Huinengs Plattform-Sutra

Huinengs Plattform-SutraMeditation und Weisheit sind von einer Essenz und nicht verschieden. Meditation ist die Essenz von Weisheit, und Weisheit ist die Wirkung von Meditation. Zur Zeit von Weisheit existiert Meditation in dieser Weisheit, zur Zeit von Meditation existiert Weisheit in dieser Meditation. Versteht diese Doktrin vom gleichgestellten Studium von Meditation und Weisheit. Ihr, die ihr den Weg studiert, dürft nicht behaupten, sie seien verschieden, oder dass zuerst die Meditation käme und Weisheit erzeuge oder umgekehrt.
Was also ist Sitzmeditation (zuochan)? Wenn alles Anhaften an äußere Dinge abgeworfen wird, alles Aktivieren von Gedanken an gut und böse, dann heißt dies ‚sitzen‘ (zuo). Innerlich die Bewegungslosigkeit der Selbst-Natur zu erkennen heißt ‚Meditation‘ (chan).
*** Auf die Frage, ob er der Süd- oder Nordschule des Chan (Zen) angehöre, antwortete einst ein Vertreter der Ochsenkopf-Schule: "Weder noch. Der Geist ist meine Schule."  Wie ich hier in einigen Beiträgen zu diesem "Schulstreit" und zum Thema "Warum es viele sechste Patriarchen gab" aufzeigte, liegt vieles in der Geschichte des Zen im Ungewissen, so auch die tatsächliche Bedeutung von Huineng und dem ihm nur zugeschriebenen Plattform-Sutra. John McRae bezeichnete es als wunderbare Melange des frühen Chan. Im Zentrum steht ein Verständnis der Buddha-Natur, wie wir es auch in Texten, die Bodhidharma und Hongren zugeschrieben werden, finden (zu Bodhidharma folgt in Kürze eine Publikation in meinem Verlag): Die Buddha-Natur wird nur von den Illusionen bzw. Befleckungen der Menschen verdeckt.   Im Sutra findet sich zwar etwas von Shenhuis Kritik an der Meditationspraxis der Nordschule, sowie dessen Lehre der Einheit von Konzentration und Weisheit. Doch es sind auch Shenhuis Warnungen gegen dualistisches Denken umgesetzt, weshalb der Autor des Plattformsutras betont, Unterschiede zwischen Allmählichem und Plötzlichem seien eine Frage der Begabung des Übenden. Insgesamt mangelt es dem Sutra also an der einseitig-polemischen Kritik Shenhuis an der Meditation und den unterschiedlichen Tempi beim Erwachen. Vor allem aber hat Shenhui Laien nie zugestanden, dieselbe Verwirklichung wie Ordinierte zu erlangen. In diesem Sinne widerspricht das Sutra also auch dem späteren Dôgen.   Hier die Einleitung unserer Neuübersetzung
"Vom Plattform-Sutra, dessen Lehre dem sechsten Patriarchen Huineng (638-713) zugeschrieben wird, existieren mindestens sieben verschiedene Versionen.[1]Die früheste bekannte aus Dunhuang (9. Jh.)[2]enthält bereits Widersprüche zu Shenhuis Ansichten (684-758), der sich und die 'Südschule' als legitimen Dharma-Erben Huinengs darstellen will, so dass von einer noch ursprünglicheren Version ausgegangen werden muss. 967 überarbeitete der Mönch Huixin das Sutra und unterteilte es in Kapitel. Eine darauf fußende Version von Chao Zijian aus dem Jahre 1153 – die heute auch als Kôshoji-Version bekannt ist[3]– wurde dann zur Grundlage einer längeren Ausgabe, die u. a. Material aus dem Jinge chuandeng lu einarbeitete. Diese orthodoxe Fassung, deren Grundlage fälschlich dem Gelehrtenmönch Qisong zugeschrieben wurde, findet sich im Taishô-Kanon bzw. dem chinesischen Kanon der Ming-Dynastie und ist um ein Drittel länger als die Dunhuang-Funde. Wir übersetzen diese so genannte Zongbao-Variante (13. Jh.). In dieser ist unter den zahlreichen Schülern Huinengs ausgerechnet Shenhui derjenige, dessen Erleuchtung nirgendwo bestätigt wird.[4]Jedoch: Von den frühesten Versionen, laut denen mit dem Plattform-Sutra die wahre Lehre Bodhidharmas weitergegeben werde, bis zu den späten, die Huineng in den Vordergrund rücken, verweist das 'Sutra des sechsten Patriarchen' auf die Erkenntnis der eigenen Buddha-Natur."

[1] Näheres bei Morten Schlütter: “Transmission and Enlightenment in Chan Buddhism Seen Through the Platform Sûtra (Liuzu tanjing 六祖壇經)”, in: Chung-Hwa Buddhist Journal, no. 20, pp. 379-410 (Taipei 2007). Bei John Jorgensen, “The Platform Sutra and the Corpus of Shenhui: Recent Critical Text Editions and Studies”, in: Revue Bibliographique de Sinologie, Vol. 20, 2002: 399-438.[2] Übersetzt z. B. von Philip Yampolsky: The Platform Sutra of the Sixth Patriarch (Columbia University Press 1978).[3] Auf dieser Version beruht die Übersetzung ins Deutsche von Ursula Jarand: Das Sutra des sechsten Patriarchen (Schirner 2008), mit Kommentaren von Sôkô Morinaga Rôshi.[4] Das japanische Wikipedia rechnet die frühen Dunhuang-Versionen der Heze-Schule (Shenhui) zu, die späteren von Ekin kompilierten der Hongzhou-Schule. Welche letztlich näher am Original sind, bleibt umstritten.
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Vor einigen Jahren bat man - d.h. möglicherweise der Filmemacher Tim Graf selbst - um einen Hinweis auf obige Doku. Erst jetzt habe ich sie auf Amazon Prime gesehen, für 2,99 €, und kann sie Euch empfehlen. Tim wurde inzwischen promoviert, er forscht besonders über buddhistische Rituale und ihre Dynamik. Hier ist eine von ihmund Inken Pohl betreute Ausgabe "Global Journal of (Zen) Buddhism".
   Wenn mich meine Notizen in Sauklaue nicht trügen, kommen in "Souls of Zen" u.a. diese Tempel und einige ihrer Lehrer/Äbte vor: Daikjoji (Nichiren), Tochoji (Soto), Kasuisai, Shishoiji Kannon-do, Tsudaiji, Shotokuji, Jouenji (Jodoshu). Graf war zu Recherchen in Japan, als das Unglück in Fukushima geschah. Dadurch bekommt die Doku eine ganz eigene Dynamik. Besonders interessant ist der Soto-Lehrer, der seine Schule als "amöbenhaft" beschreibt und damit ihre nicht-hierarchische Ordnung meint, die es erlaube, in Notfällen schnell und gezielt auf lokaler Ebene helfen zu können. Gesprochen wird auch von Bittritualen und dem Feuergott Akiha sowie der Bedeutung des Drachengottes (!) im Soto. In einem Tempel bekommt man seinen buddh. Namen (als Laie) schon vor dem Tod ...

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