Es gibt Tage, an denen ich mich gerne zurücklehne und ein gutes Buch zu mir nehme. Manchmal werde ich permanent gestört…aber manchmal werde ich auch einfach in Ruhe gelassen. Das ist dann ein Moment, den ich ausgiebig mit einem Becher Kaffee oder auch Tee genieße.
Lange Zeit hatte ich keine Muße dazu. Die vielen Anfälle von Lu haben mich oft unruhig sein oder einfach vor Erschöpfung auf dem Sofa einschlafen lassen. Da war an Bücher nicht zu denken. Viele habe ich mir angeschafft in der Hoffnung, sie irgendwann einmal lesen zu können.
Seit Lu weniger Anfälle hat und die Zwillinge nicht mehr ganz so anstrengend sind und auf das Vorlesen von Geschichten verzichten können, habe ich auch endlich wieder die Muße, mich gemächlich einer Zeit für mich zu widmen. Wo ich vorher viel vor dem Computer gesessen habe, nehme ich mir jetzt ein Buch zur Hand.
So habe ich mir letztens auch ein Buch von Gitta Becker gegönnt. Es war das Gänseblümchen. Gitta beschreibt dort, wie das Leben mit ihrem behinderten Sohn war. Andreas hieß er und bei Nachforschungen ist sie dahinter gekommen, dass es sich bei Andreas Erkrankung um das Dravet-Syndrom gehandelt haben muss. Also die gleiche Erkrankung, wie bei meinem Lu. Ich habe Tränen gelassen und mich/uns oft darin wieder gefunden. Es holte mich in ihre damalige Welt und spiegelte gleichzeitig teilweise meine eigene wieder.
Das was in diesem Buch geschrieben steht, ging mir teilweise so unter die Haut, weil es diese Sequenzen gibt, die auch ich hätte schreiben können. Teilweise sehr surreal. Oft versuche ich uns von außen zu betrachten, um Fehler oder Unstimmigkeiten besser zu erkennen. Doch manchmal gelingt dies nicht und jemand von außerhalb sagt einen einzigen Satz, der Dich auf den Boden der Tatsachen bringt.
Ja! Ich weiß, dass Lu irgendwann ausziehen muss, damit er sich weiterhin wohl fühlt und auch ich irgendwann gehen kann, ohne mir Sorgen zu machen. Es ist doch viel besser zu wissen, dass es meinem Sohn gut geht, wenn ich vielleicht nicht mehr bei Sinnen bin oder auch sterbe. Ich denke, dass es schwierig für mich wäre, Frieden zu schließen, wenn ich für Lu noch keinen guten Platz gefunden hätte; wo ich weiß, dass es ihm gut geht und ihm auch eine liebevolle Behandlung entgegengebracht wird. Er sich dort zuhause fühlt.
Dies wird der schwerste Weg in meinem Leben werden. Ich denke da bereits einige Jahre drüber nach und bin dabei immer am Boden zerstört. Aber es muss passieren. Da ich bereits einen kleinen Denkzettel erhalten habe, weiß ich dass ich nicht unsterblich bin und die Verpflichtung habe, mich darum zu kümmern, dass meine Kinder auch nach mir gut versorgt sind. Dieses Buch hat mich daran nochmals erinnert. Danke Gitta!
Ich werde Euch in nächster Zeit über noch einige andere Bücher berichten, von denen ich in andere Welten entführt wurde und teilweise immer wieder werde…
Euer Teufelchen