Hindernisse und Dharma-Fallstricke

Hindernisse und Dharma-Fallstricke

In verschiedenen Schriften des Dharma werden Hindernisse bei der Praxis aufgezählt. Obwohl die Hindernisse auf dem Pfad so zahlreich wie die fühlenden Wesen in Erscheinung treten können, sollte man doch einige wesentliche kennen und sie auch dann erkennen, um sie zu beseitigen. Allzu leicht geschieht es, dass offensichtliche Hindernisse zum Aufgeben der Dharma-Praxis führen, und dass verborgene Hindernisse einen vom Weg ableiten, obwohl man noch im guten Glauben ist, den Dharma zu praktizieren.

In den fünf wohlbekannten Hemmnissen wie Begierde, Aversion, Trägheit, Ruhelosigkeit und Zweifel sind bereits viele Schattierungen davon wie Hass, Wut, Feindseligkeit, Angst, Langeweile, Lethargie, Faulheit, Schwerfälligkeit, Verworrenheit, Schläfrigkeit, Aufregung, Nervosität, Sorge usw. zusammengefasst. Praktizierende erfahren diese verschiedenen Geistesregungen immer wieder, solange sie „noch in der Stadt des Leidens eingekerkert“ sind.

Hindernisse auf dem Pfad

Padmasambhava bietet auf die Fragen des König Nyangwen Tingzin Zangpo in den Dzogchen-Herzensunterweisungen im Könchog Chidu einige aufschlussreiche Antworten und Beispiele. Nachdem er dem König die Grundlagen wie die kostbare menschliche Geburt, die Unausweichlichkeit von Vergänglichkeit und Tod, das Gesetz von Ursache und Wirkung, sowie notwendige Punkte wie Mitgefühl und Vertrauen darlegt, schildert er ihm auch die Hindernisse und Fallstricke auf dem Pfad der Großen Vollkommenheit.

Er beginnt mit Faulheit. Faulheit tritt dann leicht auf, wenn Praktizierende gerade ein bisschen Vertrauen in den Pfad entwickelt haben, ein paar angenehme Erfahrungen gemacht haben und meinen, das wäre es jetzt. Gibt man an dieser Stelle die zuvor erwähnten Grundlagen auf, beginnt man die Erleuchtung zu auf später zu verschieben. Man findet gute Entschuldigungen, um nicht zu praktizieren. Wird dies erst einmal zu Gewohnheit, dann schwindet auch das Vertrauen in die Lehren. Dies kann nur durch einen qualifizierten Lehrer umgekehrt werden, er einem wieder unerschütterliches Vertrauen und stetes Bemühen durch sein eigenes Vorbild einpflanzt.

Ein weiteres Hindernis ist Wechselhaftigkeit. Aufgrund von Einflüsterungen der Mitmenschen, widmet man sich einmal der Praxis, dann wieder nicht. Auch hier bleibt die beständige Praxis aus. Daher sollte man die Ratschläge der Mitmenschen genau prüfen und sich vor allem dem Rat des Lehrers anvertrauen.

Wenn dann einige gewisse Beständigkeit entstanden ist und einige meditative Erfahrungen eingetreten sind, beginnen manche Leute am Lehrer zu zweifeln. Aufgrund dürftiger meditativer Erfahrungen, und ohne ihre Schleier bereinigt zu haben, fühlen sie sich dem Lehrer gleichrangig, erkennen seine Fähigkeiten und Qualitäten nicht mehr, suchen die kleinsten Fehler und entwickeln entgegengesetzte Ansichten. Mit ihrem aufgeblasenen Ego sind diese Leute dann den Lehren nicht mehr zugänglich und beginnen ihre verdrehten Lehren zu verkünden. Sobald man diese Tendenzen bei sich bemerkt, sollte man daher sich nicht davon abbringen lassen, dem Lehrer zu vertrauen.

Hat man das vorherige Hindernis nicht erkannt und praktiziert weiter, kommt leicht die nächste Bedrängnis in Form eines Rückfalls in die Gier. Geld, Geschäfte, Karriere, Erfolg, Macht, Sex, Alkohol – diese Dinge stehen im Vordergrund und man strebt nur mehr nach weltlichen Genüssen. Um diese Bedrängnis zu überwinden, benötigt es unerschütterliche Entschlossenheit. Padmasambhava empfiehlt hier, dass man sich jener Lehre besonders widmen soll, die einen inspiriert. Ablenkungen soll man aufgeben und auch Handlungen, die im Widerspruch zur Praxis stehen, sind zu vermeiden. Man soll sich auch an den Vorbildern früherer verwirklichter Meister orientieren.

Besonders schwierig bezeichnet Padmasambhava das Hindernis „Einbildung“. Einbildung ist fürwahr ein fast unüberwindliches Hindernis, da sie einen glauben lässt, trotz dürftiger Kenntnisse der Lehre, bereits über allen Lehren zu stehen. Von den grundlegenden Lehren haben solche Menschen nichts realisiert, bestenfalls ein paar Worte dazu aufgeschnappt und spielen sich nun als Lehrer auf, bilden sich ein, andere auf ihre Erfahrungen hin prüfen zu müssen. Begegnen sie dann weiterführenden Praktiken, zeigen sie kein Interesse, sondern erheben sich mit einem „Kenne ich schon alles“ über diese Lehren hinweg. So werden sie den tiefen Sinn des Dharma nicht erfassen, da kein sicheres Verständnis erwächst. Nur indem man die Lehren und Kommentare der Weisen und Meister immer wieder aufs Neue vorurteilslos studiert, wird Verständnis entstehen.

