Inflation auf dem Punktekonto

Glaubt man den Schlagzeilen, so bewegt sich die Welt derzeit auf den Abgrund zu, aber bis anhin blieb die heile Hausfrauenwelt noch mehr oder weniger unbehelligt von dem sich ausbreitenden Ungemach. Klar, es ist ungerecht, dass die Importeuere die Milchschnitte dank dem billigen Euro zu Ramschpreisen einkaufen und uns zum unverändert hohen Preis weiterverkaufen können, aber davon bin ich nicht betroffen; ich habe schon immer gesagt, dass Milchschnitten Mist sind und sie schon damals nicht gekauft, als Coop sie noch im Regal hatte. Natürlich schmeckt der Frühstückstee bei düsterer Zeitungslektüre weniger gut, aber schlechte Nachrichten las man ja auch schon, als die Welt noch halbwegs in Ordnung schien. Und zudem haben Hausfrauen ohnehin kaum einmal Zeit für Frühstückstee und Zeitungslektüre, auch wenn sich das Klischee der gemütlich frühstückenden Hausfrau hartnäckig hält, fast so hartnäckig wie jenes der kaffeeklatschenden Hausfrau.

Aber kommen wir zurück zum Thema. Die Welt der Schweizer Hausfrau ist also trotz aller beunruhigenden Nachrichten bis heute Abend um 19:24 Uhr mehr oder weniger heil geblieben. Doch dann, um 19:25 Uhr änderte sich mit einem Schlag alles. Grund dafür ist die folgende äusserst beunruhigende Nachricht, die wohl unzähligen Hausfrauen gesendet wurde: „Der enorme Erfolg der E-Punkte brachte nun eine wahre Punkte-Inflation mit sich. Und damit, wie bei einer richtigen Inflation, leider auch einen gewissen Werteverlust.“ Um diesen Werteverlust zu bremsen, heisst es in der Mail weiter, würden die Punkte nicht mehr im Verhältnis 1:1, sondern im Verhältnis 1:10 vergeben. Wo wir heute also für hundert Franken hundert Punkte bekommen, werden uns ab Oktober nur noch zehn Punkte gutgeschrieben, damit unserer Punkte, die wir so brav gesammelt haben, nicht plötzlich ohne Wert sind.

Ja, und jetzt ergreift mich natürlich die Panik. Die Pukte, die wir uns unter Preisgabe vertraulichster Daten sauer verdient haben, sind in Gefahr. Was, wenn die Punkte trotz dieser Massnahme weiter an Wert verlieren? Was, wenn ich für das Buch „Detox ypur Life“ auf einmal nicht bloss 100, sondern 10’000 Punkte abgeben muss? Was, wenn die anderen Punktesammler zu hamstern beginnen und ich keinen Hello-Kity-Koffer mehr bekomme? Oder wenn ich am Ende nicht mehr genug Punkte auf dem Konto habe, um mir den Bastelratgeber „Faszinierende Origami-Tiere“ zu gönnen? Wahrlich beunruhigende Neuigkeiten, die mir wohl einige schlaflose Nächte bereiten werden. Vielleicht nütze ich die schlaflose Zeit, um so viele Bestellungen wie möglich aufzugeben. Bevor die Punkte noch mehr von ihrem Wert einbüssen und meine heile Hausfrauenwelt vollends in sich zusammenfällt.

Inflation auf dem Punktekonto

 



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