young-Bruehl. Sie hat die erste Biografie über Hannah Arendt veröffentlicht und war auch noch ihre Studentin. Und ihr letzter Assistent Jean Cohen. Aber vor allem von Lotte Köhler habe ich noch eine Menge aus Arendts Privatleben erfahren. Sie hat sozusagen aus dem Nähkästchen geplaudert.

filmtogo.net: Und wie lange haben dann die Dreharbeiten gedauert. Also wie lange hat es von der Idee zum fertigen Film gebraucht?

Margarete von Trotta: Die Dreharbeiten waren nicht das Problem. Die waren recht schnell beendet. Aber das nötige Geld zu bekommen, dass hat gedauert. Das Drehbuch haben wir schon 2004 in Angriff genommen. Die Dreharbeiten waren dann erst 2011. Es war schwer einen Film über eine Denkerin finanziert zu bekommen. Da haben viele erst einmal einen Rückzieher gemacht oder hatten Bedenken.

filmtogo.net: Zuerst sollte der Film „Kontroverse“ heißen. Warum wurde der Titel dann doch in „Hannah Arendt“ geändert?

Margarete von Trotta: Er sollte „A Controversy“ heißen. Aber der Verleih fand „Hannah Arendt“ besser. „A Controversy“ mache den Film klein. Mit dem jetzigen Titel sind aber natürlich die Erwartungen ganz anders. Man könnte glauben, es ginge um ihr ganzes Leben, nicht nur um diese vier Jahre, von denen wir erzählen. Viele Menschen kennen außerdem auch den Namen gar nicht, deswegen wollte ich ursprünglich „A Controversy“. Aber in Frankreich zum Beispiel, da ist Hannah Arendt dann wieder viel bekannter als in Deutschland. Das ist komisch, aber dort wird auch mehr Philosophie unterrichtet.

filmtogo.net: „A Controversy“ spielt natürlich auf Arendts Publikation über den Gerichtsprozess an. Den wiederum haben sie nicht nachgestellt, sondern auf Archivmaterial zurückgegriffen?

Margarete von Trotta: Eichmann sollte einfach nicht von einem Schauspieler gespielt werden. Man sollte sehen was für ein Mittelmaß dieser Mann war. Hätte ein Schauspieler ihn verkörpert, hätte man vermutlich die Brillanz des Darstellers gelobt, nicht aber dieses Mittelmaß erlebt. Das sollte nicht passieren.

filmtogo.net: Und war Barbara Sukowa, ihre Hauptdarstellerin, von Anfang an für diese Rolle vorgesehen?

Margarete von Trotta: Ja. Sie hatte ich von Anfang an ihm Kopf. Wir haben schon so oft zusammen gearbeiet, vor allem „Rosa Luxenburg“ war hier jetzt ausschlaggebend, dass ich sie auch für „Hannah Arendt“ haben wollte.

filmtogo.net: Sie hat für die Rolle einen harten deutschen Akzent angekommen, wenn sie Englisch spricht. Hat sie das ohne Probleme so hinbekommen?

Margarete von Trotta: Hannah Arendt hatte eigentlich einen noch viel schrecklicheren Akzent. Es gibt viele Videos von ihr auf YouTube, die muss man sich mal ansehen. Hätten wir den Akzent aber noch härter gemacht, hätten wir sie beinahe karikiert. Barbara Sukowa lebt nun selbst schon einige Jahre in New York. Sie spricht eigentlich perfekt Englisch. Für die Rolle musste sie das natürlich wieder zurückschrauben. Sie hat drei Monate vorher damit angefangen nur noch dieses gebrochene Englisch zu sprechen, mit diesem starken deutschen Akzent.

filmtogo.net: Haben sie schon ein neues Projekt, eventuell wieder mit einer starken Frauenfigur?

Margarete von Trotta: Nein. Ein neues Projekt schon, aber das hat weder eine solche Frauenfigur, noch ist es irgendwie historisch angehaucht. Es wird im Hier und Jetzt spielen.

filmtogo.net: Wer war Hannah Arendt für sie als sie dieses Projekt begonnen haben und wer ist sie jetzt?


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