Die nächste Falle in Form von Stolz ereilt einen, wenn man bereits über ein wenig Verständnis verfügt, einige Qualitäten entwickelt hat, und man den Schmeicheleien der Gönner und Schüler zum Opfer fällt. Dem entkommt man nur, indem man sich wieder auf das Wesentliche – die Praxis und den Erleuchtungsgeist – besinnt und alle anderen Aktivitäten einstellt.

Einbildung und Stolz führen zu Rivalität. Leute, die ihren rivalisierenden Neigungen nachhängen, verwandeln die eigene Lehre, auf die sie sich stützten sollten, in Gift. Sie vergleichen in gefährlicher Weise zwischen ihren eigenen Ansichten und jenen anderer Lehren und erkennen nicht mehr die durchgängig vorhandene Wahrheit in jedem Dharma.

Weiterführend auf der Straße der Unterscheidung kann das nächste Hindernis in Form von „Eigennutz der gewonnenen spirituellen Kräfte“ auftauchen. Man sieht aufgrund von Fortschritten in der Praxis bei sich einige Kräfte wachsen und beginnt sie zum eigenen Vorteil einzusetzen. Um dieses Hindernis des magischen Strebens zu überwinden, empfiehlt Guru Rinpoche, sich „in den Geist der reinen Aufmerksamkeit [zu] versenken, ohne auf die Inhalte der Meditation einzugehen.“

Als nächstes Hindernis schildert Padmasambhava den „Abbruch der Übung“, der daraus entsteht, dass man aufgrund der Praxis eine hohe Sensibilität entwickelt hat. Die subtilen Kanäle und Energieströme im Körper werden wahrgenommen und durch eine Hypersensibilität ist man nicht mehr bereit, geringste Unannehmlichkeiten zu ertragen und mag auch nicht mehr meditieren. Man muss sich daher erinnern, dass die Natur der bedingten Existenz leidvoll ist, und dass dies so lange andauert, bis vollständige Realisation erlangt ist.

Gelangt man in den Bereich einer großen Wonne, besteht die Gefahr, dass Hindernisse in Form von sexueller Energie einen überwältigen und man nach sexuellen Abenteuern strebt, bei denen man sich jenseits aller Regeln sieht. An dieser Stelle empfiehlt Padmasambhava, die Bande des Verlangens endgültig zu durchtrennen.

Hat man sich aus den vorherigen Verwirrungen nun gelöst, kann die Erfahrung von Leere zum Hindernis werden. Indem man Leerheit mit einer völligen Leere, einem Nichts, verwechselt und den Selbstgesprächen wie „nichts existiert wirklich“ nachhängt, verliert man jegliches Maß und Ziel hinsichtlich der ethischen Disziplin. In diesem Fall empfiehlt es sich, ethisches Verhalten zu kultivieren und das Verständnis zu vertiefen, dass Leerheit niemals von Mitgefühl getrennt ist.

Doch auch Mitgefühl selbst kann zum Hindernis werden. Wenn man darauf brennt, anderen von Nutzen zu sein, ihnen zu helfen usw., geschieht es sehr leicht, dass man allzu große Erwartungen und Hoffnungen in bestimmte Resultate legt und dann enttäuscht wird und sich so erschöpft. Wenn diese geschieht, sollte man den Fokus mehr auf das Verständnis des bedingten Entstehens richten, d.h. man sollte „eine tiefere Erleuchtung“ entwickeln.

Manchmal geschieht es, dass Visionen vom Lehrer oder den Meditationsgottheiten auftauchen und diese bestimmte Prophezeiungen wie „Geh jetzt los und erlöse deine Nächsten“ oder „Arbeit ohne Meditation ist auch eine Übung“ tätigen. Padmasambhava rät hier, dass man diese „mit klarer Weisheit“ durchdringt. Wenn diese Visionen oder Erscheinungen noch klarer werden, dann seien sie von Wert. Andernfalls handelt es sich um Dämonen und Trugbilder, die einem nur Hindernisse bereiten.

Als letztes zählt Padmasambhava das Hindernis „spirituelle Freiheit und Ungebundenheit“ auf. Wie ein Verrückter umherziehend, launisch jeder Eingebung folgend und sich außerhalb jeglicher Norm bewegend, bedenken solche Personen nicht die Folgen ihrer Handlungen. Hier rät Guru Rinpoche, sich wieder in die Stille zu begeben und sich in der Atembetrachtung zu üben, bis die weltlichen Dharmas zur Ruhe gebracht sind.

Allgemein kann man sagen, dass Hindernisse so lange auftauchen werden, bis man vollkommene Befreiung erlangt hat. Wenn man sich jedoch entschlossen der Praxis widmet, dann werden keine Hindernisse, seien es widrige Umstände, Krankheiten, Störgefühle, dämonische Einflüsse usw., der Praxis schaden können.

Fallstricke mangelnder Unterscheidung

Es gibt auch noch Fallstricke in der Praxis, wenn man beispielsweise nicht in der Lage ist, zwischen (gewöhnlichem) Geist und Gewahrsein zu unterscheiden, oder zwischen Verstehen und Erkenntnis, zwischen Realisation und dem Erlangen von Vertrauen zu unterscheiden, zwischen Kognition und Weisheit zu unterscheiden, zwischen Bewusstsein und uranfänglicher Weisheit, zwischen dem Allgrund und dem Dharmakaya, zwischen dem, was der Pfad ist und was er nicht ist, zwischen dem Meistern des grundlegend unzerstörbaren Gewahrseins und dem wertneutralen, dumpfen Geisteszustand zu unterscheiden, zwischen Täuschung und Befreiung unterscheiden, zwischen Buddhas und fühlenden Wesen usw. Um diese Unterschiede zu kennen und sie in der Praxis zu erkennen, sollte man sich an den Lehrer wenden.


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