Im Schatten der Erinnerung

Im Schatten der Erinnerung

12.02.2012Bücher erstellt von Barbara Naziri

Betrachte ich den rotgestalteten Buchumschlag, erblicke ich die Unterseite eines Frauengesichtes, die sinnlichen roten Lippen geöffnet, um den Duft einer Rosenblüte einzuatmen. Dies lässt eher auf einen Liebesroman schließen. Doch Tage der Liebe“ von Reza Hajatpour ist weitaus mehr als eine simple Liebesgeschichte.

Im Schatten der Erinnerung

Wer ist der Autor Reza Hajatpour? Hinter diesem Autorenporträt verbirgt sich ein nachdenklicher sensibler Mann. Reza Hajatpour verließ 1986 als junger Geistlicher zutiefst desillusioniert vom politischen Geschehen seine Heimat Iran, um in Deutschland ins Exil zu gehen. Er lehrt zurzeit als Privatdozent Iranistik an der Universität Bamberg.

Hier kreuzen sich die Wege des Schriftstellers Reza und seiner Romanfigur Iqbal. Der Protagonist Iqbal ist ebenso Privatdozent für Iranistik in Heidelberg. Aufschlussreich ist hier auch das angewandte iranische Sprichwort: „Ein Privatdozent ist eine verbrannte Kanzel in der Moschee. Man kann sie weder benutzen noch wegwerfen.“ Zum passenderen Untertitel des Buches „Schatten der Erinnerung“ wird die Auseinandersetzung Iqbals mit seiner Lebenskrise und seinem Anderssein klar, die Verzweiflung um sein verlorenes Glück und der Versuch des Protagonisten, dies in einem Roman zu verarbeiten.

 

Die Geschichte Iqbals wird zu einem einfühlsamen Porträt eines Mannes, der den Schatten der Vergangenheit entfliehen möchte und doch nicht kann, der sich mit seiner Herkunft, seinen Existenzängsten, seinem Anderssein und den äußeren Anfeindungen darüber auseinander setzt – und doch mitunter hilflos mehr zum Zuschauer statt zum Akteur wird. So sucht er die Einsamkeit. Doch die aus dem Iran auf erzwungenen Telefonate mit Iqbals Mullahbruder, der zudem sein Lebensglück auf dem Gewissen hat, treiben ihn zur Verzweiflung. Und er lässt es zu, dass sich die Wunde seines Lebens wie Lepra in die Abgeschiedenheit seiner Seele frisst. Menschen ziehen wie Bilder an ihm vorbei, doch lassen sie ihn weitgehend unberührt, denn der Schmerz sitzt zu tief, um sich ihnen zu öffnen. So zieht er sich in seinen selbst auferlegten Kokon zurück, bis er der Jüdin Vida und der geheimnisvollen Ellen begegnet. Er begreift, dass er wieder lieben darf, auch wenn ihm das neue Lebensglück vielleicht nicht lang erhalten bleiben wird.

„Tage der Liebe“ ist ein zärtliches Buch. Es hat mein Herz berührt und mir manches Aha-Erlebnis entlockt. Mitunter habe ich mich zwischen den Zeilen wieder entdeckt. So lege ich dieses Buch den deutschen Lesern besonders ans Herz, denn es bietet zum anderen auch einen tiefen Einblick in die iranische Seele mit dem Anspruch, ernst genommen zu werden, zeigt den Zwiespalt zwischen Herkunft und hiesiger Kultur wie auch das Bemühen um Anpassung und Anerkennung. 

Barbara Naziri

http:/barbara-naziri.npage.de

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