Horst Groschopp – "Humanismus und Kultur"

[Erstveröffentlichung: 22. Juni 2009]

Horst Groschopp – Humanismus und Kultur

Was ist Humanismus? Was ist Weltanschauung? Was ist Kultur?
Diese drei Fragen stellt Groschopp im vorliegenden Heft und beantwortet sie aus Sicht des Humanismus. Herausgekommen ist ein lesenwerter Text, der sich mit den philosophischen und historischen Antworten auf diese drei Fragen befasst.

Nun ist das Büchlein jedoch bereits 9 Jahre alt – da gab es die Diskussion mit den „neuen Atheisten“ noch nicht – und darum bleibt der Text relativ neutral in seinen Wertungen der aktuellen Strömungen der säkularen Richtungen. Und das kommt dem Inhalt zugute.

Groschopp ist der Auffassung, dass sich Kultur vor allem darin zeigt, dass sie abgrenzend wirkt:

Dieser Vorgang ist der Ansatz zum Verstehen von Kultur, dass Kulturelles immer das Eigene und Fremde definiert und dass deshalb auch das Eigene der Humanistinnen und Humanisten anderen sehr fremd sein kann. (Seite 6)

Kultur ist für Groschopp – und das finde ich interessant – die Gesamtheit aller gesellschaftlichen, historischen und sozialen Bedingungen, unter denen der (individuelle) Mensch in seiner Umwelt lebt.

[Der Humanismus ist] eine geschichtlich gewordene Lebens- und Weltanschauung, in welcher der Mensch mit seinen irdischen und historisch gegebenen, biologisch und sozial ausgeprägten Fähigkeiten und Fertigkeiten im Mittelpunkt rationaler Denkarbeit und praktischer Anstrengung steht. ( Seite 16)

Das erscheint mir als eine hervorragende Definition. Denn daraus ergeben sich nicht nur die theoretischen Grundlagen des Humanismus, sondern auch die Aufgaben für einen “tätigen Humanismus”.

 Groschopp weist anhand der Geschichte nach, dass Humanismus, wie er ihn versteht, unbedingt säkular sein muss. Anderenfalls wäre er tatsächlich eine Religion unter anderen. Er verweist dann auch auf Karl Marx, der zwei Forderungen aufstellt:

Erstens müsse man die “Kritik der Religion in die Kritik des Rechts, die Kritik der Politik” verwandeln; und zweitens sei allein der “atheistische Staat, der demokratische Staat, der die Religion unter den übrigen Elementen der bürgerlichen Gesellschaft verweist.” (Seite 28)

Der Autor fügt einen historischen Abriss des Humanismus und der (auch wörtlichen) Bedeutung der Kultur ein. Um dann ab Seite 50 die Synthese zu wagen “Humanismus als Kultur”.

Zu einer Kulturbewegung wird nur, wem es es gelingt, individuelle Erfahrungen so zu bedienen, dass sie zu übergreifenden Erklärungen ermuntern, die dann die eigene Wahrnehmung bekräftigen und individuelles Verhalten sinnstiftend leiten. ( Seite 51 f.)

Natürlich steltl sich dann die Frage, wie denn diese “sinnstiftende Gemeinschaft” funktionieren müsste, um dem Individuum daraus eine kulturelle “Heimat” zu bieten. Genau diese Frage verweist dann auf den “tätigen” Humanismus: also die Frage: was zeichnet humanistisches Wirken von zum beispiel sozialen Maßnahmen kirchlicher Gemeinschaften aus. Es mangelt mir an konkreten Aussagen, was denn humanistisches Tätigsein sein soll/kann/muss.

Diese Frage wird von Horst Groschopp leider nicht so schlüssig beantwortet, wie sie hier gestellt wird.

Je mehr Arbeitsfelder, desto mehr Erfahrungen, desto mehr Bereich in der Kulturbewegung sind möglich. Die Konkurrenz auf dem Markt der Sinnangebote zeigt, dass diese Tätigkeitsbereiche nicht auf Festkultur, Bildung und Lebenskunde zu beschränken sind, sondern Schritt für Schritt auf die ganze Breite des Sozialen zielen. (Seite 53)

So kommt Groschopp zu dem Schluss:

Individualität zu leben ohne Berufung auf eine metaphysische Instanz mit der Absicht, das einmalige Leben gut, bewusst und friedlich in Gesellschaft zu verbringen und dabei diese Gesellschaft nach ihren Vorstellungen humanistisch einzurichten, die betrachten Humanistinnen und Humanisten als ihre Aufgabe. (Seite 62)

Groschopps Büchlein gibt ein paar Hinweise vor allem für die historische Einordnung des Humanismus; erklärt die lange Tradition des “gottlosen” Denkens und Welt-Erklärens. Es plädiert für eine eine eigene, humanistische Kultur. Lesenswert, um sich mit den Grundlagen des säkularen, humanistischen Denkens beraut zu machen; als Handlungsanweisung leider zu unkonkret.

Nic


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