Heuschrecken und andere unausrottbare Plagen

Es passiert immer und immer wieder, also muss System dahinter stecken: Politiker verscherbeln Unternehmen aus Staatsbesitz – und Staat, das sind ja angeblich „wir alle“. Jedenfalls wenn es darum geht, den Schaden zu bezahlen. Die Kohle, die bei diesen Geschäften angeblich verdient bzw. gespart wird, steckt aber immer irgendwer anders ein. „Wir“ als gemeine Bevölkerung sehen davon in der Regel gar nichts. Im Gegenteil. Wir zahlen drauf. Deshalb nennt man das ja auch „Privatisierung“. Gemeingut wird an einen privaten Investor (vulgo: „Heuschrecke“) verscherbelt, der optimiert dann seinen Profit und den Schaden haben alle anderen.

Egal ob das Wohnungen sind, die den Heuschrecken zum Fraß vorgeworfen werden (Gagfah), oder Versorgungsunternehmen (Berliner Wasserbetriebe) oder die Deutsche Bahn, die sich quasi vorbeugend schon mal zu Schrott gespart hat, damit eine Heuschrecke Appetit bekommt – es endet immer damit, dass es erst mal so aussieht, als würde tatsächlich Geld gespart und dann zeigt sich, dass irgendwie schon eine Menge Geld gespart wurde, nur nicht so, wie man es eigentlich erwartet hat. Denn nie wird eine Miete oder eine Grundgebühr oder gar ein Fahrschein billiger. Es wird immer nur teurer. Und gleichzeitig wird die Leistung, die man im Gegenzug erhält, schlechter. Schrottimmobilien, marode Netze für Wasser, Strom und Bahn, egal, wo man hin schaut, nie wird etwas besser, nur weil irgendwelche Privatleute Profite einstreichen. Ganz im Gegenteil.

Und am Ende muss der Staat dann wieder einspringen. Also dann wirklich wir alle. Dann werden gern Steuern erhöht, insbesondere die Mehrwertsteuer, die bei „denen da oben“ so beliebt ist, weil sie niemanden ausnimmt: auch die ärmste alleinerziehende Hartz-4-Mama muss sie bei jedem Einkauf abdrücken, jeder Penner, jeder Punk, jede Rentnerin. Man kann ja nicht immer nur die Leistungsträger belasten – im Gegenteil, denen wird mit Subventionen aller Art unter die Arme gegriffen, damit sie auch morgen noch Profit machen können.

Berliner Wasser (ohne Betrieb)

Berliner Wasser (ohne Betrieb)

Und in der Regel braucht es nicht mal eine eigens eingerichtete kriminelle Selbstbereicherungsstruktur, wie sie beim Berliner Bankenskandal zutage getreten ist, um so eine Privat-Abzocke zu installieren. Da reichte auch schon mal ein cooler Cross-Border-Leasing-Deal, mit denen sich verarmte Kommunen an den eigenen Haaren aus dem Sumpf ziehen wollten – bis sie feststellen mussten, dass sie ihren Skalp ja mit verkauft haben und an einer Glatze nicht viel zu ziehen ist.

Jeder, der noch über zwei, drei funktionierende Gehirnzellen verfügt, kann sich zusammenreimen, dass es niemals billiger kommen kann, wenn man etwas, das man besitzt und braucht, verkauft, um es für den Gebrauch zurück zu mieten. Insbesondere, wenn man es an jemanden verkauft, der damit auch noch ein Geschäft machen will. Man muss sich wirklich fragen, in welcher Welt die Politiker und die sie beratenden Ökonomen eigentlich leben. Hier ist nicht Wolkenkuckucksheim, sondern die reale Welt, wie ihr sie haben wolltet, mitsamt euerm verdammten Kapitalismus.

Ergebnis dieser einst als revolutionär getypten, tatsächlich aber strunzendoofen, Superdeals ist, dass die betroffenen Kommunen (und ihre Bürger) sich nun dumm und dämlich zahlen, weil sie einerseits ihre Wohnungen, Wasserwerke, Müllverbrennungsanlagen oder was auch immer los sind, gleichzeitig aber die finanziellen Risiken für das misslungene Geschäft tragen. Ein besonders drastisches Beispiel dafür ist der Berliner Bankenskandal, der zumindest für einen jetzt doch noch ein gutes Ende genommen hat: Mit Klaus-Rüdiger Landowski wurde einer der Verantwortlichen für die Berliner Mega-Pleite vor ein paar Tagen endgültig freigesprochen.

So viel Glück werden die armen Würstchen aus der Liebigstraße vermutlich nicht haben, obwohl sie nicht ganz Berlin, sondern nur ein Haus ruiniert haben, das ihnen nicht gehört. Merke: Wenn man mal was so richtig ruinieren will, sollte es so groß sein, dass Papa Staat oder Mama Merkel eine Risikoabschirmung für angebracht halten.



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