Es gibt so einige Dinge der neuen Doctor Who Staffel, mit denen ich Probleme habe – die werden dann aber besprochen, wenn die ganze Staffel gelaufen ist. Aber auf einen Punkt will ich mal kurz die Aufmerksamkeit lenken, der nicht allzu schwerwiegend ist, der mir aber doch in den letzten Wochen aufgefallen ist: Der Umgang der Serie mit Homosexualität.
Russell T Davies musste sich oft vorwerfen lassen, dass er mit Doctor Who eine “Gay Agenda” verfolgt hätte. Solche Vorwürfe kamen von der konservativen Presse, oder häufiger von Fans, die immer irgendwas zum herummeckern suchen – und irgendwann wurde das dann mehr zum running gag unter Fans, etwas, was man nur noch mit Augenzwinkern schreibt, und was nur von recht wenigen Spinnern (Whocast…) wirklich ernst genommen wurde. Im von Steven Moffat geleiteten Doctor Who ist davon nun keine Spur mehr zu sehen – bisher gab es soweit ich das sehe gar keine homosexuelle Figuren in der fünften Staffel.
Nun, nach 9 Doctor Who Folgen Abstand zwischen uns und der RTD-Ära, merkt man also erst so richtig: Ja, natürlich gabs unter RTD eine Gay Agenda. Und sie fehlt mir. Weil es eigentlich eine wunderbare Idee war.
Weil ich es gerade für eine Familienserie vernünftig finde, Homosexualität auf eine positive Weise zu thematisieren. Ich denke nicht, dass Fernsehen für Kindern immer unbedingt pädagogisch wertvoll sein muss – aber wenn man schon eine immens erfolgreiche und damit einflussreiche Serie hat, die jede Menge Kinder konsumieren, dann kann man sich das doch auch nebenbei zu Nutze machen. Und eben beispielsweise immer wieder mal Homosexualität thematisieren und damit den Kindern spielerisch beibringen; Ja, Homosexualität gibt es, und ja, das ist was ganz normales. Nachdem Doctor Who idealerweise auch noch von der ganzen Familie gesehen wird, können Kinder das bei Bedarf auch noch von den Eltern erklären lassen.
Diejenigen, die sich über die gehäufte Einbindung von Homosexualität aufregen, erinnern immer etwas an die Ansichten vom Anfang des letzten Jahrhunderts: Wenn junge Menschen solche Inhalte in Filmen oder Büchern sehen, dann besteht die Gefahr, dass sie zur Homosexualität verführt werden. Und eben: die Idee war schon vor hundert Jahren albern.
Und natürlich, heterosexuelle Beziehungen waren auch unter RTD ganz klar in der Überzahl – wenn man da allein die Anzahl vergleicht, wird das deutlich, und vor allem sind die groß thematisierten Beziehungen allesamt heterosexuell, mal abgesehen von Captain Jack – da haben wir den Doctor mit Rose, Martha, Joan Redfern, River Song etc, oder Donna mit Lance, Lee und Shaun.
Das fällt mir momentan erst wieder so stark auf, weil ich in letzter Zeit ein paar Folgen der Poirot-Serie von ITV gesehen habe. Die sind nämlich ganz groß darin, die ursprünglichen Storys von Agatha Christie etwas abzuändern und mit Homosexualität anzureichern. Allerdings halt auch nicht gerade vorbildlich. Zum Teil passiert das nämlich ganz angenehm nebenbei, aber ziemlich häufig ist das dann halt auch ein entscheidender Punkt in der Motivation des Mordes – und das ist dann wohl doch eher nicht hilfreich und wird auch auf Dauer ermüdend. (Gut, möglicherweise hab ich auch gerade die falschen Poirot-Storys hintereinander geschaut – aber trotzdem. Manchmal sogar zweimal in einer Folge – siehe Cards on the Table…)
Man muss das alles ja nicht mehr im gleichen Ausmaß zurückbringen, ich fordere jetzt keinen zweiten Captain Jack, aber was spricht dagegen, wieder ein paar mehr homosexuelle Charaktere in Nebenrollen einzubinden? Siehe Gridlock oder Midnight oder The Unicorn and the Wasp. Nicht als wichtige Storyelemente, nicht irgendwie besonders betont, sondern einfach als Anerkennung, dass das ein Teil unserer Welt ist. Und den kleinen Zuschauern signalisiert, dass das etwas völlig normales ist.
Wie seht ihr das? Ist euch RTDs “Gay Agenda” aufgefallen? Hat sie euch gestört, oder fandet ihr die Idee auch gut?