In Zeiten, in denen über die Zulassung von Genmais heiß diskutiert wird oder die EU geheime Verhandlungen mit der USA über TTIP führt, zu dem man Schlagworte wie Chlorhühner oder genmanipuliertes Gemüse hört, sehnen sich die Menschen nach Sicherheit beim Kauf von Lebensmittel. Dafür wurden Gütesiegel erfunden und das war gut. Doch inzwischen sind Qualitätszeichen zur Geschäftemacherei verkommen und statt Vertrauen werden oft berechtigte Zweifel beim Konsumenten geweckt.
So hat Bewussteinkaufen, eine Website des Lebensministerium insgesamt 235 verschiedene Gütesiegel angeführt, die sich in Gütezeichen , Kontrollzeichen, Verbandszeichen und Handelsmarken unterteilen. Innerhalb dieser Kategorien wird dann noch unterschieden nach Bio, Fairer Handel, Regionale Produktion, Umweltschonende Verarbeitung, Energie sparen und Wasser sparen.
Der Verein für Konsumenteninformation hat in einem eigenen Artikel vom 16.12.2013 die 104!!! wichtigsten Gütesiegel vorgestellt. Und auch die Arbeiterkammer stellt in einem eigenen Leitfaden rund 90!!! wichtige Gütezeichen vor.
Um ein wenig Durchblick in die fast unüberschaubare Menge an verschiedenen Labels zu bekomen, ist es wichtig zuerst einmal zu wissen, wer wofür Gütesiegel vergibt.
Wer vergibt ein Gütesiegel?
Das hängt davon ab, ob es sich um ein staatliches oder nicht-staatliches Gütezeichen handelt.
Staatliche Labels werden von den zuständigen Ministerien, nämlich dem Lebensministerium, dem Wirtschaftsministerium und dem Familienministerium an die Gütezeichenverbände weitergegeben. Diese Verbände haben wiederum verschiedene Zertifizierungsstellen, die Produkte prüfen und zum Tragen eines Gütezeichens berechtigen. Obwohl man bei diesem Prozedere vom Ministerium bis zur Zertifizierungsstelle den Amtsschimmel leise wiehern hört, handelt es sich bei staatlichen Qualitätszeichen um echte Gütesiegel.
Nicht-staatliche Labels werden wiederum direkt von Vereinen, Verbänden oder anderen Organisationen vergeben und daher als Verbandszeichen oder Verbandsmarken bezeichnet. Diese Verbandssiegel orientieren sich NICHT an gesetzlichen Güterichtlinien und sind daher mit Vorsicht zu genießen. Fairerweise muss an dieser Stelle jedoch erwähnt werden, daß die meisten Verbandszeichen oft strengeren Kriterien unterliegen als es bei den staatlichen Gütesiegeln der Fall ist ist, und oft ebenfalls von unabhängigen Zertifizierungsunternehmen oder Kammern geprüft werden.
Wofür werden Gütezeichen vergeben?
Ebenso groß wie die Zahl der Gütesiegel ist auch auch die der Vergabekriterien. Eine der wichtigsten davon ist die Herkunft eines Produktes. Dabei werden Lebensmittel, die in Österreich oder noch besser in der eigenen Region hergestellt werden bevorzugt. Jedoch ist bei Hinweisen wie " Qualität aus Österreich" Vorsicht geboten, da damit zwar eine Aussage über den Produktionsort gemacht wird, aber keine Information über die Herkunft der verwendeten Rohstoffe beinhaltet.
Weitere Kriterien sind die bereits erwähnte Regionalität, Förderung bäuerlichen Strukuren, Nachhaltigkeit, Verarbeitung, artgerechte Tierhaltung, Müllvermeidung, Vermeidung von Kunstdünger, Fairer Handel, verstärkte Hygienevorschriften usw.
Leider beschäftigen sich die meisten Gütesiegel nur mit einem der genannten Kriterien. Nur das österreichische Umweltzeichen ist eines der wenigen Labels, das bei der Vergabe eine Vielzahl von verschiedenen Kriterien berücksichtigt.
Bedeutung der Gütezeichen nicht durchschaubar
Wie schwierig es für einen Konsumenten ist, die Bedeutung eines Qualitätszeichens herauszufinden, möchte ich anhand des bekanntesten österreichischen Gütesiegels - dem AMA Gütesiegel zeigen.
Recherchiert man diesbezüglich im Netz erhält man folgende Informationen.
- Bewussteinkaufen gibt Auskunft, daß dieses Siegel für die Förderung der regionalen Wirtschaft vergeben wird.
- Laut Konsumentenfragen, der Website des BMASK, dokumentiert das Siegel die Erfüllung der festgelegten Qualitätsanforderungen und dass die Herkunft der verwendeten Rohstoffe nachvollziehbar ist.
- Gemäß dem Leitfaden der Arbeiterkammer sagt das Siegel aus, daß die Qualitätsanforderungen über die gesetzlichen Bestimmungen hinausgehen und die verwendeten Landesfarben im Innenkreis des Zeichens zeigen woher mindestens zwei Drittel der verwendeten Rohstoffe kommen
- Der VKI definiert das Siegel wortgleich zur Arbeiterkammer
- Greenpeace definiert das Siegel anhand einer Kritik. So wird beanstandet, daß die Fütterung mit gentechnisch veränderten Futtermitteln nicht auszuschließen ist und die Anwendung von Pestiziden kaum über die gesetzlichen Mindesstandards hinausgeht.
Fünf namhafte Institutionen liefern zu ein und dem selben Gütesiegel vier verschiedene Definitionen ab. Wobei es in diesem Beispiel nicht vordergründig darum geht welche Aussage nun tatsächlich die Richtige ist. Es geht vielmehr darum, daß interessierte Konsumenten keine klaren Informationen erhalten, dadurch verunsichert sind und an der Qualität des Gütezeichens zweifeln.
In diesem Zusammenhang stellt man sich natürlich die Frage, wenn die Informationslage beim bekanntesten Gütesiegel Österreichs bereits so unterschiedlich ist, wie es dann bei anderen unbekannteren Labels aussieht.
Der richtige Umgang mit Gütesiegel
In Anbetracht der fast unüberschaubaren Menge von verschiedenen Gütesiegeln, muss sich der interessierte Konsument eine brauchbare Strategie zur Orientierung zurecht legen. Eine besonders bewährte Methode ist die Auswahl der besten und gängigsten Gütesiegel in der Kategorie, auf die man selbst den größten Wert legt. Da den meisten Verbrauchern Lebensmittel aus biologischer Produktion besonders wichtig sind, möchte ich anhand der Kategorie "Bio" die wichtigsten Gütesiegel vorstellen.
EU-Bio Logo
Dabei handelt es sich um das offizielle Biosiegel der Europäischen Union, das auf Lebensmittel angebracht werden darf, deren Rohstoffe zumindest zu 95% aus Bio-Landwirtschaft stammen. Außerdem muss auch der Produktionsort angegeben werden, der mit der Angabe "EU", "Nicht-EU" oder den Namen des jeweiligen Landes erfolgen kann.
AMA Biozeichen mit Ursprungsangabe
Mit diesem Gütesiegel der Agrarmarkt Austria werden biologische Lebensmittel ausgezeichnet, die in Österreich produziert wurden. Die wichtigsten zur Produktion notwendigen Rohstoffe müssen zu 100% aus der angegebenen Region stammen. Ebenso muss die Be- und Verarbeitung dort stattgefunden haben.
BIO Austria
Das österreichische Bio-Netzwerk BIO AUSTRIA vergibt ein Verbandszeichen für Lebensmittel aus biologischer Landwirtschaft. Als besonderes Kriterium bei der Vergabe gilt die Einbeziehung des Betriebes in die ökologischen Bedingungen des Standortes und die Pflege des Bodens, wie auch die Erhaltung seiner Fruchtbarkeit.
Demeter
Dabei handelt es sich um eine geschützte Marke, unter der nach anthroposophischen Prinzipien biologisch - dynamisch erzeugte Produkte angeboten werden. Das Verbandszeichen wird an Lebensmittel vergeben, die einerseits den Richtlinien von BIO AUSTRIA und zusätzlich den Demeter-Kriterien entsprechen. Dazu gehören verschiedene dynamische Wirkungen und kosmische Einflüsse.
MSC
Das MSC-Siegel ist weltweit bekannt und steht für Fisch und Meeresfrüchte aus nachhaltigen Wildfang. MSC kooperiert in seiner Arbeit mit Wissenschaftlern und Fischereiexperten um Regeln für nachhaltige Fischerei zu entwickeln . Dazu gehört auch die Überfischung der Weltmeere zu verhindern.
Fazit
Nicht nur in Österreich, sondern auch in vielen anderen europäischen Ländern herrscht ein Wildwuchs an Gütezeichen, von denen viele nur aus Marketinggründen entwickelt wurden. Die fast unüberschaubare Masse an Labels lässt viele Verbraucher an deren Seriosität zweifeln und eine gesunde Portion Skepsis ist auch durchaus angebracht. Doch sollte man nicht den Fehler machen, alle Gütezeichen als Betrug am Konsumenten zu verteufeln, denn es gibt noch immer genug Gütesiegel, die tatsächlich die hohe Qualität eines Produktes bestätigen und auszeichnen, wie oben genannte Bespiele zeigen.
Wie so oft im Leben, ist es sicher von Vorteil sich zu informieren und dann zu entscheiden, welchen Gütesiegeln und Institutionen man vertraut. Daher findest Du im Anschluss eine Reihe von verschiedenen Links über die Dich zum diesem Thema noch eingehender informieren kannst.
Weiterführende Links.
Bewusst einkaufen - Alles zu Gütesiegel Greenpeace - Gütesiegel und Marketingtricks VKI - Der Gütesiegel Check Arbeiterkammer - Leitfaden Produktkennzeichnung Konsumentenfragen - Gütesiegel und Herkunftsbezeichnungen